Anleihen-Spezialist Röhmeyer: Lateinamerika ist sehr attraktiv
Im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE erklärt Anleihen-Spezialist Lutz Röhmeyer, welche Folgen die neue US-Handelspolitik für seinen Capitulum Weltzins-Invest Universal hat, welche Anleihen er meidet und wie er das Währungsrisiko im Fonds managt.
2018 gründete der ehemalige LBB-Invest-Starmanager Lutz Röhmeyer die in Berlin ansässige Fondsboutique Capitulum Asset Management, die mittlerweile in drei Publikums- und sechs Spezialfonds in Summe zwei Milliarden Euro managt. Mit dem nun rund 270 Millionen Euro schweren Capitulum Weltzins-Invest Universal hat er die Strategie des lange Jahre von ihm gemanagten Weltzins-Invest weitergeführt. Die Strategie setzt auf Anlagen in weltweit ausgegebenen Rentenpapieren, vor allem aus den Schwellenländern, aber auch aus anderen Staaten, in den jeweiligen Währungen erworben.
Im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE erläutert Röhmeyer, welche Auswirkungen die neue Handels- und Zollpolitik der USA auf die Zinsen in den Industrie- und Schwellenländern hat – und was das für die Strategie des Capitulum Weltzins-Invest Universal bedeutet.
Herr Röhmeyer, wie wirkt sich die Handelspolitik der USA mit den angedrohten und teilweise erhobenen Zöllen auf die Wirtschaft in den Industrie- und Schwellenländern aus?
Lutz Röhmeyer: Eine Handelspolitik mit Zöllen ist immer schädlich, da sie inflationär wirkt und die Preise unnötigerweise erhöht. Und zwar weltweit, denn es entsteht für alle Länder ein Kostennachteil. Zudem bremst diese Handelspolitik das Wirtschaftswachstum, weil weniger exportiert wird und die Verbraucher weniger konsumieren. Das kennen wir bereits aus den vier Jahren mit Präsident Trump von 2017 bis 2021, da seine Wirtschaftspolitik schon damals die Inflation getrieben hat. Für den Kapitalmarkt war dann allerdings die Corona-Pandemie das bestimmende Thema.
Corona ist vorbei, welche Folgen hat der Kurs Washingtons nun auf die Zinsen?
Röhmeyer: Grundsätzlich führt Inflation natürlich zu tendenziell höheren Zinsen. Auch in den USA werden die Zinsen von einer unabhängigen Zentralbank wohl vorerst nicht weiter gesenkt werden. Trump muss sich beeilen, wenn er bis zu den nächsten Wahlen die Früchte seiner Arbeit genießen möchte – ganz egal, ob diese Früchte für andere nun süß oder eher bitter schmecken werden. Ich gehe auch davon aus, dass er neben seiner aggressiven Zollpolitik die Steuern senken wird. Das hat als kurzfristiges Strohfeuer für die Wirtschaft immer gewirkt. Es wird jedoch auch die Verschuldung weiter rapide ansteigen lassen, sodass teilweise schon befürchtet wird, dass das US-Finanzministerium Probleme haben wird, Staatsanleihen zu platzieren. Das glaube ich zwar nicht, es wird aber ein riesiges Angebot an US-Staatsanleihen geben, wodurch auch der Zins höher als notwendig ausfallen wird.
Und die anderen Industriestaaten und gerade auch die Schwellenländer?
Röhmeyer: Für die Eurozone gibt es bei den Leitzinsen noch mehr Senkungspotenzial, auch weil wir eine größere wirtschaftliche Krise haben und eine Notenbank, die gern mal ans Limit geht, wie wir in den vergangenen Jahren gesehen haben. Die Langfristzinsen ziehen dagegen aufgrund der riesigen Schuldenprogramme merklich an, was den Euro zumindest kurzfristig wieder attraktiver macht. Die Schwellenländer wiederum haben im Zinszyklus einen Vorlauf von rund zwei Jahren und fingen entsprechend schneller an, ihre Zinsen zu senken. Mit Trump als Präsident kam nun auch hier die Wende, und am Beispiel Brasiliens sieht man anschaulich die Folgen. Die Banco Central do Brasil hat zuletzt den Leitzins mehrmals anheben müssen. Die Zinsraten liegen nun bei über 14 Prozent! Das ist deutlich höher als das, was wir 2017 hatten. Solche Zinsaufschläge sind für unsere Strategie sehr gut, da wir von den hohen laufenden Zinsen leben. Im Moment generieren alle Anleihen im Fonds durchschnittlich elf Prozent, deutlich mehr als in normalen Zeiten.
Was sind Ihre Favoriten bei den Schwellenländer-Anleihen?
Röhmeyer: Asien ist weiterhin recht unattraktiv, weil die Staaten dort vielfach nicht mit gestiegener Inflation kämpfen müssen. So sind anders als in Europa hohe Energiepreise kein Thema. Neben einem gesteuerten Wachstum werden in vielen Ländern in dieser Region auch Währungen und Zinsen stark reguliert. Und wenn wir dann in China vor dem Hintergrund einer Immobilien- und Wachstumskrise sehen, dass die dortigen Zinsen deutlich unter dem Niveau deutscher Bundesanleihen liegen, fehlen einem als Lokalwährungsinvestor die Argumente für ein Investment. Lateinamerika ist dagegen wie geschildert sehr attraktiv, und auch Afrika ist mittlerweile wieder interessant und bietet vielfach zweistellige Renditen auf Anleihen.
Wie investieren Sie in den Ländern? Welche Anleihen bevorzugen Sie?
Röhmeyer: Wir setzen nach Möglichkeit auf supranationale Förderbanken wie etwa die Weltbank, die afrikanische oder die lateinamerikanische Entwicklungsbank. Diese sind von vielen Staaten getragen und besitzen daher ein sehr gutes Bonitätsrating, sodass wir mit hoher Sicherheit Zinsen und Tilgung erhalten. Dazu kommen als weiterer Emittent große, systemrelevante Banken. Traditionelle Unternehmensanleihen schließen wir dagegen völlig aus, da wir zusätzliche Bonitätsrisiken in unserem breit diversifizierten Portfolio mit über 400 Anleihen in 70 Währungen nicht eingehen wollen und können. Staatsanleihen sind oftmals gar nicht interessant, da die Anleihen der Förderbanken meist höhere Renditen bieten bei geringerem Ausfallrisiko. Dazu kommt außerdem, dass man bei Staatsanleihen dem Risiko einer lokalen Gesetzgebung und potenziellen Sanktionen ausgesetzt ist, wie das Beispiel Russland zeigt. Verbleiben also die Schwankungen der Währungen als Risiko, für das wir entsprechend vergütet werden. Dies hat aber nichts mit Spekulation zu tun, denn niemand kann eine zuverlässige Aussage für das wichtige Währungspaar US-Dollar/Euro geben. Wie soll dann eine Prognose für den nigerianischen Naira möglich sein?
Und wie lösen Sie das Währungsrisiko?
Röhmeyer: Durch eine möglichst breite Diversifikation. Wir lassen uns nicht durch einen Index beschränken und selektieren weltweit aus Schwellenländern und Grenzmärkten, aber auch aus Industrieländern. Bei der Gewichtung setzen wir auf ein Stufensystem, abhängig von der Attraktivität der Zinsen und der Liquidität der Währung, in der die Anleihen ausgegeben sind. Das Maximum einer Währung beträgt dann drei Prozent, sonst nur zwei und in kleineren Märkten auch nur ein Prozent.
Sie haben mit dem Capitulum Sustainable Local Currency Bond Fonds auch eine nachhaltige Variante der Strategie. Nach welchen Kriterien arbeiten Sie da?
Röhmeyer: Der Unterschied zum Weltzins ist die ausschließlich nachhaltige Verwendung der Mittel der erworbenen Anleihen. Dadurch steigt der Anteil an Emissionen von Förderbanken auf fast 70 Prozent. Den Rest machen nachhaltige Anleihen wie etwa Green oder Social Bonds von Banken aus. Neben dem gänzlichen Ausschluss bestimmter Branchen werden auch öffentliche Anleihen von unfreien und intransparenten Staaten ausgeschlossen. Eine Währung allein sehen wir dagegen nicht als Kriterium für Nachhaltigkeit an.
Wir danken für das Gespräch. (jb)