Bundesfinanzminister macht Front gegen Provisionsverbot
In der deutschen Finanzbranche geht die Angst um, dass Brüssel ein Provisionsverbot bei Anlageprodukten sowie Lebensversicherungen einführen möchte. Allerdings haben die Gesellschaften einen prominenten Verbündeten: Finanzminister Christian Lindner macht sich in Brüssel für Provisionen stark.
Viele deutsche Anlageberater schauen derzeit besorgt nach Brüssel. Anlass ist die Ankündigung von EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness, die Kommission prüfe im Zuge ihrer sogenannten Retail-Investment-Strategie ein mögliches Provisionsverbot in der Anlageberatung. Zudem fürchten die Interessensvertreter von Versicherungsvermittlern, dass ein Provisionsverbot bei Investments auch auf Lebensversicherungen überschwappen könnte. Nun bekommen die Vermittler aber Rückendeckung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).
Der FDP-Vorsitzende macht sich bei McGuinness für die Provisionspraxis deutscher Banken und Versicherungen stark, wie das "Handelsblatt" berichtet. In einem Brief an die Finanzkommissarin vom 28. Dezember, der der Zeitung vorliegt, schreibt Lindner, dass er "sehr besorgt" sei, dass McGuinness als Teil der geplanten Kleinanlegerstrategie möglicherweise ein allgemeines Provisionsverbot verhängen wolle. Ein solches Verbot wäre ein "bedeutender Rückschritt" bei den Bemühungen, das Anlegen auf den europäischen Kapitalmärkten zu stärken.
Lindner plädiert für "differenzierte Herangehensweise"
McGuinness und andere Befürworter eines Provisionsverbots argumentieren, dass dieses zu günstigeren Produkten und unabhängiger Beratung für Anleger führe. Lindner kontert das mit dem Verweis darauf, das derzeitige Modell überlasse dem Anleger die Entscheidung, ob er sich für eine Beratung auf Provisions- oder Honorarbasis entscheide. Es sei wichtig, diese "differenzierte Herangehensweise" beizubehalten. (Lesen Sie dazu auch den Kommentar "Provisionsverbot voraus? Die Branche hat längst eine Lösung gefunden" von FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch.)
Im Versicherungssektor müssten Produkte zur Altersvorsorge leicht zugänglich sein, schreibt der Finanzminister. Der provisionsbasierte Vertrieb ermögliche es den Verbrauchern, Beratung und schnellen Zugang zu solchen Produkten zu bekommen, ohne das Risiko, für die Beratung bezahlen zu müssen, wenn ein Vertrag nicht zustande komme. Er sei besorgt, dass ein Provisionsverbot die Beratung in Fällen verhindern würde, in denen sie am meisten benötigt werde. (jb)