Servicegebühren haben Charme – und einen Haken
FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch über mögliche Risiken, die sich Finanzberater mit alternativen Vergütungskonzepten einhandeln.
Immer mehr Finanzberater erlassen ihren Kunden im Investmentgeschäft die Provisionen und stellen ihnen stattdessen eine laufende Servicegebühr in Rechnung (FONDS professionell ONLINE berichtete). Dieser Trend ist einerseits zu begrüßen, denn entsprechende Vergütungsmodelle haben klare Vorteile für Berater und Kunden. Andererseits bergen solche Konzepte aber auch Risiken, die wahrscheinlich nicht jedem Vermittler bewusst sind.
Für Kunden ist positiv, dass Servicegebühren einen wichtigen Interessenkonflikt des Beraters beseitigen: Der Vermittler hat damit keinen Anreiz mehr, bestimmte Fonds zu bevorzugen oder das Depot umzuschichten, nur weil er auf die Provision schielt. Auch für die Berater hat diese Form der Vergütung ihren Reiz, denn sie verspricht gut planbare, laufende Einnahmen. Außerdem können sie sich und ihre Dienstleistung höherwertig positionieren: Eine solche "Honorarberatung light" hat bei Kunden einen ganz anderen Stellenwert als die bloße Produktvermittlung gegen Provision. Wer sein Geschäft konsequent auf Servicegebühren umstellt, kann sogar einem möglichen Provisionsverbot gelassen entgegensehen.
Was, wenn der Vermittler die Dienstleistung nicht erbringen kann?
Klar ist aber auch: Wer Servicegebühren verlangt, muss seinen Kunden einen Gegenwert bieten – andernfalls wären diese kaum bereit, Jahr für Jahr rund ein Prozent ihres Depotwertes an ihren Berater abzutreten. Denkbar sind aufwendige Portfolioanalysen, eine dauerhafte Depotüberwachung oder das Angebot einer Hotline zu allen Fragen rund um die Geldanlage.
In "normalen" Zeiten ist das unproblematisch, der Berater möchte sich ja ganz bewusst mit einer besonderen Servicequalität vom Wettbewerb abheben. Doch was passiert, wenn der Vermittler längerfristig erkrankt und die versprochene Dienstleistung nicht mehr erbringen kann? Darf er sie seinem Kunden dann immer noch in Rechnung stellen? Eine Bestandsprovision dürfte er in einem solchen Fall weiterhin vereinnahmen. Bei einer Servicegebühr kann das anders aussehen, denn anders als bei einer Provision handelt es sich hierbei um eine privatrechtliche Vereinbarung, bei der im Zweifelsfall der Verbraucher als besonders schützenswert gilt – und nicht der Berater.
Unheil droht auch, wenn der Aktienmarkt einbricht und frustrierte Anleger ihren Berater vor den Kadi zerren. Dort müsste der Vermittler nachweisen, dass er den versprochenen Service tatsächlich erbracht hat, was nur bei sehr penibler Dokumentation – im Idealfall IT-gestützt – gelingen dürfte. Auch beim Bestandsverkauf könnten sich Servicegebühren als Hemmnis erweisen: Ein Käufer, der zahlreiche individuell vereinbarte Verpflichtungen gegenüber den Kunden übernehmen soll, wird kaum bereit sein, einen stattlichen Preis zu zahlen. Ihm wird eine regelmäßig fließende Bestandsprovision, die für gewerbliche Vermittler Stand heute mit keinerlei Pflichten verbunden ist, lieber sein – selbst wenn diese geringer ausfällt als eine Servicegebühr.
Vermögensverwaltung als Alternative
Dies soll nicht als Plädoyer gegen Serviceentgelte verstanden werden. Berater sollten nur wissen, worauf sie sich einlassen – und versuchen, ihr Modell entsprechend wetterfest zu machen. Wer sich von der Beratung auf Provisionsbasis verabschieden möchte, kann alternativ auf die Vermittlung fondsgebundener Vermögensverwaltungen umschwenken. Sicherlich haben auch solche Konzepte ihre Nachteile. Doch ein großer Vorteil ist unbenommen: In diesem Fall liegen die wesentlichen Pflichten und Risiken nicht beim Vermittler, sondern beim Vermögensverwalter.
Kommentare
Heizkosten und beglückte Anwälte
AntwortenWaren es nicht Eisenbahner, die nach der Umstellung des Zugverkehrs auf Elektro - und Dieselloks den Anspruch stellten, weiter als bezahlte Heizer mitzufahren? Wenn leistungslose Bestandsprovisionen ergebnisneutral durch Servicegebühren ersetzt werden sollen, ist die Erkenntnis elementar, dass diesen aus Sicht des Kunden, der weiter die Zeche zahlen soll, oft gar keine adäquate Leistung unterlegt werden kann. Wie schon bisher nicht. Hier ist es nicht der technische Fortschritt, der den Wandel bringt, sondern auch ein ganz, ganz langsames Aufwachen allenthalben. Gefördert von der plötzlich aufgetauchten Konkurrenz "beratungs" - losen Geschäfts, die in zinslosen Zeiten über den bisher weitergegebenen Preisdruck voran kommt. Und der langsam dämmernden Erkenntnis der Privatanleger, über Jahre gemolken und nicht be -, sondern verraten worden zu sein. Unter darauf folgenden überfälligen Veränderungen mögen löbliche Ausnahmen unter Vertrieblern wirklich leiden. Wäre für diese nicht die Produzentenseite die richtige Adresse für Beschwerden? Ohne Produktaufleger hätte es keinen Raubbau am Anlegervertrauen gegeben. Waren sie es doch, die Vertriebsentgelte entzogen und für ihre Ziele instrumentalisiert haben, indem sie dem Geschäftsfeld "Provisionsberatung", das ihnen die leichtesten und größten Profite versprach, zur heutigen Monopolstellung verholfen haben. Oder trifft es weiterhin den Anleger? Werden doch sicher schon wieder munter Leistungen durchgerechnet, von denen die Kundschaft bis heute noch nicht einmal weiß, dass und wie sehr sie sie vermisst. Wie lautete noch die Formel: Beratungsraum heizen und auf solche Themen spezialisierte Anwälte beglücken! Frohe Pfingsten!
Finanzanwalt am 09.06.19 um 15:52Herzlichen Dank für diese objektive Gegenüberstellung!
AntwortenHerr Mikosch, herzlichen Dank für diese gute und objektive Gegenüberstellung. Insbesondere, da Sie mir damit ein mir bis dahin nicht bekanntes Risiko offenbart haben: "Unheil droht auch, wenn der Aktienmarkt einbricht und frustrierte Anleger ihren Berater vor den Kadi zerren. Dort müsste der Vermittler nachweisen, dass er den versprochenen Service tatsächlich erbracht hat, was nur bei sehr penibler Dokumentation – im Idealfall IT-gestützt – gelingen dürfte." Eine "Variante", die ich bisher nicht vor Augen hatte. Nicht zu vergessen "weiche" Faktoren, ebenfalls bei einem Börsenabschwung, aus Sicht eines Kunden: "Das Depotvolumen verringert sich und trotzdem muss ich jetzt die Summe "X" zahlen, wofür eigentlich?!" Da spielt es DANN auch keine Rolle, wie gut man das Modell vorher erläutert hat. Übrigens: ich stelle allen Kunden zu Beginn die beiden Vergütungsmodelle (Agio vs. Servicegebühr) zur Wahl und stelle auch die jeweiligen Vor- und Nachteile dar. --> bisher hat sich noch KEIN Kunde für die Servicegebühr entschieden (sicher auch deswegen, weil ich TROTZ Provisionseinnahmen NICHT ständig die Depots verändere, im Gegenteil). Berater wiederum jedoch, die SO agieren (wie ich) gibt es ja vermutlich in den Augen derer, die "Provisionen" verbieten möchten nicht. Eigentlich unfassbar... So könnte ich -privatrechtlich- 4% Servicegebühr pro Jahr verlangen und dies wäre erlaubt (von "durchsetzungsfähig" spreche ich jetzt nicht), ein einmaliger Ausgabeaufschlag in gleicher Höhe wäre aber "Teufelszeug"... Aber das ist die (Beratungs-)Welt in der wir leben.
schutzwürdig am 07.06.19 um 12:54AW: Herzlichen Dank für diese objektive Gegenüberstellung!
AntwortenHurra, noch so ein Kollege, der wie ich arbeitet. Den Kunden wird u.a.aufgrund der ach so günstigen ETF-Story eh etwas vorgegaukelt. Der Vermittler schwingt sich in diesen ETF-Konzepten ( mit gemanagten Fonds natürlich auch) , wie jetzt juristisch klar gelegt, mit einer Servicegebühr zum Mini-Fondsmanager auf. Die Kosten entstehen auch noch mit MWSt für den Kunden, steuerlich geltend machen ? Fehlanzeige, da nicht spezifisch auf einen Fonds bezogen usw.,usw. - Vielen Dank ! Ich kann mich nur meinem Kollegen anschließen. Die Regularien, die ja soooo Kunden freundlich sein sollen, sind nun nicht nur nicht Kunden freundlich sondern auch Vermittler feindlich. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt !
# Drossel am 07.06.19 um 13:19Fondsgebundene Vermögensverwaltungen
AntwortenDiese verlagern zwar das juristische Problem für den Vermittler, aber er muß eine Anlagephilosophie vertreten, die der Kunde mit seiner Informationshilfe nicht mehr beeinflussen kann. Außerdem hat doch jeder gemanagte Fonds einen Vermögensverwalter, dessen Markt-Einschätzung man als Kunde ebenso mit kauft wie die Themen, die man als Kunde für sinnvoll hält. Es ist wie bei Banken und Versicherern ... "man" generiert Einkünfte für Anlagekonstrukte, die den Kunden Geld kosten, ohne dass sie ihm einen Mehrwert bringen. Versicherungen gibt es auch alle ohne Kapitalstock im Gepäck.
# Drossel am 07.06.19 um 13:35