BVI-Wunschzettel: Abgeltungsteuer ja, Systemrelevanz nein
Der deutsche Fondsverband hat auf seiner Jahrespressekonferenz eigene Forderungen an die Politik zur Stärkung der Branche formuliert – und dabei auch Lob verteilt. Eine Dauerkritik aber bleibt: Dass die Deutschen zu wenig und falsch vorsorgen.
Der deutsche Fondsverband BVI hat am Dienstag die Jahreszahlen für 2016 vorgestellt und zugleich – es ist schließlich Wahljahr – an die Politik appelliert, die Sicherung des gesellschaftlichen Wohlstands mit Investmentfonds zu fördern statt zu behindern. "Fonds bringen das Kapitalangebot der Anleger mit der Kapitalnachfrage von Unternehmen und Staaten weltweit zusammen. Sie ermöglichen Wachstum und Innovation. Und sie sind das Rückgrat der Altersvorsorge in Deutschland", sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Richter.
So beträgt der Anteil der europäischen Fondsbranche an Aktien europäischer Unternehmen 16 Prozent und an Anleihen europäischer Staaten zwölf Prozent. In Deutschland hält die deutsche Fondsbranche rund zehn Prozent der deutschen Aktien. "Fonds ermöglichen Privatanlegern schon mit kleinen Anlagebeträgen die Teilhabe am weltweiten Wirtschaftswachstum", so Richter. "Ob und wie die Bürger diese Möglichkeit nutzen, hängt aber stark von den politischen und regulatorischen Weichen ab." Das reiche von der Finanzmarktpolitik bis zur öffentlichen Förderung.
Systemrelevanz: FSB-Vorschläge überzeugen
Als nur konsequent sieht Richter in diesem Zusammenhang die international geführte Diskussion um die Systemrelevanz von Asset Managern und Fondsanbietern. Statt aber pauschal die schiere Größe als Kriterium heranzuziehen, konzentriert sich der Finanzstabilitätsrat FSB nun auf die Behebung struktureller Schwachstellen in der bestehenden Fondsregulierung.
Seine abschließende Empfehlung an die nationalen Aufsichtsbehörden lautet, die Systemrelevanz nach den Aktivitäten im jeweiligen Fonds und ihre möglichen Auswirkungen auf das Finanzsystem zu beurteilen. "Das ist der richtige Weg. Fonds verwalten das Geld ihrer Anleger als Treuhänder. Anders als Banken und Versicherungen nehmen sie das Kapital nicht auf ihre eigene Bilanz", gibt Richter zu verstehen. Ziel der Regulierung müsse es sein, die einzelnen Risiken in den jeweiligen Fonds zu regeln, statt pauschale Anforderungen an das Eigenkapital zu stellen. "Marktrisiken sind keine Systemrisiken", stellt Richter klar.
Handlungsbedarf sieht der FSB vor allem für den fall einer panikartigen Anlegerflucht aus Fonds und den daraus resultierenden Liquiditätsrisiken. "Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil, es ist durchaus sinnvoll, das bestehende Instrumentarium zur Liquiditätssteuerung zu erweitern", sagt Richter.
Unwort "Schattenbanken"
Kritisch sieht der BVI dagegen, dass die G20 den Begriff der Schattenbank wieder auf die Regulierungsagenda gesetzt haben. Selbst der FSB spreche inzwischen von "Non-Bank Credit Intermediaries" statt populistisch von Schattenbanken. Dazu Richter: "Wir haben mit diesem Kampfbegriff schlechte Erfahrungen gemacht. Dadurch sind streng regulierte Investmentfonds zeitweise in einen Topf mit unregulierten Hedgefonds geraten. Fonds sind aber weder Banken, noch agieren sie im Schatten. Es gibt kaum eine Branche, die so gut ausgeleuchtet ist wie das Fondsgeschäft. Bei vielen Aufsehern hat der Begriff aus gutem Grund ausgedient."
Wenn Deutschland, das derzeit die G20-Präsidentschaft innehat, schon nicht auf den Schattenbankenbegriff verzichten wolle, sollte sie ihn wenigstens so definieren, dass der Branche daraus keine weiteren Reputationsschäden entstehen, so Richter.
Mehr Teilhabe privater Anleger am Produktivkapital
Bei der Vermögensbildung, die den Begriff auch verdient, habe Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern unverändert einiges nachzuholen. Der Anteil direkter und indirekter Aktionäre in der Bevölkerung liegt bei 14 Prozent. Zum Vergleich: In den USA ist über die Hälfte der Bevölkerung direkt oder indirekt am Wirtschaftswachstum beteiligt, maßgeblich über das System der betrieblichen Altersversorgung.
Quelle: BVI
Der BVI plädiert daher für eine kapitalmarktorientierte Altersvorsorge nach dem Vorbild der USA. Kontraproduktiv wären Maßnahmen, die zu einer weiteren steuerlichen Diskriminierung von Aktien oder zu einer Lenkungswirkung hin zu anderen Produkten führen würden. Dazu Richter: "Wertpapiersparen darf nicht benachteiligt werden. Der BVI lehnt daher die Abschaffung der Abgeltungsteuer und die Wiedereinführung einer Eigenheimzulage ab."
Betriebliche Altersversorgung: Auf Garantien verzichten
Die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) ist der Branche ein großes Anliegen. Der BVI wertet den Regierungsentwurf zum Betriebsrentenstärkungsgesetz als einen Meilenstein für deren Weiterentwicklung. Bei einigen Punkten gibt es aber noch Verbesserungsbedarf. "Die reine Beitragszusage sollte auch nicht-tarifvertraglich organisierten Arbeitgebern ermöglicht werden und zudem für alle Durchführungswege gelten", so Richter. Das im Raum stehende Garantieverbot sei eine wichtige Stellschraube, um die Rendite der Produkte zu erhöhen. Hier dürfe es aber kein Wahlrecht für die Produktanbieter geben, um kein Gefälle entstehen zu lassen.
Auch bei Riester-Varianten gehörten die Beitragsgarantien zwecks Rendite auf den Prüfstand, findet Richter. Der BVI-Hauptgeschäftsführer plädiert außerdem dafür, ein freiwilliges Opting-Out auch für nicht-tarifvertraglich organisierte Arbeitgeber zu ermöglichen. (fp)