Zoff um Prämiensparverträge: Bafin geht in Berufung
Die Bafin akzeptiert ein gegen sie ergangenes Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt nicht. Es geht um die Befugnisse der Behörde beim Verbraucherschutz. Konkreter Anlass des Streits mit mehreren Banken ist eine Allgemeinverfügung zu Prämiensparverträgen.
Die Finanzaufsicht Bafin legt Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 23. Oktober 2024 ein, mit dem die Richter eine Allgemeinverfügung der Behörde für Banken bezüglich Zinsanpassungsklauseln bei Prämiensparverträgen aufgehoben hatten. Die Richter sahen keinen verbraucherschutzrelevanten Missstand seitens der drei Genossenschaftsbanken und drei Sparkassen, die sich stellvertretend für mehr als 1.100 Geldhäuser gegen die Allgemeinverfügung der Bafin vom Juni 2021 wehrten. Damit fehle es an den gesetzlichen Voraussetzungen für ein Eingreifen der Bafin.
Die Aufsicht vertritt hier eine andere Position. "Wir stehen als Bafin auch weiterhin für eine Auslegung der Eingriffsbefugnisse im Sinne des kollektiven Verbraucherschutzes ein und streben in der Berufung eine höherinstanzliche Bestätigung unserer Rechtsposition an", sagt Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor für Wertpapieraufsicht und Asset Management. Die Bafin erwarte sich zudem von einem obergerichtlichen Urteil eine größere Rechtssicherheit für ihre künftige Verwaltungspraxis, so Pötzsch.
Wann darf die Bafin ein bestimmtes Verhalten gegenüber Kunden vorschreiben?
Die Auseinandersetzung mit den Kreditinstituten dreht sich um die Frage, unter welchen Bedingungen die Behörde im Sinne des Verbraucherschutzes handeln und Banken vorschreiben darf, wie sie sich gegenüber Kunden verhalten. Konkret hatte die Aufsicht Banken im Juni 2021 per Allgemeinverfügung aufgefordert, ihre Kunden über unwirksame Zinsklauseln in lang laufenden Sparverträgen zu informieren und Zinsen nachzuzahlen. Die Aufsicht reagierte, weil sie nach eigenen Angaben einen "verbraucherschutzrelevanten Missstand" sah und "eine Vielzahl" von Prämiensparverträgen mit unwirksamen Zinsanpassungsklauseln. Sie verwies dafür auf eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2010 zu Zinsklauseln in Sparverträgen.
Hierzu muss man wissen, dass Prämiensparpläne vor allem in den 1990er und Anfang der 2000er Jahre beliebt waren. Banken räumten ihren Kunden zusätzlich zum veränderbaren Grundzins einen jährlich wachsenden Bonus ein, der gestaffelt war und bis zu 50 Prozent der Sparleistungen im Jahr brachte. Mit Beginn der Niedrigzinsphase im Zuge der globalen Finanzkrise 2008/09 drückten viele Institute den variablen Zins massiv nach unten. Dazu beriefen sie sich auf Klauseln in den Geschäftsbedingungen. Solche hatte der BGH wegen Intransparenz auch im Oktober 2021 wieder als unwirksam eingestuft. Die Banken müssen Zinsen nachzahlen.
Die Finanzbranche hatte kritisiert, dass die Bafin mit der Allgemeinverfügung weiteren anstehenden Gerichtsurteilen zur Berechnung der ausstehenden Zinsen vorausgreife. Zur genauen Berechnung dieser Zinsen in Prämiensparverträgen fällte der BGH erst nach der Bafin-Verfügung im Oktober 2021 und im Juli 2024 wichtige Urteile.
Keine Auswirkungen auf zivilrechtliche Verfahren
Die Bafin betont aber, dass zivilrechtliche Ansprüche von Verbrauchern gegenüber den Kreditinstituten von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt nicht betroffen sind. Die Behörde empfiehlt Inhaberinnen und Inhabern älterer Prämiensparverträge daher weiterhin, ihre Verträge zu prüfen und bestehende Nachzahlungsansprüche bei den Instituten geltend zu machen, bevor diese verjähren. (jb)