Die Volksbank Böblingen muss einer Anlegerin aus Baden-Württemberg ihre komplette Investition in den offenen Immobilienfonds Uniimmo: Wohnen ZBI erstatten. Das hat das Landgericht Stuttgart am 15. Mai 2025 entschieden. Die Frau hatte die Bank auf Schadenersatz wegen Falschberatung verklagt, wie die Kanzlei Goldenstein mitteilt, die die Anlegerin vertreten hatte. Das Urteil (Az.: 12 O 287/24) ist aber nicht rechtskräftig. Die Volksbank wird in Berufung gehen, wie das "Handelsblatt" berichtet.

Die Klägerin hatte sich als sicherheitsorientiert eingestuft und besaß keinerlei Erfahrung mit Aktien oder Zertifikaten. Dennoch empfahl die Bank ein Anlagepaket mit Produkten verschiedener Risikoklassen, darunter auch den Uniimmo: Wohnen ZBI. "Besonders kritisch: Die Bank vermittelte den Eindruck, dieser Fonds sei ähnlich sicher wie ein Festgeld, da er in die niedrigste Risikoklasse eingestuft wurde", schreibt die Kanzlei Goldenstein in der Mitteilung.

Offener Immobilienfonds ist kein Festgeldersatz
Das Landgericht teilte deren Einschätzung und bewertete die Empfehlung als Verstoß gegen die Beratungspflicht. Ein offener Immobilienfonds sei, unabhängig von der Marktlage, Schwankungen unterworfen und daher nicht mit einer sicheren Festgeldanlage vergleichbar.

Anwalt Claus Goldenstein bezeichnet das Urteil als einen "Dammbruch". "Wir erwarten eine Klagewelle – viele Anleger haben gute Chancen auf Schadenersatz", lässt sich Goldenstein in der Mitteilung zitieren. Dem "Handelsblatt" teilte er mit, dass seine Kanzlei bereits 40 weitere Klagen gegen mehrere Volksbanken vorbereitet habe. Die Kanzlei Goldenstein vertritt nach eigenen Angaben etwa 700 Mandanten, die Forderungen im Zusammenhang mit dem Fonds haben.

Massive Abwertung des Uniimmo: Wohnen ZBI
Das Problem ist, dass der zur Union-Investment-Gruppe gehörende Fondsmanager ZBI den offenen Immobilienfonds im Juni vergangenen Jahres um knapp 17 Prozent hatte abwerten müssen. Damit wurde damals auf einen Schlag sämtliche Performance zunichte gemacht, die seit Auflage des Fonds im Juli 2017 erwirtschaftet worden war. Das Fondsvermögen sank innerhalb kurzer Zeit um rund 800 Millionen Euro. Grund für die Abwertung waren Neubewertungen der Immobilien des Fonds im Zuge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs sowie der dadurch angeheizten Inflation und des Zinsanstiegs.

Angeboten wurde der Fonds durch Union Investment, verkauft wurde er in erster Linie an Kundinnen und Kunden von Volks- und Raiffeisenbanken. Dabei wurde das Portfolio vom Fondsmanager ZBI auf der siebenstufigen SRI-Risikoskala (1 = geringes Risiko, 7 = hohes Risiko) noch im Mai 2024, also unmittelbar vor der negativen Wertberichtigung, mit einem Risikoindikator von "2" bewertet. Erst kurz darauf wurde das Sondervermögen auf "3" hochgestuft. Der Fonds galt damit als risikoarm.

Mehrere Gerichtsverfahren
Wegen dieser Risikoeinstufung laufen bereits Gerichtsverfahren. So hat die  Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth gegen ZBI wegen falscher Risikoeinstufung geklagt. Die Verbraucherzentrale argumentiert, dass ein SRI-Indikator von "6" angemessen gewesen wäre. Im Februar stimmten die Richter der Verbraucherzentrale zu, dass das Management das Risiko des Immobilienfonds als zu gering dargestellt habe. Dieses Verfahren befindet sich in Berufung beim Oberlandesgericht Nürnberg.

Zudem hatte die Tilp Rechtsanwaltsgesellschaft Anfang Mai für einen Kleinanleger gleichfalls eine Schadenersatzklage gegen ZBI beim Landgericht Nürnberg-Fürth eingereicht. Hintergrund der Klage ist der auch aus Sicht von Tilp falsch angegebene Gesamtrisikoindikator im Basisinformationsblatt (BIB) des Fonds. Nach Auffassung der Rechtsanwaltsgesellschaft müsste das Sondervermögen dort mit dem Risikoindikator "6" statt mit "2" oder "3" eingestuft werden. (jb)