Jurist: BGH öffnet Banken Weg zur Kündigung von Bausparverträgen
Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtssprechung zur Kündigung von Bausparverträgen durch Banken präzisiert: Verträge mit einer Option auf einen Zinsbonus sind weiterhin zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündbar. Darauf macht Rechtsanwalt Oliver Renner aufmerksam.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat vor knapp zwei Monaten ein weiteres wichtiges Urteil zur Klärung der Frage gefällt, ab wann eine Bausparkasse einen Bausparvertrag von sich aus vorzeitig kündigen darf. Hierüber gibt es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Banken, die Altverträge wegen der hohen Guthabenzinsen in der Sparphase gerne loswerden wollten, und Kunden, die die Verträge gerade aus diesem Grund weiterlaufen lassen.
Dabei schien alles geklärt, als der BGH im Februar 2017 entschied, dass Bausparkassen einen Vertrag mit Hinweis auf Paragraf 489 Absatz 1 Nummer 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorzeitig von sich aus stoppen können. Der Clou ist hier, dass in der Ansparphase die Bausparkasse der Kreditnehmer ist und nicht der Kunde – und daher ein Kündigungsrecht hat.
Voraussetzung ist, dass der Vertrag mindestens zehn Jahre zuteilungsreif ist, die Sparer ihren Anspruch auf ein Baudarlehen aber nicht geltend gemacht haben. Da es in der Regel sieben bis zehn Jahre dauert, bis die Darlehen zuteilungsreif sind, können die Geldhäuser die Verträge 17 bis 20 Jahre nach Abschluss kündigen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat ferner erst vor einigen Wochen präzisiert, dass die Geschäftsbedingungen einer Bauparkasse unzulässig sind, nach denen das Geldinstitut den Vertrag von sich aus 15 Jahre nach Abschluss kündigen darf.
Sondersituation Zinsbonus
Der BGH hatte Anfang vergangenen Jahres aber eine Sondersituation nicht erfasst: Tarife mit einem Zinsbonus sind nach Meinung von Experten nicht bereits zehn Jahre nach Zuteilung kündbar. Bei diesen Bonusverträgen ist es so, dass Bausparer für einen Verzicht auf das Darlehen durch Bonuszinsen rückwirkend für die gesamte Laufzeit belohnt werden. "In einem solchen Falle ist der Vertragszweck von den Parteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus erreicht ist, sodass auch erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Empfang des Darlehens im Paragrafen 489 Absatz. 1 Nr. 3 BGB aF anzunehmen ist", erklärt Rechtsanwalt Oliver Renner von der Stuttgarter Kanzlei Rechtsanwälte Wüterich Breucker. Dieser Vertragszweck ist grundsätzlich aber die Erbringung einer Ansparleistung, damit ein Bausparer dann Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens hat.
Dem Juristen zufolge war jedoch unklar, wann ein solcher Ausnahmefall gegeben ist. Die BGH-Richter entschieden nun am 10. Juli (XI ZR 135/17), dass ein bloßes Optionsrecht auf einen Zinsbonus einen solchen Ausnahmefall nicht darstellt. In dem konkreten Fall hieß es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bausparvertrages in Paragraf 3 Absatz 3: "Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus. Der Zinsbonus besteht in einer auf den Vertragsbeginn rückbezogenen Erhöhung des Guthabenszinses nach Absatz eins." Weiter legen die AGBs in Paragraf 5 Absatz 4 fest: "Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus nach Maßgabe von Paragraf drei Absatz 3.”
Optionsrecht keine Änderung des Vertragszweckes
Das oberste deutsche Gericht sieht in diesen Bedingungen laut Renner keine Modifikation des oben genannten grundsätzlichen Vertragszwecks von Bausparverträgen, die eine Kündigung nach zehn Jahren verhindern würde, sondern ein bloßes Wahlrecht des Bausparkunden: Die beiden genannten Paragrafen würden dem Bausparer lediglich die Möglichkeit einräumen, nach der Zuteilung einen Verzicht auf das Bauspardarlehen zu erklären, um rückwirkend ab Vertragsbeginn einen über den ursprünglichen Zinssatz von drei Prozent pro Jahr hinausgehenden Bonuszins für das Bausparguthaben beanspruchen zu können.
"Das dem Bausparer eingeräumte Optionsrecht ändert aber nichts daran, dass seine bis zur erstmaligen Zuteilungsreife erbrachten Ansparleistungen weiterhin zweckgebunden sind, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen, der erst in der Folge durch einen Verzicht auf das Bauspardarlehen unter Inanspruchnahmen des Zinsbonus gemäß der Paragrafen 3 Absatz 3 und 5 Absatz 4 ABB abgegolten werden kann", so die Begründung im Urteil. Mit anderen Worten: Um als Ausnahme von der Kündigungsregel gemäß Paragraf 489 BGB zu gelten, müsste der Anspruch auf den Zinsbonus von vorneherein feststehen – und keine Option darstellen.
"Mithin kommt es auf die jeweils maßgeblich vereinbarten Regelungen in den Allgemeinen Bausparbedingungen betreffend den Zinsbonus an. Mit dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs wurden die Kündigungsmöglichkeiten für Bausparkassen bei zugeteilten Bausparverträgen erleichtern", so Renners Fazit. (jb)