Branchenlobby: Warum US-Fonds wirklich günstiger sind als europäische
Amerikanische Fonds gelten als durchweg günstiger als ihre europäischen Pendants. Ein Grund ist die Größe, stellte etwa die EU-Aufsicht fest. Doch der europäische Fondsverband hält dagegen. Rechnet man alle Aufwendungen zusammen, seien UCITS nicht in jedem Fall teurer – und das habe andere Gründe.
Der europäische Fondsbranchenverband EFAMA wehrt sich gegen einen Vergleich der Gebühren auf dem Kontinent mit dem Kostenniveau bei US-amerikanischen Fonds. Die EU-Finanzmarktaufsicht ESMA hatte im Januar eine Analyse der Fondskosten für Retailanleger veröffentlicht und dabei "erhebliche Unterschiede in der Höhe der Fondskosten zwischen der EU und den USA" festgestellt.
Die ESMA verweist als einen der Gründe für das höhere Kostenniveau in Europa darauf, dass US-Publikumsfonds im Schnitt deutlich größer sind. So verwalten US-Anteilsklassen im Schnitt ein Volumen in Höhe von 810 Millionen Euro, UCITS-Anteilsklassen aus der EU dagegen lediglich 71 Millionen Euro. Zudem würden mit zunehmendem Fondsvolumen im amerikanischen Markt die Gebühren deutlich sinken.
"Ähnliche Klassen vergleichen"
Die europäische Branchenlobby wendet nun ein, dass der Vergleich hinke. "Es wird oft behauptet, dass US-Investmentfonds durchweg billiger sind als UCITS", argumentiert EFAMA-Generaldirektor Tanguy van de Werve. "Eine genauere Analyse zeigt jedoch, wie wichtig es ist, ähnliche Anteilsklassen zu vergleichen und zwischen Produktkosten und Gesamtkosten zu unterscheiden."
Denn auf dem alten Kontinent würden die für Retailanleger ausgewiesenen Fondsgebühren auch die Kosten für Beratung und Vertrieb enthalten. In den USA wiederum würden diese Kosten gesondert anfallen und seien nicht von den ausgewiesenen Fondsgebühren erfasst.
Mit oder ohne Beratung
Die EFAMA verweist dabei auf zwei eigene frühere Untersuchungen. Rechne man Beratungs- und Vertriebskomponenten aus den Aufwendungen heraus, so kämen etwa aktive UCITS-Aktienfonds im einfachen Schnitt auf jährliche laufende Kosten von 1,04 Prozent, die US-Pendants dagegen auf 1,14 Prozent zum Stand per Ende 2022.
Betrachte man wiederum die gesamten Kosten, die für den Besitz eines UCITS für Retailanleger anfallen, so lägen diese im einfachen Schnitt bei 1,68 Prozent für aktive Strategien, wie die EFAMA in einer zweiten Analyse mit Stand 2020 errechnet hatte. Demnach seien die Kosten für den Besitz eines US-Fonds nur dann günstiger, wenn die Gebühren der Investmentberater geringer als 0,59 Prozent pro Jahr seien.
"Größere Verhandlungsmacht"
Betrachte man wiederum die durchschnittlichen Gebühren nach dem Volumen gewichtet, so seien die US-Publikumsfonds deutlich günstiger als UCITS, räumt die EFAMA ein. Der Hauptgrund für diese Differenz sei aber, dass viele amerikanische Publikumsfonds für die private Altersvorsorge genutzt würden. Dem US-Branchenverband ICI zufolge entfalle rund die Hälfte des US-Fondsvolumens auf vom Arbeitgeber geförderte Pensionspläne oder individuelle Ruhestandskonten.
"Fonds in Rentensparplänen weisen in der Regel niedrigere Kosten aus als die Fonds, die Privatanlegern bei Banken zur Verfügung stehen", argumentiert die EFAMA. Die Rentensparpläne würden eine große Anzahl von Teilnehmern bündeln, weshalb hier institutionelle Anteilsklassen mit niedrigeren Kosten zum Einsatz kämen. Darüber hinaus hätten die Anbieter der Rentensparpläne eine "größere Verhandlungsmacht, um niedrigere Gebühren mit den Asset Managern auszuhandeln".
Daten beim Vertrieb abfragen
Die ESMA hat bereits auf diese Argumentation der Branchenlobby reagiert. Im November 2024 hat die Behörde eine Untersuchung angekündigt, welche auch die Kosten erfassen soll, die vom Anleger an den Vertrieb gezahlt werden. Abgefragt werden die Daten diesmal sowohl bei den Produkterstellern als auch beim Vertrieb. Die ESMA nannte hier Wertpapierfirmen, selbstständige Finanzberater und Neo-Broker. Die Ergebnisse sollen bis Oktober 2025 an das Europäische Parlament und die EU-Kommission übermittelt werden. (ert)