Die Europäische Union möchte den Kontinent zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz machen – und nimmt dafür den Finanzsektor in die Pflicht. Deshalb hat die EU-Kommission zahlreiche ambitionierte Regulierungsprojekte angeschoben. Einige davon treffen Anlageberater und Finanzvertriebe direkt, andere eher über Umwege. FONDS professionell ONLINE stellt in einer fünfteiligen Serie die wichtigsten Vorhaben vor. Heute geht es um die Offenlegungsverordnung.


Die Frage nach der Nachhaltigkeitspräferenz und das Ecolabel werden die Punkte sein, an denen Finanzberater an der Kundenfront die ESG-Regulierung der Europäischen Union direkt zu spüren bekommen. Für ihre Arbeitgeber gibt es eine weitere Baustelle: die Offenlegungsverordnung, die schon am 10. März 2021 in Kraft treten soll. Banken und andere Wertpapierdienstleister müssen künftig darlegen, ob sie bei ihrer Beratung die wichtigsten "nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren" berücksichtigen, wie es im schönsten Bürokratendeutsch in der Verordnung heißt.

Auf die Fondsanbieter kommt noch mehr Arbeit zu, zum Beispiel gibt es gesonderte Ex-post-Informationspflichten: "Bei Nachhaltigkeitsprodukten muss die Gesamtnachhaltigkeit belegt werden, das heißt wie die ökologischen und sozialen Merkmale erfüllt wurden", erläutert Christian Waigel, Partner der Münchner Kanzlei Waigel Rechtsanwälte. "Leider können wir nicht mit einer Regulierung aus einem Guss rechnen. Die Transparenzpflichten treten wahrscheinlich in Kraft, bevor die Details der Taxonomie feststehen. Damit ist ein Umsetzungschaos eigentlich programmiert."


Wie Berater den Trend zur nachhaltigen Geldanlage nutzen, beleuchtet FONDS professionell in einem 37 Seiten starken Spezial in Ausgabe 2/2020, die Abonnenten in diesen Tagen zugestellt wird. Angemeldete KLUB-Mitglieder können die Beiträge auch hier im E-Magazin lesen.


Viel Aufwand ohne Mehrwert?
Vielleicht darf die Branche auf etwas mehr Zeit hoffen, denn ein Konsultationsverfahren zu Detailvorschriften ist wegen der Corona-Pandemie ins Stocken geraten. "Es ist fraglich, ob der Zeitplan zur Umsetzung der Offenlegungsverordnung noch zu halten ist", sagt Magdalena Kuper, Abteilungsdirektorin Recht beim Fondsverband BVI.

Würden die aktuellen Pläne Realität, müssten Fondsanbieter, die mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigten, auf Gesellschaftsebene zahlreiche Nachhaltigkeitskennziffern veröffentlichen – egal, ob sie nun ESG-Fonds anbieten oder nicht. "Da geht es um den Kohlendioxidausstoß, die Recyclingquote oder den durchschnittlichen Gender-Pay-Gap, um nur einige Beispiele zu nennen", so Kuper. "Diese Zahlen wären anfangs wohlgemerkt nicht für die einzelnen Fonds zu berechnen, sondern voraussichtlich für das Gesamtportfolio aller Produkte einer Gesellschaft. Das wäre ein gigantischer Aufwand, und wir fragen uns, welchen Mehrwert das hätte." Bis 1. September haben der BVI und andere Verbände Zeit, ihre Bedenken in Brüssel anzumelden. Diese Möglichkeit werden sie auf jeden Fall nutzen. (bm)



Die Beiträge der ESG-Regulierungsserie von FONDS professionell ONLINE: