Urteil: Aachen Münchener muss für DVAG-Beratungsfehler zahlen
Die Deutsche Vermögensberatung ist der Vertriebsarm der Aachen Münchener. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat nun entschieden, dass der Versicherer deshalb auch für Beratungsfehler seines Vertriebspartners aufkommen muss.
Die Aachen Münchener hat eine Niederlage vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe erlitten. Die Richter entschieden in einem rechtskräftigen Urteil vom 31. März dieses Jahres (Az.: 12 U 112/16), dass der Versicherer für eine Fehlberatung gerade stehen muss, die ein Vermittler der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) zu verantworten hatte. Das berichtet der Branchendienst "Herbert Frommes Versicherungsmonitor". Die zum Generali- Versicherungskonzern gehörende Gesellschaft setzt bei dem Vertrieb ihrer Produkte exklusiv auf die DVAG.
Das Besondere an dem Urteil ist, dass sich die Gerichte bislang immer schwer damit getan haben, die Verantwortung für eine Fehlberatung dem Versicherer zu geben. "Die Entscheidung des OLG Karlsruhe zeigt, dass Versicherungsgesellschaften im Einzelfall auch für Beratungsfehler einzustehen haben und Schadensersatz leisten müssen", erklärt Rechtsanwalt Hans Witt von der Kanzlei Witt Rechtsanwälte, die die Klägerin vertreten hat. Laut dem Anwalt ist das Urteil auch für andere Geschädigte der Aachen Münchener von Bedeutung, da diese nun ebenfalls die Möglichkeit bekämen, gegen den Versicherer wegen Falschberatung zu klagen.
Das Argument des OLG: Da die Aachen Münchener ihre Policen ausschließlich über die DVAG vertreibe, agiere der Finanzvertrieb mit "Wissen und Wollen" des Anbieters. Die Verantwortung für die Beratung liege daher bei der Aachen Münchener. Der Versicherer dagegen betonte auf Anfrage des Branchenportals, es handele sich um einen Einzelfall. Daher gehe man nicht von weiteren Fällen aus.
Fataler Wechsel von Fonds
Worum ging es aber genau? Die Klägerin hatte sich 2008 bei der DVAG nach einer Geldanlage für ihre Altersvorsorge erkundigt. Ein Vermittler empfahl ihr die fondsgebundene Versicherung "Wunschpolice" der Aachen Münchener, und die Kundin schloss zwei Verträge ab. 2011 riet der DVAG-Berater der Kundin zu einem Fondswechsel, unter anderem in den SEB Immoinvest, berichtet der "Versicherungsmonitor". Zu diesem Zeitpunkt lag für den Fonds allerdings bereits eine Rücknahmeaussetzung für Anteile vor. Das teilte der DVAG-Berater der Kundin jedoch nicht mit. Im Mai 2012 wurde der offene Immobilienfonds dann endgültig geschlossen.
Als die Klägerin die Policen kündigte, musste sie einen Verlust von knapp 19.000 Euro hinnehmen: Statt 96.000 Euro, die sie eingezahlt hatte, erhielt sie nur 77.000 Euro zurück. Daraufhin klagte sie auf Schadensersatz wegen Falschberatung. Das Gericht pflichtete dem bei und verurteilte den Versicherer dazu, die 19.000 Euro zu ersetzen.
Beratungsmaßstab Kapitalanlagen
Wie der "Versicherungsmonitor" weiter unter Berufung auf das Urteil schreibt, hätte der DVAG-Berater 2011 beim Fondswechsel auch die strengen Beratungsmaßstäbe für Kapitalanlagen anwenden müssen: "Die für oder gegen einen solchen Fondswechsel sprechenden Umstände sind naturgemäß rein kapitalanlagerechtlicher Natur."
Sollten sich Richter auch bei anderen Fällen auf dieses Argument beziehen, müssten Lebensversicherer und Vertriebe künftig noch strengere Beratungspflichten befolgen, zumindest bei Kapitallebensversicherungen, so das Branchenportal. (jb)