Bei Schenkungen von Vermögenswerten an nachfolgende Generationen können beachtliche Steuern anfallen. Eine Möglichkeit, dem Finanzamt ein Schnippchen zu schlagen und die Steuern zu senken, ist der Nießbrauch bei Wertpapieren. Dessen konkrete Ausgestaltung sollte mit Unterstützung eines Steuerberaters geplant werden, denn es gibt im Detail eine Vielzahl von Regeln zu beachten. Die Redaktion gibt aber ein paar grundsätzliche Hinweise.

Beim Nießbrauch handelt es sich rechtlich um die Trennung von Eigentum und Nutzung einer Sache: Ein Besitzer behält lediglich das Eigentum, während er das unveräußerliche und unvererbliche Recht auf Nutzung und sogenannte "Fruchtziehung" an einer Sache abgibt. Juristen unterscheiden zwischen einem Vorbehaltsnießbrauch, bei dem der bisherige Besitzer das Eigentum überträgt, sich aber die Nutzung vorbehält, und dem Zuwendungsnießbrauch, bei dem es genau umgekehrt ist. Im deutschen Recht sind die Regeln für Nießbrauch in den Paragrafen 1030 bis 1089 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) festgelegt. Einschlägig für den Nießbrauch bei Wertpapieren ist Paragraf 1081 BGB. 

Ausgleich für Verzicht
"Der Vorteil des Vorbehaltsnießbrauchs bei Vermögensübertragungen beruht darauf, dass der Gesetzgeber dem Nießbrauchbesteller oder Eigentümer eine Steuerermäßigung im Ausgleich dafür zugesteht, dass er auf etwas verzichtet", sagt Wolfgang Müller, Vorstand der WM Treuhand & Steuerberatungsgesellschaft aus Limburg. Die genaue Ermäßigung hängt von der Höhe und der Laufzeit der dem Nießbrauchnehmer zugestandenen Fruchtziehung ab.

Darunter fallen Ausschüttungen aus Fonds, Dividenden von Aktien oder Zinszahlungen von Anleihen, die der ehemalige Besitzer mit der Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag von insgesamt 26,375 Prozent versteuern muss. Die seit Anfang 2018 geltenden Vorschriften zur Besteuerung von Fondserträgen muss er ebenfalls beachten – eingeschlossen der bei thesaurierenden Fonds zu entrichtenden Vorabpauschale. Zu solchen Fonds unten mehr.

Die Berechnung 
Für die Berechnung des Nießbrauchwerts bei einem Depot wird der prozentuale Durchschnitt der Wertentwicklung der vergangenen vier Jahre genommen. Paragraf 16 Bewertungsgesetz (BewG) deckelt diese Performance auf maximal 5,37 Prozent im Jahr. Ferner wird die Lebenserwartung des Nießbrauchnehmers berücksichtigt. Hierfür zieht das Finanzamt die Nießbrauchtabelle des Bundesfinanzministeriums heran, die für Frauen und Männer getrennt für jedes Lebensalter einen "Kapitalwert" enthält, der als Multiplikator in die Berechnung des Nießbrauchwerts einfließt. Die so berechnete Summe wird vom Wert des Depots abgezogen, und der neue Eigentümer muss nur die Differenz versteuern – siehe folgende Beispielrechnungen.

Ist der Nießbrauchwert wie im ersten Beispiel so hoch, dass er den Wert des Depots unter den für den Sohn geltenden Freibetrag von 400.000 Euro drückt, entfallen alle Erbschaft- oder Schenkungsteuern. Andernfalls muss der Beschenkte die Differenz zwischen dem Depotwert abzüglich Nießbrauch und dem Freibetrag gemäß Paragraf 19 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) versteuern. Beim Verkauf des Depots zu einem späteren Zeitpunkt fallen allerdings Steuern auf mögliche Gewinne an. 

Diese Rechnung lässt sich noch gut nachvollziehen. Im Detail ist der Nießbrauch allerdings verzwickt – wenn Sie mehr Details wissen möchten, finden Sie diese ab Seite 312 in der Heftausgabe 2/2025 von FONDS professionell. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen. (jb)