Wie nachhaltig ist die Fondsbranche wirklich?
FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch über die Frage, ob die ESG-Ambitionen der Asset Manager tatsächlich ernst zu nehmen sind.
Wer mit Vertriebsleuten von Fondsanbietern spricht, hört dieser Tage oft diesen Satz: "Nachhaltigkeit ist Teil unserer DNA!" Die hauseigenen Analysten würden ESG-Aspekte schon seit Jahren in Unternehmensgesprächen erörtern und die Fondsmanager nur Firmen ins Portfolio aufnehmen, die ein wirklich nachhaltiges Geschäftsmodell verfolgen. Bleibt der Gesprächspartner skeptisch, fällt vielleicht ein Hinweis auf das klimaneutrale Büro des Asset Managers – oder auf die hohe Elektroautoquote unter den Dienstwagen.
Dass sich die Anbieter unbedingt als Nachhaltigkeitsspezialisten darstellen wollen, hat einen einfachen Grund: Die Nachfrage nach entsprechenden Fonds steigt rasant. Doch wie "grün" ist ein Asset Manager wirklich? Um dafür zumindest ein Gespür zu bekommen, hat FONDS professionell wichtige ESG-Daten Dutzender Investmenthäuser zusammengetragen – die Ergebnisse finden Sie hier oder in der aktuellen Ausgabe 3/2020 ab Seite 332. Wer bereits seit 20 Jahren Ökofonds anbietet, sich in Nachhaltigkeitsinitiativen engagiert und viele ESG-Analysten beschäftigt, darf zu Recht mit breiter Brust auftreten.
Doch auch anderen Anbietern ist zuzutrauen, das Thema ernst zu nehmen. Das erfährt man aber nicht durch Gespräche mit Vertriebsleuten, sondern nur im Dialog mit Portfoliomanagern. Und zwar nicht mit denen, die einen neuen SDG- oder Impact-Fonds steuern, sondern mit den Kapitänen der Flaggschiffe. Erst wenn sie gemerkt haben, dass ein "Weiter so" sie vom Kurs abbringt, ist Nachhaltigkeit wirklich in der Branche angekommen.
Kommentare
Nachhaltigkeit
AntwortenWie ich schon einmal an einer anderen Stelle anmerkte, nützt es wenig, bei der Anlage auf ESG-Kriterien zu setzen 1. da. es wesentlich sinnvoller wäre, in erfolgreiche Unternehmen mit ESG-Defiziten zu investieren und als "Eigentümer" sich für einen Wandel hin zu ESG einzusetzen (gerade als Fondmanager mit der Möglichkeit, größere Positionen zu halten , könnte man da sicherlich einiges bewirken) 2. wenn man gleichzeitig in der Praxis wenig auf ESG-Kriterien achtet. Das betrifft die Assset-Manager (z.B. Stichwort Fuhrpark: VW und Co.) genauso wie die Anleger, die, wenn es dann um die eigenen Vorteile und Wünsche geht, schnell ökologische oder ethisch/moralische Bedenken über Bord werfen. Letztendlich ist es doch so, dass man mit den schlimmsten ESG-Unternehmen oder auch -Staaten Geschäfte macht, wenn es denn nur entsprechende Erträge bringt. Ein Beispiel hierfür ist die Fussball-Bundesliga bzw. einzelne Vereine, die z.B. gerne das Geld von Katar nehmen oder auch kein Problem haben, sich von VW, Audi, Porsche sponsern zu lassen , obwohl die Firmen (zumindest nach MSCI-Kriterien) die schlechtesten Bewertungen nach ESG haben. Es wäre ganz einfach, Firmen zu zwingen, sich hier anders zu verhalten, es gibt z.B. im Bereich KFz durchaus Alternativen zum Passat oder Audi-Fuhrpark. Aber solange selbst vom Diesel-Skandal betroffene das nächste Auto wieder bei den schlimmsten Diesel-Schummlern kaufen, hat für mich das Thema nur eine "Gewissens-Beruhigungs-Funktion" wie beim Ablasßhandel - ich investiere ja nach ESG-Kriterien, da kann ich in meinem Leben ruhig weiter machen wie bisher- Ich versuche, in die langfristig erfolgreichsten Aktiengesellschaften zu investieren, wenn die Verbrauche/Unternehmen/Vereine usw. entsprechend nur noch mit Firmen Geschäfte machen, die soweit wie möglich ESG-Konform handeln,. dann sind diese Aktiengesellschaften automatisch auch die erfolgreichsten. Solange aber auch ESG-Sünder erfolgreich sind, weil s.o. ...werde ich auch zwangsweise dort investieren (müssen). Außerdem: Es gibt keine allgemein gültigen ESG-Kriterien, da macht jeder, was er will. In meinem Augen ist es z.B. ökologisch nicht nachvollziehbar, dass für den europäischen Markt bestimmte Waren z.B. in Bangladesch produziert werden. Zuerst muss das Rohmaterial dahin geschafft werden und dann die Waren wieder nach Europa, ggfs. über Umwege. Diese Umweltbelastung ist ökologisch völlig unsinnig, aber anscheinend ökonomisch unabdingbar. Meines Wissens ist aber deswegen keine Firma ein ESG-Sünder, wo also sind die Grenzen? Letztlich wird es doch immer so sein, dass im Ernstfall immer das Thema "Wirtschaftlichkeit" im Vordergrund steht. Und im Moment, so scheint es mir aufgrund fehlender Technik, hilft sowieso nur eins: Reduzierung, Weniger, Schrumpfung usw., das hat doch der Lockdown weltweit gezeigt. Aber wer will das schon, mit all seinen ökonomischen und gesellschaftlichen Konsequenzen. Klar, man muss mal anfangen, aber dann bitte mit seiner persönlichen Lebensweise.....
gurniak@yahoo.de am 06.10.20 um 12:47