Studie zum Provisionsverbot: Lückenhafte Argumentation
FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch über die KPMG-Untersuchung zu den Folgen eines Provisionsverbots.
Die Beratungsgesellschaft KPMG kommt in einer aktuellen Studie zu dem Ergebnis, dass ein Provisionsverbot weite Teile der Bevölkerung von einer Anlageberatung abschneiden würde. Weder das Ergebnis noch das Timing überraschen. Das Ergebnis nicht, weil die Studie von den Verbänden der Bankenbranche, der Fonds- und der Derivateindustrie in Auftrag gegeben wurde, die ein Interesse am Erhalt des Provisionsmodells haben. Und das Timing nicht, weil klar war, dass die Veröffentlichung in die Zeit der Koalitionsverhandlungen fällt. Mehrere Parteien, darunter die Grünen und Teile der SPD, hatten sich im Wahlkampf deutlich für ein Provisionsverbot ausgesprochen.
Auch das wichtigste Argument, das KPMG gegen ein Provisionsverbot anführt, ist hinlänglich bekannt: Insbesondere bei überschaubaren Anlagesummen sei eine Honorarberatung schlicht zu teuer. Die allerwenigsten Kunden wären also bereit, den durchschnittlichen Stundensatz von 180 Euro zu bezahlen, säßen im Fall der Fälle also ganz ohne Beratung da.
Standardprozess statt echter Beratung
Wer weniger als 25.000 Euro investieren will oder kann, fährt mit der Provisionsberatung besser, so die Botschaft. Hinzu komme, dass die Zuwendungen dabei helfen würden, die Filialen zu finanzieren und so einer breiten Bevölkerung Zugang zu einer Anlageberatung zu bieten. An dieser Stelle hinkt die Argumentation jedoch: Wie kann die Provisionsberatung einerseits so sagenhaft günstig sein – und andererseits maßgeblich das teure Filialnetz bezuschussen?
Zur Wahrheit gehört eben auch, dass Kunden, die nur 10.000 Euro investieren möchten, in einer Bank eine andere Beratung erhalten als jene, die sie für 180 Euro die Stunde bei einem Honorarberater erwarten dürfen. Die "kleinen" Kunden werden in der Bank mit einem Standardprozess und Standardprodukten abgespeist, was einerseits völlig in Ordnung ist, weil die Dienstleistung anders betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll darstellbar wäre, was andererseits aber auch offen kommuniziert werden sollte.
Als zukunftsfest darf die Provision nicht gelten
Viel Geld bringen die "kleinen" Kunden den Banken trotz standardisierter Prozesse und Produkte nicht ein. Lukrativer sind natürlich die Anleger, die viel Geld investieren und entsprechend hohe Provisionen zahlen. Manche in der Branche nennen es fair, dass die großen Kunden das Breitengeschäft gewissermaßen quer subventionieren. Fair nennen könnte man es allerdings auch, wenn die Banken diese Kunden darauf hinweisen würden, dass eine Honorarberatung für sie günstiger käme – was verständlicherweise unterbleibt.
Dass die Ampel-Koalition ein Provisionsverbot beschließt, darf als unwahrscheinlich gelten, schon wegen der Beteiligung der FDP. Banken und freie Finanzberater sollten sich aber nicht darauf verlassen, dass das Provisionssystem ewig überlebt. Viele bieten bereits Service- oder Pauschalgebührenmodelle an, die als "Honorarberatung light" gelten dürfen. Das ist eine gute Entscheidung. Nicht, dass diese Modelle für alle Anlagesuchenden günstiger wären. Aber mit ihnen stellen Banken und Berater ihr Geschäft deutlich zukunftssicherer auf.
Kommentare
Ich bitte um Entschuldigung für ein dreifaches Posting, dass ich so nicht angestoßen habe. Und eine interessante Ergänzung:
AntwortenMein Posting sollte beginnen mit „Herr Mikosch“ und nicht „wie kann ich“, ich habe den Text ins iPad diktiert. Gerade lese ich diese Meldung hier, deren beiden letzten Absätze genau das bestätigen, was ich versucht habe zu beschreiben: https://www.onvista.de/news/onvista-boersenfuchs-wenn-es-10-nach-12-ist-496287573
schutzwürdig am 19.11.21 um 17:06Leider einseitiger Kommentar
AntwortenWie kann ich, ich sehe nicht, warum eine Servicegebühr besser sein sollte als eine einmalige Provision. Hier kommt nämlich die Zeit ins Spiel. Eine Servicegebühr von beispielsweise 1 % plus Mehrwertsteuer wird zumindest bei mir nach circa dreieinhalb Jahren teurer für den Kunden, als die einmaligen Provisionen. Beides stelle ich meinen Kunden zur Auswahl (solange ich Honorarberatung anbieten durfte, hatte ich auch diese zur Auswahl gestellt und auch diese hat niemand in Anspruch nehmen wollen). Bisher hat sich noch kein einziger (auch vermögender) Kunde für die Service-Gebühr entschieden. Weil sie rechnen können! Dazu muss ich sagen, dass aufgrund der Qualität der Produktauswahl Depotveränderungen „bei mir“ so gut wie nie vorgenommen werden müssen, also auch hier keine Gebührenschneiderei stattfindet wie vielleicht bei der ein oder anderen Bank oder Sparkasse. Und somit wird die Rechnung inklusive aller (!!) Gebühren ganz einfach. Entscheidend ist a), was „hinten“, also nach allen Kosten herauskommt und b), welches Risiko dafür eingegangen wurde. Schade, dass „a)“ immer so unvollständig reflektiert wird. Ich bleibe dabei: die Art der Vergütung sagt per se nichts über die Qualität der Beratung aus. „Keine Zinsen, miese Rente“ war neulich eine Sendung in der ARD. Ich fand sie zuerst ganz toll, bis dann schließlich es zu einer „Wertpapierberatung“ kam. Der dort auftreten Honorarberater hat doch tatsächlich der risikoaversen Kundin ohne jedwede Anlageerfahrung für ihre gesamten Ersparnisse als einzige Anlage einen ETF auf den MSCI World empfohlen!! Über 60% maximaler Drawdown in dem Index, keine Aufklärung DAZU, kein Wort zu der extrem hohen US-Gewichtung und und und. Aber kostet ja nichts, also muss es gut sein? UND. EIN einziger ETF für die gesamten € 40.000 als Wmpfehlung! Bei mir gäbe es eine risikoadjustierte Mischung von locker 10-20 Fonds! Kein Hinweis des Beraters auf beispielsweise ein aktiv verwaltetes, flexibles Mischfonds-Produkt (Beispiel: ein sehr bekanntes Produkt eines Kölner Vermögensverwalters). Ich hatte mir während der Sendung den Spaß gemacht, dieses Produkt, dass der Honorarberater ja auch ohne Ausgabeaufgeld hätte anbieten können, seit dem es dieses Produkt gibt mit der Entwicklung des MSCI World zu vergleichen. Ergebnis: das Produkt mit 25 % maximalen Drawdown hatte sich besser entwickelt als der MSCI World, nach allen Kosten (!) und das mit nicht einmal der Hälfte des Risikos! Aber dafür muss man sich natürlich auskennen, muss man recherchieren, muss hunderte von Fotos analysieren und update und sich dafür entscheiden, welche in die engere Auswahl kommen. Das bedeutet im Gegensatz zum stupiden Empfehlen eines MSCI World ETF viel Arbeit und auch viel Beratungsaufwand. Aber es lohnt sich! Auf all das wird in sämtlichen mir bekannten Berichterstattungen jedoch leider nicht eingegangen. Schade, aber mit den ganzen Simplifizierungen funktioniert wohl nur noch dieser Welt…
schutzwürdig am 19.11.21 um 12:35Leider einseitiger Kommentar
AntwortenWie kann ich, ich sehe nicht, warum eine Servicegebühr besser sein sollte als eine einmalige Provision. Hier kommt nämlich die Zeit ins Spiel. Eine Servicegebühr von beispielsweise 1 % plus Mehrwertsteuer wird zumindest bei mir nach circa dreieinhalb Jahren teurer für den Kunden, als die einmaligen Provisionen. Beides stelle ich meinen Kunden zur Auswahl (solange ich Honorarberatung anbieten durfte, hatte ich auch diese zur Auswahl gestellt und auch diese hat niemand in Anspruch nehmen wollen). Bisher hat sich noch kein einziger (auch vermögender) Kunde für die Service-Gebühr entschieden. Weil sie rechnen können! Dazu muss ich sagen, dass aufgrund der Qualität der Produktauswahl Depotveränderungen „bei mir“ so gut wie nie vorgenommen werden müssen, also auch hier keine Gebührenschneiderei stattfindet wie vielleicht bei der ein oder anderen Bank oder Sparkasse. Und somit wird die Rechnung inklusive aller (!!) Gebühren ganz einfach. Entscheidend ist a), was „hinten“, also nach allen Kosten herauskommt und b), welches Risiko dafür eingegangen wurde. Schade, dass „a)“ immer so unvollständig reflektiert wird. Ich bleibe dabei: die Art der Vergütung sagt per se nichts über die Qualität der Beratung aus. „Keine Zinsen, miese Rente“ war neulich eine Sendung in der ARD. Ich fand sie zuerst ganz toll, bis dann schließlich es zu einer „Wertpapierberatung“ kam. Der dort auftreten Honorarberater hat doch tatsächlich der risikoaversen Kundin ohne jedwede Anlageerfahrung für ihre gesamten Ersparnisse als einzige Anlage einen ETF auf den MSCI World empfohlen!! Über 60% maximaler Drawdown in dem Index, keine Aufklärung DAZU, kein Wort zu der extrem hohen US-Gewichtung und und und. Aber kostet ja nichts, also muss es gut sein? UND. EIN einziger ETF für die gesamten € 40.000 als Wmpfehlung! Bei mir gäbe es eine risikoadjustierte Mischung von locker 10-20 Fonds! Kein Hinweis des Beraters auf beispielsweise ein aktiv verwaltetes, flexibles Mischfonds-Produkt (Beispiel: ein sehr bekanntes Produkt eines Kölner Vermögensverwalters). Ich hatte mir während der Sendung den Spaß gemacht, dieses Produkt, dass der Honorarberater ja auch ohne Ausgabeaufgeld hätte anbieten können, seit dem es dieses Produkt gibt mit der Entwicklung des MSCI World zu vergleichen. Ergebnis: das Produkt mit 25 % maximalen Drawdown hatte sich besser entwickelt als der MSCI World, nach allen Kosten (!) und das mit nicht einmal der Hälfte des Risikos! Aber dafür muss man sich natürlich auskennen, muss man recherchieren, muss hunderte von Fotos analysieren und update und sich dafür entscheiden, welche in die engere Auswahl kommen. Das bedeutet im Gegensatz zum stupiden Empfehlen eines MSCI World ETF viel Arbeit und auch viel Beratungsaufwand. Aber es lohnt sich! Auf all das wird in sämtlichen mir bekannten Berichterstattungen jedoch leider nicht eingegangen. Schade, aber mit den ganzen Simplifizierungen funktioniert wohl nur noch dieser Welt…
schutzwürdig am 19.11.21 um 12:35Leider einseitiger Kommentar
AntwortenWie kann ich, ich sehe nicht, warum eine Servicegebühr besser sein sollte als eine einmalige Provision. Hier kommt nämlich die Zeit ins Spiel. Eine Servicegebühr von beispielsweise 1 % plus Mehrwertsteuer wird zumindest bei mir nach circa dreieinhalb Jahren teurer für den Kunden, als die einmaligen Provisionen. Beides stelle ich meinen Kunden zur Auswahl (solange ich Honorarberatung anbieten durfte, hatte ich auch diese zur Auswahl gestellt und auch diese hat niemand in Anspruch nehmen wollen). Bisher hat sich noch kein einziger (auch vermögender) Kunde für die Service-Gebühr entschieden. Weil sie rechnen können! Dazu muss ich sagen, dass aufgrund der Qualität der Produktauswahl Depotveränderungen „bei mir“ so gut wie nie vorgenommen werden müssen, also auch hier keine Gebührenschneiderei stattfindet wie vielleicht bei der ein oder anderen Bank oder Sparkasse. Und somit wird die Rechnung inklusive aller (!!) Gebühren ganz einfach. Entscheidend ist a), was „hinten“, also nach allen Kosten herauskommt und b), welches Risiko dafür eingegangen wurde. Schade, dass „a)“ immer so unvollständig reflektiert wird. Ich bleibe dabei: die Art der Vergütung sagt per se nichts über die Qualität der Beratung aus. „Keine Zinsen, miese Rente“ war neulich eine Sendung in der ARD. Ich fand sie zuerst ganz toll, bis dann schließlich es zu einer „Wertpapierberatung“ kam. Der dort auftreten Honorarberater hat doch tatsächlich der risikoaversen Kundin ohne jedwede Anlageerfahrung für ihre gesamten Ersparnisse als einzige Anlage einen ETF auf den MSCI World empfohlen!! Über 60% maximaler Drawdown in dem Index, keine Aufklärung DAZU, kein Wort zu der extrem hohen US-Gewichtung und und und. Aber kostet ja nichts, also muss es gut sein? UND. EIN einziger ETF für die gesamten € 40.000 als Wmpfehlung! Bei mir gäbe es eine risikoadjustierte Mischung von locker 10-20 Fonds! Kein Hinweis des Beraters auf beispielsweise ein aktiv verwaltetes, flexibles Mischfonds-Produkt (Beispiel: ein sehr bekanntes Produkt eines Kölner Vermögensverwalters). Ich hatte mir während der Sendung den Spaß gemacht, dieses Produkt, dass der Honorarberater ja auch ohne Ausgabeaufgeld hätte anbieten können, seit dem es dieses Produkt gibt mit der Entwicklung des MSCI World zu vergleichen. Ergebnis: das Produkt mit 25 % maximalen Drawdown hatte sich besser entwickelt als der MSCI World, nach allen Kosten (!) und das mit nicht einmal der Hälfte des Risikos! Aber dafür muss man sich natürlich auskennen, muss man recherchieren, muss hunderte von Fotos analysieren und update und sich dafür entscheiden, welche in die engere Auswahl kommen. Das bedeutet im Gegensatz zum stupiden Empfehlen eines MSCI World ETF viel Arbeit und auch viel Beratungsaufwand. Aber es lohnt sich! Auf all das wird in sämtlichen mir bekannten Berichterstattungen jedoch leider nicht eingegangen. Schade, aber mit den ganzen Simplifizierungen funktioniert wohl nur noch dieser Welt…
schutzwürdig am 19.11.21 um 12:35Ein Blick in die richtige Richtung
AntwortenDer Beitrag ist ein Blick in die richtig Richtung. Es ist höchste Zeit, die Aufklärung der häufig "ahnungslosen" und "gutgläubigen" Kunden von Banken und Finanzvertrieben voran zu treiben. Ob es gleich ein Provisionsverbot sein muss, glaube ich nicht. Wenn der Kunde aufgeklärt ist - aber eben nur dann - kann ihm selbst die Entscheidung überlassen werden, welche Beratungsform ihm lieber ist. Axel Milhard (FInanzzentrum Allgäu GmbH)
mail@finanzzentrum-allgaeu.de am 19.11.21 um 12:13