Der Fondsverband BVI hat seine im Jahr 2003 eingeführten Wohlverhaltensregeln erweitert. Gelten sollen sie ab Januar. Bei den meisten Anlegern und wahrscheinlich auch bei vielen Finanzberatern dürfte diese Nachricht nur ein Gähnen hervorrufen. Wirklich spannend hört sich das jedenfalls nicht an. Und überhaupt: Ist nicht jeder Ethik-Kodex ein stumpfes Schwert?

Für viele solcher unverbindlicher Regelwerke mag das gelten. Der BVI-Kodex hat jedoch immerhin das Potenzial, sich zu einem wirksamen Instrument der Selbstregulierung zu entwickeln.

Der Kodex spricht heikle Themen an
Die Wohlverhaltensregeln legen freiwillige Standards fest, gehen also nur auf Punkte ein, die nicht schon gesetzlich reguliert sind. Ziel ist es, die treuhänderischen Pflichten der Fondsanbieter gegenüber ihren Anlegern zu betonen. Behandelt werden einige heikle Themen, unter anderem der Umgang mit Transaktionskosten, Geschäfte zwischen zwei Fonds einer Gesellschaft, das Aufhübschen von Portfolios zum Jahresende ("Window Dressing") und kursbeeinflussende Käufe marktenger Wertpapiere. Nachhaltigen Investments wird ein eigenes Kapitel gewidmet. So sollen Fonds nur als "ethisch" oder "ökologisch" bezeichnet werden, wenn die Investitionsentscheidungen tatsächlich nach dokumentierten Nachhaltigkeitskriterien getroffen werden.

Die Aufzählung zeigt, an welchen Stellen die Anbieter nach wie vor mauscheln könnten, es aber hoffentlich unterlassen. Schon deshalb lohnt sich die Lektüre des zwölfseitigen Dokuments (pdf): Es zeigt, wo nach wie vor Handlungsbedarf besteht – trotz der Regulierungswut der vergangenen Jahre.

Das Vertrauen der Anleger ist das wichtigste Gut
Neu ist, dass die Fondsgesellschaften ihre Anleger darüber informieren müssen, ob und inwieweit sie die Wohlverhaltensregeln einhalten. Weichen sie von den Grundsätzen ab, müssen sie das jährlich offenlegen und begründen. Das ist die wohl wichtigste Änderung im Vergleich zum Original aus dem Jahr 2003.

Kritiker werden auf andere Regelwerke mit fragwürdiger Durchschlagskraft verweisen. So empfiehlt etwa der Deutsche Corporate Governance Kodex, dass ein Vorstand nicht direkt in den Aufsichtsrat wechseln sollte, sondern zwei Jahre "Abkühlphase" abzuwarten hat. In der Praxis wird diese Regel jedoch gerne ignoriert. Der Konzernführung kann das egal sein, solange die Aktionäre mit diesem Verstoß einverstanden sind.

Die Wohlverhaltensregeln des BVI dagegen haben für einen Asset Manager hoffentlich einen anderen Stellenwert. Schlagzeilen wie "Fondsanbieter A ignoriert selbstgesetzte Ethik-Standards" sollte er tunlichst vermeiden, schließlich ist das Vertrauen der Anleger sein wichtigstes Gut. Mit anderen Worten: Wer gegen den Kodex verstößt, setzt den Geschäftserfolg aufs Spiel. Ein stumpfes Schwert sieht anders aus.