Scheinselbstständiger Handelsvertreter? Deutsche Bank atmet auf
Ein Rechtsstreit über den sozialrechtlichen Status eines Handelsvertreters endet zugunsten der Deutschen Bank. Das Bundessozialgericht ließ keine Revision mit Blick auf ein vorheriges Urteil zu. Andernfalls hätte das Geschäftsmodell des Mobilen Vertriebs in Frage gestanden.
Die Deutsche Bank hat einen über vier Jahre dauernden Rechtsstreit gegen die Deutsche Rentenversicherung (DRV) gewonnen. In dem Verfahren ging es um die Frage, ob ein ehemaliger Berater des Mobilen Vertriebs der Bank selbstständig oder abhängig beschäftigt war. Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hatte am 9. April dieses Jahres in einem Beschluss (Az. B 12 BA 13/24 B) die Nichtzulassungsbeschwerde des betroffenen Beraters zur Revision als unzulässig abgelehnt.
Das BSG schreibt in seiner Begründung, die FONDS professionell ONLINE vorliegt, dass die in der Beschwerde aufgeführten Begründungen "nicht die Anforderungen an die Darlegung eines entscheidungserheblichen Verfahrensmangels erfüllen". Die Pressestelle des Gerichts bestätigte den Fall auf Nachfrage der Redaktion.
Abhängig beschäftigt?
Damit ist das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) vom 22. Feburar 2024 (Az. L 8 BA 36/21) rechtskräftig, das eine abhängige Beschäftigung des Beraters verneinte. Das Sozialgericht Frankfurt hatte das in erster Instanz noch anders gesehen (Urteil vom 8. März 2021, Az. S 18 BA 93/18). Das Kreditinstitut kann also aufatmen, es muss nicht mutmaßlich hohe Nachzahlungen an die Träger der Sozial- und Rentenversicherung entrichten. Auch das Modell des Mobilen Vertriebs – ein wichtiger Absatzkanal für das größte deutsche Geldhaus – steht nicht zur Diskussion.
Zum Hintergrund: Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen abhängig Beschäftigten und Selbstständigen. Beschäftigte unterliegen der vollen Sozialversicherungs- und Rentenversicherungspflicht. Selbstständige dagegen sind für ihre soziale Absicherung, insbesondere Arbeitslosen- und Krankenversicherung, stets eigenständig verantwortlich, meist auch für ihre Altersvorsorge.
Die Gesamtschau entscheidet
Die Grundlage für die Unterscheidung ist Paragraf 7 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV). Als beschäftigt gilt eine Person laut dem Gesetzestext insbesondere dann, wenn sie aufgrund von Weisungen tätig wird und sie in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingegliedert ist. Für ein Beschäftigungsverhältnis sprechen demnach etwa eine detaillierte Berichtspflicht, ein Arbeitsort am Firmensitz oder das Verbot von Untervertretern.
Für eine Selbstständigkeit wiederum sprechen eigene Angestellte und Untervertreter, keine oder nur geringe zeitliche Vorgaben, eine eigene Betriebsorganisation und der Einsatz von eigenem Kapital. Bei der Beurteilung, ob jemand selbstständig oder abhängig beschäftigt ist, ist aber immer die Gesamtschau entscheidend. Sowohl die tatsächlichen Arbeitsverhältnisse, also wie die Beschäftigung "in der Praxis gelebt" wird, als auch die vertraglichen Bedingungen müssen geprüft werden.
DRV sah abhängige Beschäftigung
Der vorliegende Rechtsstreit begann, weil der frühere Berater die DRV bat, seinen Sozialversicherungsstatus festzustellen. Das ist durchaus üblich. Die DRV kam zu dem Schluss, dass der Handelsvertreter abhängig beschäftigt ist, da sein Berufsalltag laut Rentenversicherung "deutlich von dem eines selbstständigen Unternehmers abwich", wie das "Handelsblatt" damals berichtete. Das wollte die Bank nicht hinnehmen. Das Sozialgericht Frankfurt schloss sich der Argumentation der DRV an, während das LSG vergangenes Jahr nach Beurteilung der Gesamtsituation zu dem Schluss kam, dass der Berater selbstständig war.
Das BSG stellt nun in der Begründung des Beschlusses unter anderem klar, dass es in vielen Fällen nicht als erwiesen ansah, dass der Berater weisungsgebunden war. "Vor diesem Hintergrund hätte der Berater ausführen müssen, inwieweit die Weisungsbindung gerade hinsichtlich 'Wochenreporting, Arbeitsbeauftragung, Abarbeitung von FACE-Kampagnen und Urlaubsplanung' entscheidungserheblich gewesen wäre und – im Fall eines Beweises – bei der Gesamtabwägung aller festgestellten Tatsachen zu einem anderen Ergebnis hätte führen können", führen die Richter am BSG in der Begründung des Beschlusses aus. (jb)














