Unter der Finanzmarktrichtlinie Mifid II hat sich die Beratung keinen Deut verbessert. Zu diesem harschen Urteil kommt die Mehrheit der von der Unternehmensberatung Cofinpro befragten Banken und Fondsgesellschaften. Weder sind die Produkte günstiger, noch passgenauer geworden, meinen 70 Prozent der Teilnehmer. Immerhin verschaffe Mifid II den Kunden mehr Klarheit darüber, welche Kosten auf sie zukommen.

Im Großen und Ganzen reagieren die Kunden aber ablehnend auf die Neuregelungen, berichten die Finanzdienstleister. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer gibt zu Protokoll, dass Anleger viel stärker eine Erklärung der Kosten einfordern. Doch die Transparenz schreckt auch Kunden ab. 86 Prozent der Antwortgeber berichten wiederum, dass die zusätzlichen Produkt- und allgemeinen Informationen viele Interessenten verwirren würden. Der gestiegene bürokratische Aufwand verärgere gar viele Endkunden.

Mifid II schlägt aufs Geschäft
Das schlägt sich auch auf das Geschäft nieder. 78 Prozent der teilnehmenden Institute spricht von negativen Folgen. Einen sinkenden Wertpapierabsatz seit Januar 2018 beklagt mehr als die Hälfte. Ebensoviele kommen zu dem Schluss, dass sich die Auswahl für die Kunden spürbar eingeschränkt habe. Davon konstatieren 28 Prozent sogar eine "starke" Einschränkung bei der Auswahl für den Anleger.

"Der Kapitalaufbau wird vom Staat propagiert", sagt Daniel Spitschan, Manager bei Cofinpro. Gleichzeitig führe die gesetzliche Regulierung aber zu starken Einschränkungen im Angebot für die Bundesbürger. Selbst erfahrene Kunden hätten nicht mehr uneingeschränkt die Möglichkeit, aus einem breiten Angebot an risikoreichen und -armen Angeboten zu wählen."Das kann nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein", resümiert Spitschan.

Auch Berater verunsichert
Nicht nur bei den Anlegern, auch bei den Finanzberatern sorgen die neuen Regeln für Verunsicherung. Diese verhalten sich gegenüber den Kunden deutlich zurückhaltender. Das möge zum Teil daran liegen, dass die Betreuer die ausgeweiteten Beratungs- und Dokumentationsprozesse noch nicht beherrschen, so die Deutung der Cofinpro-Experten. Fast die Hälfte der Geldhäuser berichtet aber auch, dass sich ihre Betreuer zunehmend aus der Wertpapierberatung zurückziehen würden. In einer jüngst veröffentlichten, ähnlichen Umfrage hatte ein Drittel der Institute angegeben, diesen Geschäftsbereich gänzlich einstellen oder zumindest deutlich zurückfahren zu wollen.

Die Finanzdienstleister selbst zeigen sich in einem Punkt unsicher: Dreiviertel der 57 teilnehmenden Gesellschaften berichten von Zweifeln an der Rechtssicherheit der von ihnen umgesetzten Maßnahmen. Das Fazit der Akteure fällt dementsprechend verheerend aus: 95 Prozent der Befragten stufen die Anforderungen von Mifid II als zu komplex ein: Sie würden den Aufwand im täglichen Geschäft bloß massiv erhöhen. (ert)