Aktive Manager nehmen ETF-Rivalen nicht ernst, zeigt Umfrage
Laut einer aktuellen Studie zeigen sich Asset Manager, die ausschließlich aktiv gemanagte Fonds anbieten, unbeeindruckt vom exorbitanten Wachstum der ETF-Branche - und blicken paradoxerweise dennoch mit Argwohn auf die Passiv-Strategie ihrer Mitbewerber.
In Europa fließen nach wie vor rekordverdächtige Anlagesummen in Exchange Traded Funds (ETF). Trotz des immensen Wachstums nehmen Fondshäuser, die ausschließlich aktiv gemanagte Portfolios im Programm haben, die passiven Wettbewerber nicht als Bedrohung für ihr eigenes Geschäft wahr. Das belegt eine Umfrage von Blackwater Search & Advisory, einem auf ETFs und digitale Assets spezialisierten Beratungs- und Personalvermittlungshaus. Rund 80 Prozent von mehr als 100 befragten europäischen Asset Managern ohne eigenes ETF-Sortiment zeigen sich nicht nur unbesorgt ob des starken Wachstums der "Indexnachahmer", sie erachten es auch nicht als "Business Case" fürs eigene Geschäft, selbst zum Anbieter von passiven Fondsvehikeln zu werden.
Die Selbstzufriedenheit auf Seiten der aktiven Manager steht skurrilerweise in klarem Kontrast zu den Erwartungen in Bezug auf die Strategien ihrer direkten Wettbewerber aus dem Aktivlager. "Mehr als die Hälfte der europäischen Investmentfondsmanager glaubt, dass ihre Konkurrenten irgendwann ein ETF-Angebot auf den Markt bringen werden, trotz Hürden wie täglicher Offenlegungspflichten, zu viel Konkurrenz und Kosten", erklärt Michael O'Riordan, Gründer von Blackwater Search & Advisory, die Befragungsergebnisse.
In Europa fehlt der steuerliche Rückenwind...
O'Riordan vermutet dahinter die simple Annahme aufseiten der Antwortgeber, es sei nur eine Frage der Zeit, bis Europa eine der US-Situation vergleichbare Entwicklung nachvollziehe. "Das muss aber keineswegs so sein", warnt der Brite. Denn der US-Markt profitiere von einem Rückenwind, den es in Europa so nicht gebe.
Das hänge zum einen damit zusammen, dass ETFs in den USA ein steuereffizienteres Vehikel sind als aktiv gemanagte Investmentfonds. Auch der Umstand, dass es das Modell der Retrozessionsgebühr in den USA nicht gebe, nivelliere das Spielfeld zwischen ETFs und Investmentfonds im US-Markt deutlich. Laut der Blackwater-Umfrage sind fast vier von zehn Befragten der Meinung, dass das in den meisten europäischen Ländern eingeführte Retrozessionsmodell sogar Hauptgrund dafür ist, dass das Wachstum von ETFs auf dem alten Kontinent gebremst wird.
...und die US-typische "Geheimniskrämerei"
O'Riordan nennt noch weitere Unterschiede, die Aufschluss darüber geben, warum europäische Vermögensverwalter eine ganz andere Meinung zu ETFs vertreten als ihre amerikanischen Pendants. So gebe es in den USA viel mehr Selbstentscheider unter den Anlegern, was ETFs zu einem nahezu perfekten Vehikel mache.
Zu beachten sei zudem, dass, anders als in Europa, in den USA sogenannte intransparente ETFs ("nontransparent actively managed ETF") gang und gäbe sind. Emittenten solcher "Geheim"-Papiere sind von gewissen Berichtspflichten entbunden, müssen also nicht täglich ihre Bestände offenlegen oder Angaben zur Gewichtung einzelner Portfoliobestandteile machen. Der Vorteil: Anbieter klassischer Aktivfonds können ihre Flaggschiffprodukte dadurch bequem im ETF-Mantel anbieten, ohne sich um Front-Running-Risiken sorgen oder um Reporting-Mehrkosten kümmern zu müssen. Auch das sorgt für einen steten Zuwachs im amerikanischen ETF-Angebotsuniversum. Wer also bloß europäische mit US-Daten vergleicht, läuft Gefahr, Fehlinterpretationen aufzusitzen. (hh)