Kleinanlegerstrategie: Zwei Länder wollen Risikoprüfung abschaffen
Die geplanten neuen Regeln für Finanzanlagen- und Versicherungsvermittler bleiben ein Zankapfel. Nachdem im März endlich die Trilog-Verhandlungen zur Kleinanlegerstrategie gestartet sind, kommen EU-Länder mit neuen Vorschlägen – darunter der Abschaffung der Risikoprüfung bei der Anlageberatung.
Das Feilschen um Details der Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy, RIS) geht weiter. Nachdem die EU-Kommission erst kürzlich eine Liste von Optionen zur Vereinfachung erstellt hat, legen nun auch Frankreich und die Tschechische Republik ein "Non Paper" vor, also ein inoffizielles Arbeitspapier für die Diskussionen im EU-Ministerrat. Das berichtet die "Börsen-Zeitung", der das Papier vorliegt. Die Vorschläge der beiden Länder sehen eine Reihe an Erleichterungen für Berater vor.
So schlagen die beiden Regierungen vor, dass Berater im Rahmen der Vermittlung von Finanzprodukten nicht mehr die Fähigkeit des Kunden überprüfen müssen, finanzielle Verluste abfangen zu können. Auch sollen sie seine Risikotoleranz nicht mehr evaluieren müssen. Der Nutzen, den diese zusätzlichen Anforderungen für die richtige Produktauswahl schaffen, sei begrenzt, schreibt die Zeitung. Auch die Ergänzung des Angemessenheitstests um eine Diversifizierungsklausel halten die Regierungen in Paris und Prag demnach für überflüssig.
Nicht die Produkte mit den niedrigsten Kosten
Auch die in der Kleinanlegerstrategie vorgeschlagenen Verpflichtungen, unter den geeigneten Produkten diejenigen mit der besten Kosteneffizienz auszuwählen oder jene mit unnötigen Zusatznutzen auszuschließen, halten die beiden Regierungen nicht für zielführend. Das Gleiche gilt für eine eigene Nachhaltigkeits-Sektion beim Produkt-Informationsblatt. Frankreich und die Tschechische Republik wollen ferner offenbar auch nicht an der Provisionsberatung rühren.
Die Kleinanlegerstrategie, die als sogenanntes Omnibusgesetz zahlreiche Regelwerke wie die EU-Kapitalmarktrichtlinie Mifid ändert, hat eine lange Geschichte. 2022 hatte die EU-Kommission einen Regulierungsvorschlag zur Stärkung des Anlegerschutzes und zur Förderung der Investitionen im Altersvorsorgebereich vorgelegt. Im Mai 2023 veröffentlichte sie die Details ihres Entwurfs für die RIS. Wegen der Wahl eines neuen EU-Parlaments im Juni 2024 verzögerte sich der weitere Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens. Schließlich starteten die obligatorischen Trilog-Verhandlungen zwischen dem Europäischen Rat, dem Parlament und der Kommission am 18. März dieses Jahres. (jb)