Frank Grund, Bafin-Exekutivdirektor für die Versicherungsaufsicht, gilt als besonnener und diplomatischer Mann. Daher ist seine Reaktion auf dem Versicherungstag der "Süddeutschen Zeitung" bemerkenswert, wo er im Zusammenhang mit der von seiner Behörde angestoßenen Diskussion um die Kosten von kapitalbildenden Lebensversicherungen und damit auch der Vertriebsprovisionen sehr deutliche Worte sprach. "Wenn wir es noch nicht einmal schaffen, Exzesse in der Provisionsgestaltung angemessen einzudämmen, dann ist aus meiner Sicht der Branche nicht mehr zu helfen", zitiert ihn die "SZ". 

Noch einmal zur Einordnung: Die Bafin hat Pläne für einen Provisionsdeckel bei Lebenspolicen schon vor einiger Zeit in der Schublade verschwinden lassen. Dennoch sind ihr die hohen Kosten einiger Versicherungsanlageprodukte ein Dorn im Auge. Um zumindest die Ausreißer bei den Kosten, inklusive der Vergütungen für den Vertrieb, in den Griff zu bekommen, hat sie am 31. Oktober 2022 ihr "Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten" veröffentlicht. Bis Mitte Januar konnte die Branche dazu Stellung nehmen, demnächst will die Bafin ihre Maßnahmen offiziell verkünden.

Verbände kritisieren Bafin-Merkblatt
Das angekündigte Maßnahmenpaket der Bafin wurde von Verbänden der Vermittler zum Teil heftig kritisiert. Zudem versuchen sie, gegen das Paket vorzugehen – zum offenbar deutlichen Missfallen von Versicherungsaufseher Grund. Er betrachtet der "SZ" zufolge den Plan der Bafin als letzte Chance, ein Provisionsverbot zu verhindern. Das droht im Moment auf europäischer Ebene für Anlageprodukte, allerdings ist der Schritt zu Versicherungsanlageprodukten nicht weit. Schließlich, so Grunds Argumentation, bestehe die Hoffnung, dass es zu keinem Verbot kommt, wenn Exzesse unterbunden werden. "Wenn das jetzt nicht klappt, dann kann man europäischen Argumenten kaum noch etwas entgegenhalten", sagte er laut der "Süddeutschen Zeitung".

Bei der aktuellen Bundesregierung steht ein Provisionsverbot für Anlageprodukte nicht oben auf der Agenda. Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP hat sich zu Jahresbeginn öffentlich für die Beibehaltung der Provisionen ausgesprochen. Und im Juni 2022 hatte das Bundesfinanzministerium in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Union im Namen der Bundesregierung ein Provisionsverbot für Lebensversicherungen verneint. (jb)