Die Europäische Union möchte den Kontinent zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz machen – und nimmt dafür den Finanzsektor in die Pflicht. Deshalb hat die EU-Kommission zahlreiche ambitionierte Regulierungsprojekte angeschoben. Einige davon treffen Anlageberater und Finanzvertriebe direkt, andere eher über Umwege. FONDS professionell ONLINE stellt in einer fünfteiligen Serie die wichtigsten Vorhaben vor. Heute geht es um das geplante Ecolabel für Fonds.


Sobald zumindest Teile der Taxonomie endgültig stehen, kann ein weiteres Projekt der EU-Kommission Realität werden: das Ecolabel für Fonds. Das EU-Siegel wurde 1992 eingeführt, um umweltfreundliche Alltagsprodukte zu kennzeichnen. Mancher kennt es vom Waschmittel oder von der Windelpackung. Aus Deutschland dürfen beispielsweise 45 Handgeschirrspülmittel, 38 Produkte aus der Kategorie "Innen- und Außenfarben und -lacke" und drei Campingplätze das EU-Umweltzeichen tragen. Bis Ende dieses Jahres soll das Joint Research Center der EU-Kommission Vorschläge ausarbeiten, wie die Kriterien des Ecolabels für Fonds aussehen könnten.

Die aktuellen Entwürfe sind der Branche zu streng. So sollen Aktienfonds mit Ecolabel mindestens 20 Prozent ihres Geldes in Unternehmen investieren, die ihren Umsatz mindestens zur Hälfte aus "grünen" Geschäftsfeldern erwirtschaften, bei weiteren 40 Prozent muss wenigstens ein Fünftel der Erlöse taxonomiekonform sein. Mit einem Themenfonds, der etwa auf erneuerbare Energien setzt, wäre das noch möglich, bei breit über mehrere Sektoren diversifizierten Portfolios wohl kaum. Richtig heikel wird es Branchenkennern zufolge bei Rentenfonds. Dort lautet die Idee, dass mehr als 70 Prozent des Vermögens in Anleihen investiert sein müssten, die den Green-Bond-Standard der EU erfüllen. Dafür gebe es gar nicht genügend Anleihen dieses Typs, meinen Portfoliomanager. Käme es tatsächlich zu dieser Vorgabe, wäre das Risiko einer Green-Bond-Blase real, so ihre Befürchtung.


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"Da das Ecolabel für Fonds für Privatanleger gedacht ist, brauchen wir ein ausreichend diversifiziertes Anlageuniversum", mahnt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands BVI. "Die Titelauswahl sollte nicht durch zu strenge Anlage- und Ausschlusskriterien so eingeschränkt sein, dass keine ausreichende Risikostreuung möglich ist. Ein Siegel nur für die 'grüne Nische' nützt niemandem." Richter begrüßt, dass die EU-Kommission an bereits bestehenden Fonds testen möchte, ob die Investitionskriterien praktikabel sind. Die Ergebnisse sollen bis Mitte 2020 vorliegen und bei der Ausgestaltung des Ecolabels beachtet werden.

"Klimafreundliche Panzerproduktion"
Wesselin Kruschev, Managementberater beim Consultinghaus Capco, erwartet, dass künftig nicht nur Umweltaspekte den Ausschlag für das Ecolabel geben, sondern auch soziale Kriterien, sobald die entsprechende Taxonomie vorliegt. "Die Anleger möchten ja nicht in die klimafreundliche Panzerproduktion investieren", sagt er.

Mit Blick auf die Anlageberatung fürchtet Kruschev, dass sich als Konsequenz der ESG-Regulierung die Produktauswahl für Privatkunden weiter reduziert. "Viele Banken werden Anlegern, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, nur Fonds mit Ecolabel anbieten, weil sie damit auf der sicheren Seite sind", sagt er. "Alles andere fällt hinten runter." (bm)



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