Der Asset-Management-Ableger des französischen Versicherungskonzerns Axa war früher schon im Geschäft mit börsengehandelten Indexfonds (ETF) aktiv, hatte seine Beteiligung aber verkauft und sich auf aktives Management konzentriert. Das Haus kehrte in den Markt zurück. Olivier Paquier, seit Anfang 2023 weltweiter ETF-Vertriebsleiter bei Axa Investment Managers, erläutert im Interview mit FONDS professionell die Gründe für die Rückkehr und in welchen Feldern sich das Haus in dem heiß umkämpften Markt Chancen ausrechnet. Paquier arbeitete zuvor bei State Street und J.P. Morgan Asset Management.


Herr Paquier, Axa Investment Managers kehrte 2022 ins Geschäft mit börsengehandelten Fonds zurück. Ihr Haus hatte 2009 seine Beteiligung an der Palette Easy ETF an BNP Paribas abgegeben. Wie kam es zu dem Sinneswandel?

Olivier Paquier: Als Axa Investment Managers entschied, wieder ins ETF-Geschäft einzusteigen, war natürlich allen bewusst, dass das Haus zuvor seinen Anteil an einem ETF-Joint-Venture verkauft hatte. Axa ist im Grunde ein aktiver Asset Manager. Aufgrund der Nachfrage der Kunden entschieden wir uns jedoch, nun sowohl aktive wie auch passive ETFs zu lancieren. Wenn man beweisen möchte, dass man gut im ETF-Geschäft ist, dann muss man auch passive Strategien auflegen. Und wir bauen eine Plattform mit einem Track-Record auf. Das verschafft uns einen Vorsprung gegenüber Anbietern, die damit vielleicht erst in einigen Jahren beginnen.

Aber zahlreiche Anbieter sind bereits im ETF-Markt aktiv. Viele neue Häuser kommen hinzu. Wie wollen Sie sich von der Konkurrenz absetzen?

Paquier: Um uns in dieser überlaufenen Branche von den Wettbewerbern zu unterscheiden, müssen wir einen sehr überzeugenden Preis bieten. Die passiven ETFs sollen den Kunden unsere Kompetenz in diesem Bereich vorführen. Und als aktives Haus sind wir auch in der Lage, noch etwas mehr anzubieten.

Doch um einen günstigen Preis anzubieten, müssen Sie Skaleneffekte erzielen. Diese Kunst haben die großen Akteure weit vorangetrieben. Gelingt das auch mit einer kleinen Produktpalette und einem anfangs nicht allzu großen verwalteten Vermögen?

Paquier: Skaleneffekten kommt eine große Bedeutung zu. Wir streben natürlich danach, diese zu erzielen. Doch wir betreiben dieses Geschäft erst seit etwas mehr als zwei Jahren. Wir sind immer noch im Aufbau unserer Produktpalette begriffen. Daher zielen wir nicht darauf ab, immer der billigste Anbieter zu sein. Aber wir wollen wettbewerbsfähig sein. Und insgesamt wollen wir unseren Kunden, die wahrscheinlich mehr als einen ETF kaufen werden, ein wettbewerbsfähiges Angebot unterbreiten.

Ihr Sortiment umfasst sowohl nachhaltige als auch aktive Strategien – und Standardbarometer wie auf den Nasdaq. Welchen Fokus haben Sie?

Paquier: Wir wollen Innovationen auf den Markt bringen, aber nicht in Nischen abdriften. Wenn wir in Nischen vordringen würden, dann würde das für uns geringe Mittelzuflüsse und geringe Einnahmen bedeuten. Die ETFs, die wir auf den Markt bringen, müssen zwei Punkte erfüllen: Erstens müssen sie eine größtmögliche Anzahl an Kunden zufriedenstellen. Sowohl der größte staatliche Pensionsfonds als auch meine Großmutter muss in unsere ETFs investieren können – denn unsere ETFs werden öffentlich gehandelt und jeder muss die Logik verstehen können, die hinter ihnen steht. Zweitens müssen sie innovativ sein und nicht die zigfache Neuauflage auf ein Standardbarometer darstellen. Zugegeben: Zwischen diesen beiden Wegen wandeln wir auf einem schmalen Grat.

Die französische Bank BNP, die auch ETFs anbietet, übernimmt Axa Investment Managers. Wie wird es nach dem Zusammenschluss mit der ETF-Plattform weitergehen?

Paquier: Dazu kann ich derzeit leider noch nichts sagen.

Welche Rolle wird im ETF-Markt das Geschäft mit Privatkunden spielen?

Paquier: Das Wachstum des ETF-Markts in Europa wurde lange Zeit durch professionelle Anleger getrieben. Bei diesen nimmt die Nutzung von ETFs weiterhin zu. Viele Profi-Investoren sind erst dabei, ETFs für sich zu entdecken. Auf der anderen Seite interessieren sich auch Kleinanleger verstärkt für ETFs. Denn sie verspüren zunehmend das Bedürfnis, ihr Geld nicht einfach rumliegen, sondern für sich arbeiten zu lassen. Und dank des Smartphones in der Hand wollen sie sofort wissen, was ihr Investment gerade wert ist – und nicht erst am nächsten Tag wie bei klassischen Publikumsfonds. Wenn man kaufen oder verkaufen will, dann am selben Tag und nicht erst zwei oder drei Tage später. Die ETF-Struktur passt daher zu den Wünschen der Anleger.

Werden aktive ETFs in Europa einmal so eine große Rolle einnehmen wie in den USA?

Paquier: Der Markt für aktive ETFs in Europa hinkt dem in den USA um gut fünf Jahre hinterher. Doch ich denke, dass es noch viel Raum für Wachstum gibt, da sich der Markt für aktive ETFs in Europa erst im Anfangsstadium befindet.

Manche Beobachter billigen aktiven ETFs kein großes Wachstum unter Privatanlegern zu. Denn der Fondsvertrieb läuft über Provisionen, die ETFs ja nicht bieten können.

Paquier: Die Investmentkultur in den USA unterscheidet sich sehr von der in Europa. In Amerika sind die Menschen daran gewöhnt, ihre Spar-, Ruhestands- oder Vorsorgeprogramme selbst mit Kapitalmarktinvestments zu bestücken. Dies betreiben sie schon seit Jahrzehnten – und nutzen auch passive Investments. In Europa wird der Markt dagegen von professionellen Akteuren und Vermittlern dominiert, die stark auf aktives Management zurückgreifen. Diese Profi-Anleger verfügen heute jedoch über weniger Ressourcen für die Kapitalmarktanalyse und die Produktauswahl als noch vor einigen Jahren. Mit aktiven ETFs bleiben sie zwar aktiven Managern treu, können aber ihren Anlagekomitees oder ihren Kunden einfach zu verstehende Strategien anbieten. Daher denke ich, dass aktive ETFs in Europa erst am Anfang ihrer Erfolgsgeschichte stehen.

In Europa war bei ETFs bislang noch eine umfassende tägliche Transparenz über das Portfolio geboten. Luxemburg weicht diese Regel nun auf. In den USA gilt sie schon länger nicht mehr. Verleiht eine geringere Transparenz aktiven ETFs einen Schub?

Paquier: Vielleicht fühlen sich manche Anbieter bei halb- oder gar nicht mehr transparenten ETFs wohler damit, ihre Strategien in diesen Mantel zu hüllen. Doch in den USA sind einer Analyse zufolge 95 Prozent der erfolgreichen aktiven ETFs auch transparent. Viele Anbieter in den USA könnten also auf die Transparenz verzichten, tun es aber gar nicht. Die Anleger wiederum bevorzugen natürlich die volle Transparenz.

Wird es künftig irgendwann nur aktive ETFs geben?

Paquier: Kein Kunde ruft mich an und sagt, heute möchte ich nur noch passiv investieren oder nur noch ETFs kaufen. Die Anleger nutzen alles, sowohl aktive wie passive Ansätze und Fonds ebenso wie ETFs. Ich denke, aktive ETFs stellen eine Ergänzung dar und keinen Ersatz für herkömmliche Publikumsfonds.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)