ESG-Scores: Familienunternehmen werden zu Unrecht abgestraft
Börsennotierte Familienfirmen erhalten in ESG-Ratings oft schlechtere Noten als andere Unternehmen, beklagt Portfoliomanager Hans Peter Schupp. Er argumentiert: Wenn eine Eigentümerfamilie ein Unternehmen kontrolliert, ist das sogar gut für die Nachhaltigkeit.
Familiengeführte Unternehmen erhalten bei ESG-Ratings häufig schlechtere Bewertungen, beobachtet Hans Peter Schupp, Vorstand und Portfoliomanager bei der Bad Homburger Fondsboutique Fidecum. Das allerdings wird ihnen seiner Meinung nach nicht gerecht. Grund für das oft schlechte Abschneiden ist laut Schupp vor allem das G für "Governance" im ESG-Konzept. Kritiker werfen Familienunternehmen oft zu wenig Transparenz und zu wenig Einfluss externer Stakeholder vor.
Schupp hält dagegen: Wenn bei Mittelständlern zum Beispiel oft Familienmitglieder im Aufsichtsrat sitzen, die das Unternehmen zuvor geleitet haben, könnte dies auch von Vorteil für die Unternehmensführung sein. Der Aufsichtsrat bestehe dann zwar nicht aus externen Kontrolleuren, dafür aber aus Personen, die das Unternehmen kritisch begleiten, sagt Schupp. Solche Aufsichtsräte könnten "konstruktive Sparringspartner des Managements" sein. Ansonsten gelte mit Blick auf ESG-Ratings: "Das Thema Nachhaltigkeit hat gerade in Familienunternehmen einen hohen Stellenwert", sagt Schupp. Schließlich sind Eigentümerfamilien typischerweise an einer langfristigen und kontinuierlichen Wertentwicklung orientiert.
Familien sind konsequenter und ausdauernder
Er verweist auf eine Studie von Crédit-Suisse-Research aus dem Jahr 2020: Demnach sind die durchschnittlichen ESG-Scores von Familienunternehmen zwischen 2014 und 2019 deutlich stärker gestiegen als die anderer Unternehmen. Treiber seien vor allem Umweltthemen und Soziales, sagt Schupp. Wenn Eigentümerfamilien das Sagen haben, sieht er das als positiven Faktor: "Denn die Familien haben den langen Atem, diese Prozesse auch bis zur vollständigen Umsetzung zu begleiten." (fp)