Überraschung: Finanzministerium will Abgeltungsteuer doch nicht kippen
Viele Politiker sehnen das Ende der Pauschalabgabe auf Kapitalerträge förmlich herbei. Aber interne Zahlen des Finanzministeriums zeigen, dass das Aus für den Staat teuer käme.
Paukenschlag in Berlin: Das Bundesfinanzministerium (BMF) plädiert überraschend für eine Beibehaltung der Abgeltungsteuer, deren "Aus" parteienübergreifend viele Politiker fordern. Beamten des BMF haben spitz nachgerechnet und kommen zu dem Schluss, dass die Abschaffung der 2009 eingeführten 25-prozentigen Pauschalsteuer auf Kapitalerträge den Fiskus extrem teuer käme. Das berichtet die Wirtschaftswoche (WiWo) in ihrer aktuellen Ausgabe unter Berufung auf einen internen Vermerk des Ministeriums.
Zur Erinnerung: Die Steuer war vom damaligen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wegen der anhaltenden Kapital- und Steuerflucht aus Deutschland ins Ausland eingeführt worden. Daher werden seitdem statt des persönlichen Einkommensteuersatzes von bis zu 45 Prozent auf Kapitalerträge pauschal "nur" 25 Prozent fällig. Steinbrück begründete dies damals mit den bereits legendären Worten: "Besser 25 Prozent von x als 45 Prozent von nix."
Die Befürworter einer Abschaffung der Abgeltungsteuer argumentieren nun, dass mit dem automatischen Abgleich von Steuerdaten in anderen Ländern ab 2017 der eigentliche Beweggrund für die Steuer entfällt und man daher wieder zur Besteuerung von Kapitalerträgen mit dem individuellen Steuersatz zurückkehren könne (FONDS professionell ONLINE berichtete). Damit, so die parteiübergreifende Argumentation, würde man eine sozial gerechte Besteuerung erhalten, weil die "25-Prozent-Flatrate" Besserverdiener und deren Zins- und Dividendenerträge besser stelle als normale Lohnempfänger.
BMF: Abgeltungteuer-Ende hilft Spitzenverdiener
Das sehen die Beamten des BMF komplett anders. Dem Magazin zufolge weisen die Mitarbeiter des Ministeriums zum einen auf die lückenhaften Steuerdaten aus anderen Ländern hin: "Diese Informationen enthalten nicht die konkrete Bemessungsgrundlage für die Besteuerung in Deutschland", zitiert die WiWo aus dem Papier. Es gelte daher abzuwarten, ob der Informationsaustausch "tatsächlich vollständige Transparenz und somit effektivere Besteuerung" sichere.
Zudem loben die Beamten laut dem Magazin, dass die Abgeltungsteuer in der Praxis zu einer "Verwaltungsvereinfachung" geführt habe. Außerdem ermögliche die Pauschalabgabe "einen effizienteren Steuereinzug", da sie direkt von den Finanzinstituten abgeführt werde.
Zum anderen zeigen Berechnungen aus Schäubles Team, dass Spitzenverdiener von einem Ende der Steuer tatsächlich profitieren und der Fiskus rund eine Milliarde Euro pro Jahr weniger einnehmen würde. Derzeit, so die Angaben des Magazins, müssten Aktionäre 26,38 Prozent Abgeltungsteuer samt Solidaritätszuschlag auf Dividenden zahlen. Inklusive vorheriger Besteuerung auf Unternehmensebene ergeben sich zusammen 48,3 Prozent. Bei Belastung nach dem individuellen Einkommensteuertarif wären es hingegen nur maximal 44,3 Prozent – plus 3,2 Prozentpunkte bei Einkünften ab 250.731 Euro. (jb)