Über Pfingsten mal kurz nach Helgoland? Ein Blick auf Tripadvisor.de zeigt die coolsten Hotels, die besten Restaurants und die interessantesten Sehenswürdigkeiten. Bewertungsportale gewinnen für Verbraucher als Informationsquelle immer mehr an Bedeutung. Auch bei Sparern, Anlegern und Versicherungskunden haben sie mittlerweile einen hohen Stellenwert.

Damit sich künftig niemand mehr Gedanken darüber machen muss, ob es sich bei Kundenbewertungen im Internet tatsächlich um echte Reviews handelt, hat die Europäische Kommission eine Richtlinie verabschiedet, die gefälschten, gekauften oder in anderer Weise manipulierten Urteilen entgegenwirken soll. Das Regelwerk tritt am 28. Mai 2022 in Kraft. Bis dahin müssen die EU-Mitgliedsstaaten die neuen Vorschriften in nationales Recht gegossen haben. 

Neue Regelungen im UWG
In Deutschland ist dies mit dem "Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht" bereits erfolgt. Das Gesetzespaket ändert zahlreiche Vorschriften. Was Kundenbewertungen betrifft, finden sich die neuen Regelungen im Wesentlichen in Paragraf 5b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). 

"Der geänderte Paragraf verpflichtet Unternehmen, die von Kunden erstellte Online-Reviews veröffentlichen, nicht dazu, die Echtheit der Bewertungen zu überprüfen", sagt Björn Thorben Jöhnke, geschäftsführender Gesellschafter und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Sie müssen also nicht zwingend darlegen, dass diese wirklich von Verbrauchern abgegeben worden sind, die bestimmte Waren oder Dienstleistungen erworben oder in Anspruch genommen haben. "Verzichten Unternehmen auf eine solche Prüfung, müssen sie darauf aber hinweisen", erklärt Jöhnke. 

Kriterien offenlegen
Da ein solcher Verweis das Geschäftsmodell von Vergleichsportalen aber konterkarieren würde, dürfte dieser für die meisten eher nicht in Frage kommen. "Prüfen Unternehmen, ob Kundenbewertungen authentisch sind, dann müssen sie künftig auch offenlegen, wie sie dies tun", so Jöhnke. Sie haben also für Nutzer des Portals gut einsehbar und klar verständlich zu erläutern, nach welchen Verfahren und Kriterien der Check läuft. 

Für Finanz- und Versicherungsprofis dürfte das Bewertungsportal mit der größten Bedeutung wohl Whofinance sein. Hier können sich etwa Anlageberater bei Banken und Sparkassen, freie Fondsvermittler oder Versicherungsmakler registrieren und ihre Arbeit von Kunden beurteilen lassen. Whofinance veröffentlicht auch Reviews zu Vermittlern, die nicht registriert sind. 

Jede Bewertung wird geprüft
"Kunden vertrauen auf Bewertungen mittlerweile mehr als auf eine persönliche Empfehlung", sagt Mustafa Behan, Gründer und Geschäftsführer von Whofinance. "Finanzdienstleister, die ihre Kunden ernst nehmen, sollten nicht mit ungeprüften Bewertungen arbeiten", findet er. Whofinance begrüßt die neuen Vorschriften. "Sie schützen Verbraucher, die nach Beratung suchen", erklärt Behan. Ebenso profitierten Anbieter, die mit Kundenbewertungen ehrlich umgehen. Whofinance prüft jede einzelne Bewertung vor der Veröffentlichung. Dafür hat das Unternehmen spezielle Algorithmen und Prozesse entwickelt. 

Auf Anbieter, die Kundenbewertungen bisher nicht geprüft haben, kommt nun viel Arbeit zu, nicht zuletzt, weil die Kennzeichnungspflicht auch rückwirkend gilt. "Es gibt keine Übergangsfrist", erklärt Axel von Walter, Partner der Wirtschaftskanzlei GvW Graf von Westphalen mit Sitz in Hamburg. "Bei Verletzung der Kennzeichnungspflicht drohen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, die von Verbraucherschutzverbänden oder Mitbewerbern schnell gerichtlich durchgesetzt werden können", erläutert von Walter.

Das gilt für Berater und Vermittler
Und was gilt künftig für Finanzberater und Versicherungsvermittler? "Wenn ein Berater lediglich auf die Seite, auf der Bewertungen über ihn zu lesen sind, verlinkt, muss er nicht gegenchecken, ob der Host die Kunden-Reviews überprüft hat", erläutert Jurist Jöhnke. Anders könnte es womöglich aussehen, wenn ein Vermittler nicht bloß einen Link setzt, sondern die Bewertungen über Widgets in seine eigene Webseite einbindet. "Genau dazu gibt es bisher aber keine Regelungen, dieser Punkt ist noch offen", sagt Jöhnke. (am)