Mitten in der Sommerpause liefert die Berliner Politik einen echten Knaller: Am 22. Juli 2019 hat das Wirtschaftsministerium (BMWi) den überarbeiteten Referentenentwurf für die neue, an Mifid II angepasste Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) veröffentlicht. Dieser liegt FONDS professionell ONLINE vor. Darauf hat die Branche seit Monaten mit Spannung gewartet. Schließlich signalisiert der neue Entwurf, dass es in Sachen FinVermV endlich vorangeht. 

Zwei positive Punkte fallen bei einer ersten Durchsicht ins Auge. Zum einen räumt der Gesetzgeber eine Übergangsfrist von sogar zehn Monaten ab der Verkündung der neuen Verordnung ein. Der erste Referentenentwurf vom 7. November 2018 hatte gar keine Übergangsfrist vorgsehen, was in der Branche stark bemängelt worden war.

Erleichterungen beim Zielmarkt
Der erste Entwurf hatte außerdem vorgesehen, dass Vermittler Finanzprodukte ausschließlich innerhalb der Grenzen eines definierten Zielmarkts an den Kunden bringen dürfen. Der aktuelle Referentenentwurf erlegt Vermittlern lediglich auf, den jeweiligen Zielmarkt eines Produktes zu berücksichtigen und dafür "alle zumutbaren Schritte" zu unternehmen. Die Vorschrift ist somit zumindest leicht entschärft worden.

Darüber hinaus findet sich in dem überarbeiteten Entwurf nicht allzu viel Neues. Zwar wird – anders als im Werk vom November 2018 – klar definiert, dass die neue FinVermV explizit auch für Honorar-Finanzanlagenberater mit der Erlaubnis nach Paragraf 34h GewO gelten soll. Das überrascht jedoch nicht. 

34fler und 34hler werden zu "Finanzanlagendienstleistern“
Grund ist das vor wenigen Tagen veröffentlichte Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums (BMF). Es legt fest, dass die Aufsicht über 34f- und 34h-Vermittler am 1. Januar 2021 auf die Bafin übergehen soll. Die bisherigen Erlaubnistatbestände der Paragrafen 34f und 34h GewO werden abgeschafft. Dafür wird ein neuer gemeinsamer Erlaubnistatbestand für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) geschaffen, die künftig zusammengefasst als "Finanzanlagendienstleister" bezeichnet werden. Die materiellen Regelungen der neuen FinVermV werden in das WpHG übernommen. Sobald die Änderungen im WpHG in Kraft sind, wird die FinVermV zusammen mit den Paragrafen 34f und 34h GewO außer Kraft gesetzt.

An dem wohl wichtigsten Punkt des ersten Referentenentwurfs lassen sich im überarbeiteten Werk keine Änderungen erkennen: Im Unterschied zu Banken oder Haftungsdächern mit Bafin-Lizenz nach Paragraf 32 Kreditwesengesetz dürfen bisherige 34f-Vermittler weiterhin Zuwendungen vereinnahmen, ohne dass sie diese durch qualitätsverbessernde Maßnahmen rechtfertigen müssen (lesen Sie hierzu auch den Kommentar von FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch). Wesentliche Eingriffe in die provisionsbasierte Vergütung sieht auch der überarbeitete Entwurf nicht vor. 

Sonderregelung für 34h-Vermittler
"Da es ab Januar 2021 den gemeinsamen Erlaubnistatbestand für 34f- und 34h-Vermittler geben wird, ist hinsichtlich der Provisionen natürlich eine Sonderregelung für die ehemaligen Honorar-Finanzanlagenberater nötig“, erläutert Christian Waigel, Partner der Münchner Kanzlei Waigel Rechtsanwälte. Möglicherweise werde auf die im WpHG bestehenden Vorschriften für den Honorar-Anlageberater verwiesen. Denkbar ist aber auch, dass es zu einem späteren Zeitpunkt doch wieder zu einer bergrifflichen Unterscheidung kommt.

Auch bei der Aufzeichnungspflicht für telefonische Beratungsgespräche ("Taping"), die in der Branche bereits mehrfach auf Kritik gestoßen ist, wird es offenbar bleiben. Nach dem überarbeiteten Entwurf soll das Taping für die künftigen Finanzanlagendienstleister ebenso gelten wie für Berater bei Banken. 

Keine größere Klarheit in Detailfragen
Am dem Referentententwurf vom November 2018 war häufig kritsiert worden, dass an einigen Stellen keine Details geklärt, sondern lediglich auf die Delegierte Verordnung 2017/565 der EU-Kommission zur Ergänzung der Mifid II-Richtlinie verwiesen wird. Ein Beispiel ist Paragraf 11a Absatz 3, wo im Zusammenhang mit Interessenskonflikten nur auf Artikel 27 der Delegierten EU-Verordnung Bezug genommen wird. Der überarbeitete Entwurf für die FinVermV schafft leider nicht mehr Klarheit.

"Die Vermittler werden also die für sie zukünftig geltenden Regelungen erst zusammensuchen müssen, um sie dann 'entsprechend' auf ihr Business anzuwenden", sagt Martin Andreas Duncker, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von der Kanzlei Schlatter Rechtsanwälte in Heidelberg und Mannheim. "Es wäre der bessere Weg gewesen, auf diese Verweise zu verzichten und eindeutige Regelungen direkt in die FinVermV hineinzuschreiben."

Bürokratiekosten von rund 60,7 Millionen Euro 
Interessant sind Angaben zu den Kosten für die Umsetzung der Vorschriften aus der FinVermV, die im überarbeiteten Entwurf grob beziffert werden. Die betroffenen Unternehmen würden durch die gesetzlichen Neuerungen und die damit verbundenen neuen oder geänderten Informationspflichten insgesamt um rund 60,7 Millionen Euro an Bürokratiekosten belastet, ist als Hochrechung zu lesen. Allein die Erweiterung der Aufzeichnungspflicht nach Paragraf 22 FinVermV werde geschätzte Mehrkosten in Höhe von etwa 36 Millionen Euro jährlich verursachen. Das BMF wird den überarbeiteten Referentenentwurf nun dem Bundesrat zuleiten. Dieser soll am 20. September 2019 über die neue Verordnung befinden. (am)