BVI: Neue Regierung muss dringend Reformen angehen
Altersvorsorge, Investitionen in die Infrastruktur und Zukunftsfinanzierungsgesetz II: Nach der Wahl sollte die Berliner Politik zügig wichtige Reformen umsetzen, fordert der deutsche Fondsverband BVI. Vom europäischen Gesetzgeber in Brüssel verlangt der Verband Bürokratieabbau und Deregulierung.
Der deutsche Fondsverband BVI appelliert an die Politik, nach der Bundestagswahl am 23. Februar schnell Entscheidungen zu zentralen Finanzthemen zu treffen. "Deutschland hat einen immensen Reformstau zu Lasten der Sparer, der Infrastruktur und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes", sagt Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Auf nationaler Ebene sowie auf Ebene der Europäischen Union (EU) seien Deregulierung und Bürokratieabbau notwendig. "Die Überregulierung verursacht hohe Kosten. Dieses Geld wäre in Technologie besser investiert", so Richter.
Einen wichtigen Punkt sieht er in einer renditestarken, flexiblen Altersvorsorge, die die Bundesbürger dringend benötigten. In den vergangenen Legislaturperioden sind mehrere Reform-Anläufe gescheitert. "Die nächste Regierung sollte die Reform zügig angehen. Für eine größere Verbreitung muss das Produkt attraktiv sein", erklärt Richter. Dazu gehörten vor allem weniger Bürokratie in Form von Anträgen bei Behörden und mehr Freiheit in der Ein- und Auszahlphase. Ein Wegfall des gesetzlichen Zwangs zu Garantien und lebenslanger Verrentung würde den Sparern höhere Renditechancen und mehr Wahlfreiheit eröffnen.
Deutsche Fonds könnten größeren Beitrag leisten
Für die Sanierung und den Ausbau der Infrastruktur in Deutschland wird bekanntlich privates Kapital benötigt. "Fonds könnten einen erheblichen Beitrag leisten. Bisher verhindern jedoch steuerrechtliche Rahmenbedingungen, dass deutsche Fonds in großem Umfang in inländische Infrastrukturprojekte wie Erneuerbare-Energien-Anlagen investieren", so Richter. Das habe zur Folge, dass deutsches Kapital an Portfoliomanager im Ausland und von dort nicht in deutsche, sondern in ausländische Projekte fließt.
Der durch den Bruch der Ampel-Regierung gestoppte Entwurf für ein zweites Zukunftsfinanzierungsgesetz hätte für Fonds den Weg für langfristige Investitionen vor allem in die deutsche Infrastruktur geebnet. "Der Entwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz II war gut. Die neue Regierung sollte ihn wieder aufgreifen", findet der BVI-Hauptgeschäftsführer.
Viele Regeln, wenig Mehrwert
Die EU müsse endlich die bislang überbordende Bürokratie abbauen und Mut zur Deregulierung aufbringen, so Richter. Denn die Vielzahl der Detailregeln, die häufig keinen Mehrwert für die Anleger bringen und teilweise sogar widersprüchlich sind, verursache unverhältnismäßig hohe Kosten. Die europäische Asset-Management-Branche falle nicht zuletzt dadurch im globalen Wettbewerb immer weiter zurück.
Die neue EU-Finanzmarktkommissarin Maria Luís Albuquerque sollte Regulierungsvorhaben nach Richters Meinung kritisch prüfen. "Sie kann sofort mit der EU-Kleinanlegerstrategie anfangen und diese gar nicht erst Gesetz werden lassen", erklärt er. Das Vorhaben erreiche kein einziges wichtiges politisches Ziel, bringe weder Kleinanleger an die Kapitalmärkte, noch stärke es den Anlegerschutz.
Berichtsanforderungen an die Asset Manager reduzieren
Erste Schritte zum Bürokratieabbau plant die EU-Kommission in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die in wenigen Wochen erwartete "Omnibus-Initiative" der Kommission soll den Regelwust vereinfachen und entschlacken. "Diese Initiative ist gut. Die EU-Kommission darf jedoch bei den Unternehmen nicht aufhören, sondern muss gleichzeitig auch die Berichtsanforderungen an die Asset Manager reduzieren", fordert Richter. Diese sind schließlich auf ESG-Unternehmensdaten angewiesen, um ihre eigenen Pflichten erfüllen zu können. "Wir brauchen einen Wandel hin zu Vorschriften, die für Aufsicht, Branche und Anleger praxistauglich sind und nachhaltiges Investieren wirksam unterstützen", so Richter.
Die Ausgaben der Finanzindustrie für Marktdaten steigen seit Jahren, teilweise massiv. Auch Fondsgesellschaften sind gesetzlich verpflichtet, Börsenpreise, Benchmarks, Ratings und andere Daten von Drittanbietern zu nutzen. Diese werden von Börsen, Ratingagenturen und von Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung wie großen Index- und Datenanbietern zur Verfügung gestellt.
"EU Data Vendor Act" gefordert
Die Unternehmen könnten die Vertragsbedingungen aber einseitig festsetzen, weil die Nachfrager wie zum Beispiel Fondsgesellschaften nicht auf diese Daten verzichten können, so der BVI. "Wir fordern einen 'EU Data Vendor Act', der das Geschäftsgebaren dieser Unternehmen reguliert", erklärt Richter. "Denn wenn wir das nicht tun, wird der bereits erhebliche Kostendruck in der Fondswirtschaft noch weiter zunehmen – auch zum Nachteil der Anleger." (am)