Die vorläufige Insolvenz des Digitalversicherers Element beschäftigt aktuell die Branche. Das auf White-Label-Policen im Sachbereich spezialisierte Unternehmen hatte laut Medienberichten zuletzt rund 400.000 Kunden, die um ihre Verträge und vor allem um die Begleichung möglicher Schäden bangen. Insolvenzverwalter Friedemann Schade arbeitet zwar daran, dass die Kunden ihren Versicherungsschutz nicht verlieren, bislang gibt es aber keine Berichte, ob er neue Risikoträger gefunden hat. Auch die Vermittler der Policen sind betroffen – Antworten auf für sie wichtige Fragen gibt es hier.

Anders gestaltet sich die Lage der Element-Vertriebspartner wie Asspario, Hepster oder Schutzgarant, die als Assekuradeure tätig sind. Welche Folgen die Element-Insolvenz für diese Gruppe hat, die in der Öffentlichkeit nicht oft in Erscheinung tritt, erläutert Rechtsanwalt Fabian Kosch von der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE.


Herr Kosch, können Sie kurz erklären, was ein Assekuradeur ist?

Fabian Kosch: Assekuradeure sind rechtlich gesehen Mehrfachagenten, die für Versicherungsgesellschaften tätig sind. Von anderen Versicherungsvertretern unterscheidet sie, dass sie eine spezielle, sehr umfassende Vollmacht der Versicherer haben und als deren verlängerter Arm agieren. Sie übernehmen Dienstleistungen wie Risikoprüfung, Schadenbearbeitung, Vertrieb und vor allem den Prämieneinzug. Nur die Schadenzahlungen machen die Versicherer, wie eben Element, in der Regel selbst.

Mit welchen Problemen sind die Assekuradeure nun konfrontiert?

Kosch: Vor allem wegfallende Einnahmen. In den Prämien sind die Provisionen enthalten, von denen die Assekuradeure einen großen Teil bekommen. Der Insolvenzverwalter möchte aber die vollständigen Prämien behalten, die die Versicherungsnehmer weiter schulden, um sie der Insolvenzmasse zuzuführen, was ja auch seine Aufgabe ist. Daher bekommen die Assekuradeure wohl nur anteilig ihre Provisionen ausgezahlt – wenn überhaupt. Sie müssen aber weiterhin ihre Dienstleistung anbieten.

In diesem Zusammenhang: Was ist mit den Provisionen für die Makler, die die Policen vertrieben haben?

Kosch: Das kommt auf den Einzelfall an. Wenn sie laufende Courtagen aus Prämienzahlungen vereinbart haben, dürften sie keine mehr erhalten. Anders sieht es aus, wenn sie etwa fixe Zahlungen pro vermittelten Vertrag erhalten. In diesem Fall müssten sie weiterhin Courtagen beziehen. Dies hängt von den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Maklern und dem jeweiligen Assekuradeur ab.

Warum suchen die Assekuradeure nicht neue Risikoträger?

Kosch: Das machen sie sicherlich, denn dafür haben sie mehrere gute Gründe. Unter anderem hat Element viele Wohngebäudepolicen abgeschlossen. Da kommen im Schadenfall hohe Summen zusammen, mit denen kein Assekuradeur und auch kein Vermittler seine Kunden allein lassen möchte. So einfach ist die Suche nach einem neuen Versicherer aber nicht. Die Assekuradeure laufen Gefahr, dass der Insolvenzverwalter die Bestände nicht frei gibt. Dass die Bafin ebenfalls nach einem neuen Risikoträger sucht, ist auch nicht zwingend von Vorteil, da ein möglicherweise von der Behörde gefundener Versicherer den Bestand eines Assekuradeurs nicht unbedingt übernehmen möchte.

Sind Assekuradeure nicht verpflichtet, die Bilanzen ihrer Kooperationspartner genau zu prüfen, also sicherzustellen, dass die Versicherer finanziell gut aufgestellt sind?

Kosch: Im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer. Grundsätzlich besteht eine solche Pflicht nicht. Die europäische Solvency-II-Richtlinie bietet eine sehr gute Richtschnur, um die Stabilität eines Versicherers zu prüfen. Darauf und auf die Solvabilitätsberichte dürfen die Assekuradeure vertrauen. Zudem gab es auch vor dem von der Bafin verhängten Neugeschäftsverbot keine Anhaltspunkte für Probleme. Diese Aussagen gelten auch für Makler, die mit Element und den Assekuradeuren zusammenarbeiten.

Zwei Punkte noch zum Abschluss: Erwarten Sie dennoch Schadenersatzklagen gegen die Assekuradeure? Und werden Assekuradeure möglicherweise Schadenersatzklagen gegen Element anstrengen?

Kosch: Ich glaube, dass das letzte Wort dort noch nicht gesprochen ist. Ein Insolvenzverfahren ist ein Marathon und kein Sprint. Einige Assekuradeure werden nicht unerheblich Bestände verlieren, da sind Klagen sicherlich ein legitimes Mittel. Ob diese erfolgreich sein werden, kann derzeit noch nicht abgesehen werden. Aktuell sind wir ja noch immer im vorläufigen Insolvenzverfahren.

Wir danken für das Gespräch. (jb)