Kleinanlegerstrategie: Brüssel legt Regelwerk vor
Von einem generellen Provisionsverbot sieht die EU-Kommission wie versprochen ab, zumindest vorerst. An anderen Stellen möchte sie aber deutliche Verschärfungen durchsetzen. Ein erster Blick auf die Pläne aus Brüssel – und wie die Branche darauf reagiert.
Die EU-Kommission hat am Mittwochnachmittag (24.5.) in Brüssel den Entwurf ihrer sogenannten Kleinanlegerstrategie veröffentlicht. Dies berichtet das "Handelsblatt". Ziel des Regelwerkes ist es, Verbraucher noch besser zu informieren und den Anlegerschutz weiter zu stärken. Mit der Kleinanlegerstrategie wolle die EU-Kommission drei zentrale Probleme angehen, schreibt das "Handelsblatt", und zwar irreführendes Marketing, Interessenkonflikte der Anlageberater und hohe Produktkosten.
So sieht der nun präsentierte Entwurf ein Verbot von Provisionen für reine Ausführungsgeschäfte ("Execution Only") vor. Provisionen für Beratungsleistungen bleiben jedoch erlaubt. Als Beratung soll dem Entwurf zufolge nur eine persönliche, individuell auf den Kunden zugeschnittene Empfehlung gelten, so das "Handelsblatt". Die EU-Kommission behalte sich vor, in einigen Jahren doch noch ein generelles Provisionsverbot einzuführen, sofern die Branche die neuen Transparenz- und Verhaltensvorschriften nicht zu ihrer Zufriedenheit umsetze.
Neuer Test für Berater
Außerdem soll ein neuer Test für Anlageberater gewährleisten, dass diese im besten Interesse ihrer Kunden handeln. Berater werden darüber hinaus dazu verpflichtet, Privatanlegern eine breitere Produktpalette anzubieten.
Das Produktinformationsblatt, das Anlegern beim Kauf eines Finanzprodukts zur Verfügung zu stellen ist, muss dem "Handelsblatt" zufolge künftig über alle Kosten und Risiken prominent auf der ersten Seite informieren. Die europäischen Behörden für Wertpapieraufsicht (ESMA) und Versicherungsaufsicht (EIOPA) sollen einen objektiven Maßstab für jedes Anlageprodukt entwickeln, der ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis vorgibt. Liegen ein Anbieter oder ein Vertriebsunternehmen deutlich abseits dieser Richtwerte, soll das betreffende Produkt nicht zum Markt zugelassen werden.
Erleichterungen für erfahrene Anleger
Weiterhin sieht der Entwurf vor, Finfluencer einer strengeren Kontrolle zu unterstellen. Die Unternehmen, deren Produkte sie bei ihren Marketingaktionen im Internet bewerben, sollen künftig für irreführende Angaben und die daraus entstandenen Schäden haften. Erfahrene Anleger wiederum sollen in Zukunft leichter neue Produkte erwerben können, da sie nicht mehr so viele Formulare wie bisher auszufüllen brauchen.
Der Entwurf der EU-Kommission muss nun vom Europäischen Parlament und dem Rat der 27 Mitgliedstaaten beschlossen werden. Im Zuge des Gesetzgebungsprozess seien noch Änderungen zu erwarten, schreibt das "Handelsblatt". Erste Branchenverbände äußerten sich bereits zu den vorgestellten Plänen – klicken Sie sich durch unsere Bildstrecke oben. (am/bm)
Weitere Hintergründe zur Kleinanlegerstrategie finden Sie auf der Website der EU-Kommission (externer Link). Der 123-Seiten-Gesetzentwurf in englischer Sprache steht hier als PDF-Dokument (externer Link) zum Download zur Verfügung.