Sparen mit Indexfonds? Die Vanguard-Rechnung hat einen Haken
FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch zur Kalkulation des Asset Managers, der den Kostenvorteil für Anleger auf Milliarden beziffert.
Vanguard rechnet in einer soeben vorgelegten Studie vor, dass sich europäische Anleger seit 2011 durch Indexfonds gut 90 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten gespart haben. Die Zahl ist beeindruckend und sicherlich nicht völlig falsch. Dennoch darf diese Kalkulation nicht wirklich als zutreffend gelten, denn sie lässt einen wichtigen Faktor außen vor.
Es stimmt schon: ETFs und andere Indexprodukte sind deutlich günstiger als aktiv verwaltete Fonds. Das hat zwei wesentliche Gründe: Zum einen werden aus den Gebühren aktiv verwalteter Fonds die Gehälter und das Equipment der Portfoliomanager und Analysten bezahlt, die die Anlageentscheidungen vorbereiten, treffen und umsetzen. Zum anderen enthalten viele Anteilsklassen Vertriebsentgelte. Sie sind in der Regel für den größeren Teil der Kostendifferenz zwischen einem aktiven und einem Indexfonds verantwortlich.
Ein wirklich fairer Vergleich sieht anders aus
Diese Vertriebsentgelte, also vor allem die Provisionen für die Banken und Vermittler, haben ein denkbar schlechtes Image, nicht nur bei Verbraucherschützern und in der Politik, sondern auch bei vielen Privatanlegern. Diesen miesen Ruf hat sich die Branche mit manchen schlechten Produkten und fragwürdigen Anlageempfehlungen zu einem guten Teil selbst erarbeitet. Aber – und das wird gerne vergessen: Dieses Geld hilft wesentlich dabei, eine wichtige Dienstleistung zu finanzieren, nämlich die Beratung der Kunden.
ETFs und andere Finanzprodukte, die keine Vertriebsprovisionen ausschütten, eignen sich per Definition nur für Anleger, die ihre Investmententscheidungen entweder selbst treffen möchten oder aber dazu bereit sind, einen Honorarberater oder Vermögensverwalter zu bezahlen. Für einen fairen Vergleich der Kosten aktiver und passiver Fonds müsste diese Kostenkomponente berücksichtigt werden. Indexfonds wären dann wahrscheinlich immer noch günstiger, aber der Unterschied fiele deutlich geringer aus.
Viele Verbraucher benötigen Beratung – und die kostet
Hinzu kommt, dass viele Privatkunden von sich aus gar nicht auf die Idee kämen, ihr Geld an der Börse für sich arbeiten zu lassen. Sie brauchen den Anstoß durch einen Berater oder Vermittler. Dieser Schubs kostet sie zwar Geld und Rendite. Unter dem Strich wäre es für diese Verbraucher aber deutlich teurer, auf eine solche – wie auch immer finanzierte – Beratung zu verzichten.
Kommentare
unfair?
Antwortenein paar bücher über investment, internetrecherche und ev. 1-2 stunden bei einem honorarberater machen das kraut aber auch nicht fett. je nach investmentvolumen und investmenthorizont wirds ev. 0,1-0,3% p.a. ausmachen :) ist nicht gerade der burner... mit einen msci acwi imi etf ist der weltaktienmarkt abgedeckt, der rest in cash, wenn man es ganz einfach haben will und gut ists.
maidenfritz am 14.08.24 um 14:45AW: unfair?
Antworten@maidenfritz Sie irren sich, und zwar gewaltig. Wenn die Kosten der Prüfung, ob Premium, Standard oder Junk-Aktien oder Bonds handelt, nicht durch die aktiven Fonds bezahlt wird. Wäre die Kostenstruktur im Wesentlichen anders.Fallen jährlich nur 1 % an Kosten je Milliarde an. Und würde die Ermittlung unabhängig von den Sparten (Premium, Standard oder Junk) sein und die Verteilung der Kosten an die jeweiligen Vermögen richten, so dürften die Kosten der aktiven Fonds ohne weiteres um bis zu 50 % der laufenden Kosten fallen, dementsprechend würden die kosten für ETF's sich schlagartig verdoppeln oder gar verdreifachen. Damit wäre die Billigkeit der ETF's beendet! Und die ETF's während allenfalls immer um die laufenden Kosten schlechter als der globale Fonddurchschnitt!
Bruno1968 am 31.08.24 um 14:30AW: unfair?
Antwortenwie kommen sie darauf? wenn die kosten eines vanguard s&p 500 etf auf 0,3% p.a. steigen und das aktive pendant auf 1% p.a. sinkt, haben sie noch immer eine differenz von 0,7% p.a.
maidenfritz am 31.08.24 um 18:03Sie haben völlig recht, aber einen weiteren Punkt vergessen:
AntwortenLieber Herr Mikosch, ich gebe Ihnen in nahezu allem recht, herzlichen Dank für diesen Beitrag, der natürlich nur von einer verschwinden geringen Anzahl von Menschen gelesen werden wird und der direkt neben oder unter oder über der betroffenen Meldung angezeigt werden müsste. Die so genannten Verbraucherschützer werden die Vanguard Zahlen natürlich wieder für sich nutzen wollen, sehr bedauerlich! Was Sie aber auch noch hätten erwähnen dürfen: dass es mit einer bankenunabhängigen Beratung möglich ist, aktiv gemanagte Investmentfonds zu finden, die sich BESSER als der jeweilige Vergleichsindex, also auch ETF, entwickelt haben. Diese Outperformance übertrifft in meinem persönlichen Beratungsalltag die Kosten deutlich! Und damit sind wir auf einmal bei einer ganz anderen Betrachtungebene, nämlich, dass Beratung und aktiv gemanagte Investmenfonds einen echten Mehrertrag nach allen Kosten bieten können! Aber auch da sind natürlich Schlagzeilen wie "70 % der Fonds schaffen es nicht, den Index zu schlagen" anscheinend lieber publiziert als der Umkehrschluss, dass es beispielsweise 30 % schaffen und zum Teil sogar sehr deutlich! Und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: mithilfe der modernen Beratungstools und Portfoliomanagementtechnologien, die ich in der Wertpapierberatung nutze, schaffe ich sogar Folgendes im Vergleich zu vorgefundenen Depots bei Neukunden: mehr Rendite bei weniger Risiko! Das jedoch hier zu erläutern, würde zu weit führen. Und leider lesen das ja sowieso nicht die, die es eigentlich lesen müssten/sollten. Und schon gar nicht die so genannten Verbraucherschützer. Und selbst wenn, würden sie es wohl ignorieren, würde das doch ihr Weltbild/Feindbild erschüttern...
schutzwürdig am 14.08.24 um 12:27