Panzer und Granaten im Nachhaltigkeitsfonds? (K)ein Problem
FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch über Bestrebungen, Öko- und Ethikfonds Investments in Rüstungskonzerne zu erlauben.
Wie sich die Zeiten ändern: Vor drei Jahren einigten sich die deutschen Branchenverbände darauf, dass Fonds nur noch als nachhaltig empfohlen werden dürfen, wenn sie gewisse Ausschlusskriterien erfüllen. Eines davon zielt auf Unternehmen, deren Umsatz mit Rüstungsgütern zehn Prozent übersteigt. Und heute? Antworten 94 Prozent der Vermögensverwalter bei einer Umfrage von Han-ETF, für sie seien Investitionen in Rüstungsaktien mit ESG-Prinzipien vereinbar. Panzer und Granaten im Nachhaltigkeitsfonds? Kein Problem!
Russlands Krieg gegen die Ukraine führte eben schmerzhaft vor Augen, dass eine Demokratie nur dann wehrhaft ist, wenn sie sich auch wehren kann – notfalls mit Waffen. Kein Wunder also, dass Europa seine Rüstungsindustrie stärken möchte. Dafür braucht es privates Kapital. Die EU-Kommission betont, ihre ESG-Regulierung schließe Investitionen in diesen Sektor nicht explizit aus. Sie möchte nicht schuld daran sein, dass die Branche, die Europas Sicherheit garantieren soll, unter hohen Refinanzierungskosten ächzt. Mittlerweile haben sich auch die deutschen Branchenverbände darauf geeinigt, Rüstungskonzerne von ihrer Ausschlussliste zu streichen. Nur geächtete Waffen sollen weiterhin tabu bleiben.
Das heißt aber noch lange nicht, dass Rüstungskonzerne plötzlich ESG-konform sind. Ein wichtiges Prinzip der Nachhaltigkeitsdebatte lautet "Do No Significant Harm": Eine Aktivität, die anderen ESG-Zielen zuwiderläuft, kann selbst nicht nachhaltig sein. Damit schießen sich Panzer und Granaten verlässlich aus jedem ernstzunehmenden Öko- und Ethikdepot.
Kommentare
So ist es, völlig verrückt! Nachhaltig ist, was die EU als nachhaltig erklärt!
AntwortenWie soll ich als Berater meine Kunden da noch mit bestem Wissen UND GEWISSEN in Sachen ESG beraten??? in der Beratungspraxis ist die Abfrage von Nachhaltigkeitpräferenzen ein unfassbares Bürokratiemonster mit unzähligen Problemstellungen wie zum Beispiel, dass zu einigen Aspekten (die man anwählen kann) noch überhaupt keine Zahlen von Unternehmen oder Fonds geliefert werden. Und jetzt noch diese Dinge, dass einfach nachhaltig ist, was die EU als nachhaltig erklärt. Atomkraft? Dunkelgrün, absolut nachhaltig, kein Problem! Rüstungsindustrie?Auch kein Problem!! Holla die Waldfee! Warum nicht auch noch Glücksspiel, Prostitution, Zigaretten und Alkohol? Die tragen doch nachhaltig zur Entspannung bei, oder? Ich fühle mich meinen Mandantin und Mandanten verpflichtet und kläre sie jedenfalls darüber auf, was ich von diesem Thema Nachhaltigkeit (so wie es jetzt geregelt ist in der Finanzindustrie) halte und wie ich damit umgehe.
schutzwürdig am 10.10.24 um 13:46