AfW-Vermittlerbarometer: ESG-Präferenzabfrage ist gescheitert
Kunden zeigen wenig Interesse daran, ihre ESG-Präferenzen mit einem Finanz- oder Versicherungsberater zu besprechen. Die Abfrage verunsichert Vermittler und ihre Klientel, zeigt das 17. AfW-Vermittlerbarometer. Der Verband setzt sich für eine Aussetzung der Abfragepflicht in der jetzigen Form ein.
Die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen, die Versicherungsvermittler bereits seit dem 22. August 2022 und Finanzanlagenvermittler seit dem 20. April 2023 verpflichtend vornehmen müssen, bleibt ein praxisfernes Regulierungselement. In der täglichen Beratung hat die Befragung kaum Relevanz. Zu diesem Ergebnis kommt das 17. AfW-Vermittlerbarometer, für das der Branchenverband im Oktober und November 2024 1.173 Finanz- und Versicherungsprofis befragt hat.
Der Studie zufolge äußern lediglich 21 Prozent der Anlagekunden der befragten Vermittler überhaupt ein Interesse daran, ihre Nachhaltigkeitspräferenzen zu besprechen. 2022 waren es noch 53 Prozent gewesen. 68 Prozent geben an, das Thema sei ihnen gleichgültig. Elf Prozent lehnen die Abfrage sogar kategorisch ab.
Produktqualität lässt zu wünschen übrig
"In der öffentlichen Wahrnehmung sind derzeit Themen wie Migration, Inflation und geopolitische Risiken deutlich präsenter als die Nachhaltigkeitsdiskussion", erklärt Norman Wirth, Vorstandsmitglied des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung. Auch die Qualität von nachhaltigen Finanz- und Versicherungsprodukten lasse weiterhin zu wünschen übrig. So zeigt das Vermittlerbarometer, dass nur knapp die Hälfte der Befragten (47,6 Prozent bei Finanzanlagen, 45,5 Prozent bei Versicherungen) die angebotenen Produkte als ausreichend einstuft.
Geht es darum, nachhaltige Investmentfonds auszuwählen, greifen 49 Prozent der Umfrageteilnehmer auf ESG-Ratings zurück. Jeder Vierte nutzt Gütezeichen und -siegel wie das FNG-Siegel. 16 Prozent informieren sich über einschlägige Portale. 30,3 Prozent können keine konkrete Quelle benennen.
Erheblicher Aufwand, kein erkennbarer Nutzen
Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung sieht die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung als gescheitert an. Sie führe nicht nur zu erheblichem Beratungsaufwand ohne erkennbaren Kundennutzen, sondern verunsichere sowohl Kunden als auch Vermittler.
"Wir begrüßen ausdrücklich die in Brüssel angestoßenen Bemühungen um eine Vereinfachung der Prozesse und setzen uns für klare, verständliche Kategorien ein", stellt Wirth fest. Ebenso unterstütze der AfW den Vorschlag seines Partnerverbands Votum für eine Aussetzung der Abfragepflicht in der derzeitigen Form. "Dieser Vorstoß ist im Sinne einer praxisnahen Regulierung und steht für ein notwendiges Umdenken", so Wirth.
Deutliche Kritik in Berlin und Brüssel
Der AfW hat in Berlin und in Brüssel bereits deutlich Kritik an der bestehenden Ausgestaltung der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage geäußert, unter anderem bei Konsultationen der Europäischen Kommission, der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA und der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA. (am)