Im Zusammenhang mit der Pleite des Zahlungsabwicklers Wirecard muss sich das Landgericht (LG) Frankfurt aktuell mit einer wahren Flut von Zivilklagen gegen die Finanzaufsicht Bafin befassen. Der Grund: Wirecard-Aktionäre wollen die Behörde für ihre Verluste mit den Papieren haftbar machen. Vier Schadenersatzklagen über Summen von 3.000 bis 60.000 Euro hat zuständige 4. Zivilkammer des LG Frankfurt am Mittwoch (19.1.) abgewiesen, wie das Gericht in einer Presseerklärung mitteilt.

Die Anleger hatten argumentiert, die Bafin habe Marktmanipulationen von Wirecard nicht verhindert und die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert. Hinweisen auf Gesetzesverstöße des Zahlungsabwicklers sei die Behörde nicht ausreichend nachgegangen. Die Richter der Amtshaftungskammer des Landgerichts erklärten in der Verhandlung jedoch, es dass keine Schadensersatzsprüche gegen die Bafin bestehen. 

Kein Drittschutz
Nach den ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften nehme die Finanzaufsicht ihre Aufgaben und Befugnisse ausschließlich im öffentlichen Interesse wahr, nicht aber im Interesse einzelner Anleger. "Eine etwaige Verletzung von Amtspflichten der Bafin kann deswegen nicht zu einer Ersatzpflicht gegenüber einem geschädigten Anleger führen. Es besteht kein sogenannter Drittschutz", erklärte der vorsitzende Richter. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. 

Am Mittwoch hätten vor dem LG Frankfurt eigentlich 60 weitere Amtshaftungsklagen gegen die Bafin in Sachen Wirecard verhandelt werden sollen. Die Kanzlei, welche diese weiteren Anleger vertritt, hatte jedoch eine Terminverlegung beantragt, der nicht stattgegeben wurde. Daraufhin stellten die Anwälte einen Befangenheitsantrag gegen die Richter der Kammer, die Verhandlung platzte.

Frage nach möglichem Amtsmissbrauch
Bereits im November 2021 hatte die 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt die Amtshaftungsklage eines Wirecard-Aktionärs gegen die Finanzaufsicht zurückgewiesen (Az.: 2-08 O 98/21). Hier war auch die Frage eines möglichen Amtsmissbrauchs der Bafin behandelt worden. "Die Kammer hat festgestellt, dass sich Anleger nicht auf einen Amtsmissbrauch der Bafin berufen können und zwar selbst wenn einzelne Mitarbeiter der Behörde ihrerseits Wirecard-Aktien erworben hatten", teilt das LG Frankfurt auf Anfrage von FONDS professionell mit. Es sei nicht erkennbar, dass diese Aktiengeschäfte missbräuchlich, also bewusst und mit Schädigungsabsicht erfolgt wären.

Auch die Tilp Rechtsanwaltsgesellschaft aus Kirchentellinsfurt bei Tübingen hatte die Bafin im Juli 2020 vor dem LG Frankfurt wegen Amtsmissbrauchs im Fall Wirecard verklagt. Über Klagen der Kanzlei Tilp habe 4. Zivilkammer noch nicht entschieden, teilt das LG Frankfurt mit. (am)