Offenlegungsverordnung (4): Sonderregeln für nachhaltige Fonds
Wenn Asset Manager ihren Produkten eine nachhaltige Note verleihen wollen, müssen sie dies künftig mit Details sowie Daten unterfüttern und offenlegen. Welche Pflichten auf die Anbieter nachhaltiger Fonds zukommen, zeigt Teil 4 der Serie von FONDS professionell ONLINE zur Offenlegungsverordnung.
Die Europäische Union verankert Nachhaltigkeit in der Finanzwelt. Ein erster Schritt ist die Offenlegungsverordnung. Diese erlegt den Anbietern von Finanzprodukten wie Fonds, Kapitallebensversicherungen oder Vermögensverwaltungen zum Teil umfangreiche Veröffentlichungspflichten auf. Konkret müssen Finanzmarktteilnehmer künftig über zwei Themenkategorien Auskunft geben, die Nachhaltigkeitsrisiken und die negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Adverse Impact Indicators, PAIs). Eine Definition dieser beiden Begriffe lesen Sie im ersten Beitrag der sechsteiligen Serie von FONDS professionell ONLINE.
Die Verordnung greift auf unterschiedlichen Ebenen. Einmal verpflichtet sie Asset Manager auf Unternehmens-, zum anderen auf Produktebene zur Darlegung nachhaltiger Aspekte. Bei den Finanzprodukten unterscheidet die kurz SFDR genannte Verordnung noch einmal zwischen Fonds oder Vermögensverwaltungen mit nachhaltiger Ausrichtung einerseits und "normalen" Produkten andererseits. Dieser Serienteil betrachtet die nachhaltigen Fonds, die umfassenderen Pflichten unterliegen.
Grün in zwei Schattierungen
Die SFDR schafft innerhalb der Gruppe der nachhaltigen Fonds eine weitere Unterteilung: in "hellgrüne" Finanzprodukte nach Artikel acht sowie in "dunkelgrüne" nach Artikel neun. Erstere berücksichtigen ökologische oder soziale Merkmale bei der Investitionsentscheidung, letztere verfolgen hingegen ein angestrebtes Nachhaltigkeitsziel. Dies kann eine Minderung von Kohlenstoffemissionen oder die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sein. Teilweise werden diese auch als "Impact-Fonds" bezeichnet.
Manche Branchenvertreter sehen dies wiederum kritisch, da die SFDR eine entsprechende Definition nicht hergebe. Dennoch lassen sich in der Praxis bereits Trends erkennen, wie die Asset Manager ihre Produkte mit Blick auf den SFDR-Start klassifizieren. "Wie beobachten, dass sich ESG-Fonds tendenziell unter Artikel acht und Impact-Fonds unter Artikel neun einsortieren", berichtet Sachin Vankalas von Luxflag, einem Luxemburger Anbieter für Nachhaltigkeitssiegel.
Verschiedene Formen der Nachhaltigkeit
Tatsächlich kursieren unterschiedliche Definitionen des Themas Nachhaltigkeit. Dies rührt daher, dass neben der Offenlegungsverordnung noch weitere Regelungspakete mit Blick auf ESG-Faktoren anstehen. Eines davon ist die Ergänzung von Mifid II um die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen der Anleger. "Die Überarbeitung der Mifid II in Bezug auf die Anforderungen an nachhaltige Produkte ist noch nicht abgeschlossen. Daher ist noch offen, ob die Produkte, die nach der Offenlegungsverordnung unter Artikel acht oder neun fallen, unter Mifid II als nachhaltig klassifiziert werden", erläutert Birgit Zipper, Leiterin Regulatory & ESG Advice bei der DWS.
Ähnliches gilt für ein weiteres Großprojekt, die EU-Taxonomie. "Fonds nach Artikel acht oder neun der Offenlegungsverordnung müssen nicht automatisch in nachhaltige Aktivitäten im Sinne der Taxonomie investieren. Wegen ihres engen Fokus auf 'grüne' Aktivitäten ist die Taxonomie derzeit nicht geeignet, als Grundlage für nachhaltige Strategien zu dienen", ergänzt Magdalena Kuper, Abteilungsdirektorin Recht beim deutschen Fondsverband BVI. Dies werde von den Vertriebsstellen und Investoren häufig missverstanden.
"Auf Nummer sicher gehen"
Kaum Klarheit bei der Unterteilung brachte der jüngst veröffentlichte technische Regulierungsstandard, kurz RTS. Dieser soll die Regelungen der Verordnung verfeinern. Eine klarere Abgrenzung zwischen Fonds nach Artikel acht und neun ist erst im weiteren Verfahrensverlauf von der EU-Kommission zu erwarten. Angesichts der unklaren Lage mahnen Experten die Produktanbieter zur Vorsicht. "Asset Manager sollten auf Nummer sicher gehen", warnt Adrian Whelan, Regulierungsexperte von Brown Brothers Harriman in Dublin. "Wenn sie zu viel versprechen und zu wenig liefern, kann dies aufsichtsrechtliche oder kommerzielle Konsequenzen haben." Sprich: Es drohen Strafen – oder enttäuschte Anleger ziehen Geld ab.
Die Vorgaben aus den Artikeln acht und neun lassen sich zu folgenden Punkten zusammenfassen: "Für beide Finanzprodukte gelten zusätzliche Offenlegungspflichten in vorvertraglichen Dokumenten, im regelmäßigen Reporting sowie auf der Website, wobei sich die Anforderungen zwischen beiden Produktarten unterscheiden", führt Andrea Flunker von Deloitte aus. "Besonders hervorzuheben ist dabei, dass die Berücksichtigung der Merkmale beziehungsweise die Zielerreichung der Nachhaltigkeitswirkung möglichst anhand von Indikatoren quantifiziert und mit einem Index oder einer Benchmark verglichen werden sollen."
Für die genauen Angaben nach Artikel acht und neun veröffentlichten die EU-Regulierer im Anhang des technischen Regulierungsstandard Dokumentvorlagen. Nach diesen Mustern können die Anbieter für ihre Finanzprodukte dann die geforderten Angaben für die Fondsprospekte sowie die regelmäßigen Berichte erstellen. Dennoch bleibt bislang offen, wie Anbieter ihre Produkte einordnen – und wie Vertriebe diese Klassifizierung den Kunden erklären sollen. (ert)
Die sechs Teile der Serie auf FONDS professionell ONLINE:
- Offenlegungsverordnung (1): Grundlagen und wichtige Begriffe (27.1.2021)
- Offenlegungsverordnung (2): Pflichten für Asset Manager (3.2.2021)
- Offenlegungsverordnung (3): Vorschriften für "normale" Fonds (10.2.2021)
- Offenlegungsverordnung (4): Sonderregeln für nachhaltige Fonds (17.2.2021)
- Offenlegungsverordnung (5): Was Finanzberater beachten müssen (24.2.2021)
- Offenlegungsverordnung (6): Regeln für Versicherungsvermittler (3.3.2021)
Hier finden Sie den Original-Text der Verordnung (externer Link).