Hamburger Emissionshaus zu Schadenersatz verurteilt
Das Landgericht Hamburg sieht es als erwiesen an, dass Steiner + Company "vorsätzliche Beihilfe" zu einer Straftat leistete. Das Hamburger Unternehmen muss einer "Kanada Real Estate Direkt"-Anlegerin voraussichtlich mehr als 18.000 Euro zahlen.
Das Landgericht Hamburg hat das Emissionshaus Steiner + Company GmbH & Co. KG und dessen Tochterfirma S + C Treuhandgesellschaft mbh zu Schadenersatz in Höhe von mehr als 18.000 Euro verurteilt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die beiden Gesellschaften vorsätzlich Beihilfe zu einem ohne Erlaubnis getätigten Einlagengeschäft geleistet haben.
Das geht aus dem Urteil hervor, das der Konstanzer Rechtsanwalt Boris-Jonas Glameyer Anfang dieses Jahres für eine Mandantin erstritten hat und das FONDS professionell ONLINE vorliegt. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, ein Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamburg läuft. Steiner + Company reagierte nicht auf eine Anfrage von FONDS professionell ONLINE.
Angebot: Anwartschaft auf kanadisches Grundstück
Der Fall: Das Emissionshaus brachte 2015/2016 das Anlageprodukt "Kanada Real Estate Direkt" an den Markt. Es bot Anlegern laut Urteilsbegründung mittels Direktinvestment "eine Anwartschaft auf Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück" in Kanada. Das Ganze sollte laut Glameyer über die ebenfalls zur Steiner-Gruppe gehörende S + C Treuhandgesellschaft mbH abgewickelt werden. Den Vertrag über die Anwartschaft selbst wurde laut Verkaufsprospekt mit einem Unternehmen namens Terra Firma Development Corporation (TFDC) geschlossen.
Der hier streitgegenständliche Vertrag hatte eine fixe Laufzeit von vier Jahren. Während der Vertragslaufzeit sollte die Klägerin, die diesen Prozess gewonnen hatte, einen jährlichen Zins von sechs Prozent des Kaufpreises erhalten. Danach sollte die Anwartschaft zum Kaufpreis wieder von dem Emissionshaus zurückgekauft werden.
Ab 2019 keine Zinsen mehr
Die Klägerin investierte im Frühjahr 2016 nach Beratung durch einen gewerblichen Finanzvermittler insgesamt 20.000 Euro plus 800 Euro Agio in diese Anwartschaft. Zunächst erhielt sie die versprochenen Zinszahlungen, in Summe 3.420 Euro. Anfang 2019 stellte das Emissionshaus die Zahlung der Zinsen aber ein, auch der Kaufpreis wurde bisher nicht zurückgezahlt. Daher klagte die Anlegerin auf Rückzahlung von 17.380 Euro – 20.800 Euro abzüglich der erhaltenen Zinsen.
Das LG Hamburg betont in seiner Urteilsbegründung, dass die Klägerin niemals Miteigentümerin an einem Grundstück werden sollte. Vielmehr liege bei der "gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung ein typischer Darlehensvertrag vor, in dessen Rahmen die Klägerin der TFDC Kapital für vier Jahre gegen Zins zur Verfügung stellt und nach Ablauf dieser Zeit das Kapital zurückerhalten sollte." Die TFDC besitzt aber nicht die für solche Einlagengeschäfte notwendige Erlaubnis gemäß Paragraf 32 Absatz 1 Satz 1 Kreditwesengesetz (KWG) und verstieß somit gegen das Gesetz.
Beihilfe, aber keine Mittäterschaft
Die beiden beklagten deutschen Gesellschaften haben dem LG zufolge zwar nicht selbst gegen das KWG verstoßen, wohl aber der TFDC Beihilfe geleistet. "Ausgehend von diesen Maßstäben ist ein vorsätzliches Handeln der TFDC als Täterin und der Beklagten als Gehilfen aufgrund der äußeren Umstände festzustellen. (…) Auch die Voraussetzungen einer vorsätzlichen Beihilfe durch die Beklagten sind gegeben", heißt es in dem Urteil. "Die Beklagten haben das Deutschlandgeschäft der TFDC im Rahmen des Anlageproduktes 'Kanada Real Estate Direkt' maßgeblich initiiert und betrieben, wobei eine Haftung als Mittäter nur deshalb ausscheidet, weil sie die Gelder (…) nicht für eigene Zwecke vereinnahmt haben."
Anwalt Glameyer weist in einem auf dem Portal "Experten.de" veröffentlichten Beitrag ferner darauf hin, dass das LG die Verjährungsfrist für geschädigte Anleger anspricht. "Demnach begann die Verjährung hier erst mit Schluss des Jahres 2019 zu laufen, in welchem die Zinszahlungen an die Klägerin erstmals ausgeblieben sind und diese deshalb Rechtsrat bei ihren Prozessbevollmächtigten eingeholt hat", so der Jurist. Folge man dieser Argumentation, könnten die Ansprüche der geschädigten Anleger möglicherweise Ende 2022 verjähren. Vermittler, die das Produkt vertrieben haben, sollten daher umgehend darüber aufklären, rät Glameyer. (jb)