"Die gesetzliche Rente bleibt ein ungelöstes Zukunftsproblem", zeigt sich Guido Bader, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Lebensversicherung, merklich enttäuscht ob der Ergebnisse des am vergangenen Mittwoch (9.4.) vorgestellten Koalitionsvertrags. "Statt Reform gibt es ein 'Weiter so' mit Haltelinie, abschlagsfreier Rente und höherer Mütterrente, aber ohne solide Gegenfinanzierung", lautet einer von acht Aspekten, die Bader mit Bezug auf die Vorsorgebranche am Papier der voraussichtlich künftigen Bundesregierung kritisiert.

Eine Finanzierung der gesetzlichen Rente nach dem Prinzip Hoffnung, das reiche eben nicht. Der Ansatz nach dem Motto‚ das Wirtschaftswachstum werde es schon richten, sei keine Strategie, sondern Augenwischerei, so Bader, der ergänzt: "Soziale Sicherungssysteme brauchen belastbare Konzepte, keine Wunschdenken-Rhetorik."

Der Plan zur Einführung einer "Frühstartrente" erscheine zwar als gute Absicht, werde sich aber als weitgehend wirkungslos erweisen. Ein Beitrag von 1.440 Euro über zwölf Jahre hinweg, das sei allenfalls Symbolpolitik, aber kein ernstzunehmendes Angebot. "Ohne schlanke Prozesse wird dieses Modell das Schicksal der Europarente PEPP teilen: gut gemeint, aber in der Praxis irrelevant."

Altersvorsorge hätte ein Schwerpunkt sein müssen
Überhaupt sieht Bader als erheblichen Mangel des Koalitionsvertrags, dass das Thema Altersvorsorge weder ein Schwerpunkt der Vereinbarung sei, noch mit Plan oder Perspektive angegangen werde. "Der Koalitionsvertrag bleibt beim Thema Altersvorsorge auffällig vage", so Bader. Bei den dringend nötigen strukturellen Reformen könne man nur zu dem Schluss kommen: Fehlanzeige. "Doch wenn wir jetzt nicht handeln, verspielen wir die finanzielle Sicherheit kommender Generationen", warnt der Experte.

Für den falschen Weg hält er jedenfalls die Einführung eines neuen geförderten Altersvorsorgeprodukts. Es brauche vielmehr eine sinnvolle Reform der Riesterrente, die diese verschlanke, vereinfache und die Förderung attraktiver mache. Mehr Aufmerksamkeit verdient seiner Ansicht nach auch die betriebliche Altersversorgung, die den Koalitionären lediglich eine Randnotiz wert sei. Immerhin sei der Verweis auf das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) 2.0 und die geplante Verbesserung der Portabilität ein Schritt in die richtige Richtung.

Einen Lichtblick vermag der Vorstandschef der Stuttgarter LV auch beim Thema "Arbeiten im Alter wird attraktiver" erkennen. "Damit ist ein erster, sehr erfreulicher Schritt getan, entscheidend wird aber die konkrete Umsetzung unter Einbezug von Bürokratie und Regulierungen sein", so Bader.

Ernüchterung statt Hoffnung
Insgesamt aber überwiegt bei ihm die Enttäuschung. "Was wir brauchen, ist Mut zur Reform", so Bader, "was wir bekommen haben, ist ein defensiver Koalitionsvertrag". Sein Fazit: Wenn die Babyboomer Ende der 2020er-Jahre in Rente gehen, werde das zum sozialen und fiskalischen Bumerang. Die junge Generation zahle den Preis – und das Vertrauen in die Politik werde schwinden. (hh)