Crash-Schutz: EU prüft Verkaufsstopp für Fondsanteile
Die EU-Kommission wird sich bald mit dem Verbot der Rückgabe von Fondsanteilen befassen. Grund sind Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken. So soll verhindert werden, dass bei einer Finanzkrise massenhafte Anteilsrückgaben den Crash verstärken.
Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) hat vor kurzem eine Reihe konkreter Empfehlungen für die weitere Regulierung von Fonds unterbreitet. Im Kern geht es um eine Verbesserung der Liquiditätssteuerung der Portfolios im Falle einer allgemeinen Marktkrise.
So soll beispielsweise verhindert werden, dass die massenhafte Rückgabe von Fondsanteilen einen Kurskollaps auslöst oder beschleunigt. Eine zeitlich befristete und eingeschränkte Rücknahme von Fondsanteilen – im Fachjargon "Redemption Gate" genannt – könnte Abhilfe schaffen. Der ESRB hat diese und weitere Empfehlungen an die EU-Wertpapieraufsicht ESMA und die EU-Kommission geschickt, welche sich nun damit befassen werden.
Hintergrund der Empfehlungen des ESRB ist die Rolle, die die Fondsindustrie für die Stabilität der Finanzmärkte spielt. Immerhin verwaltet die Branche weltweit Gesamtvermögen von rund 64 Billionen Euro. Der ESRB nimmt damit einen Ball des Finanzstabilitätsrates (Financial Stability Board, FSB) auf, dem Vertreter der Finanzministerien, Notenbanken und Aufsichtsbehörden aus den G20-Ländern angehören. Der FSB hatte vor rund einem Jahr Vorschläge gemacht, wie die von Fondsgesellschaften ausgehenden Systemrisiken für die Finanzmärkte beherrschbar gemacht werden können.
"Schwingende Preise" und "Seitentaschen"
Zu den vom ESRB vorgeschlagenen Maßnahmen zur Liquiditätssteuerung gehört der Einsatz von bestimmten Liquiditätsmanagementtools. Dazu zählen etwa "Swing Pricing", "Gates" und "Side Pockets". Diese sollen verhindern, dass Anleger bei einem Marktcrash auf einen Schlag sämtliche Anteile zurückgeben können, was Fondsgesellschaften womöglich zu Notverkäufen zwingt – und einen Preisrutsch an den Märkten verschärfen würde (Details zu diesen Maßnahmen finden Sie in dem anmeldepflichtigen Artikel "Neuer Schwung" in der Ausgabe 2/2017; lesen Sie dazu auch den Kommentar "'Schwingende' Fondspreise: Eine gute Idee" von FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch). Die Maßnahmen sollen sich auf alle OGAW und offenen Alternative Investmentfonds (AIF) beziehen.
Für diese Portfolios sollen die Manager analysieren, welche Tools sie einsetzen können – wobei die Aussetzung der Anteilrücknahme in außergewöhnlichen Umständen als Mindestanforderung gelten soll. Für AIFs mit illiquiden Assets wie Windkraftanlagen sollen zusätzliche Maßnahmen gelten. Für offene Immobilienfonds, die zu den AIFs zählen, gelten in Deutschland Rückgabebeschränkungen schon seit ein paar Jahren
BVI begrüßt mögliche Erweiterung des Werkzeugkastens
Der deutsche Fondsverband BVI begrüßt den Vorstoß: "Die Empfehlungen des ESRB zur Steuerung von Liquidität halten wir für sehr sinnvoll. Je mehr Werkzeuge, desto flexibler können Fonds mit Liquiditätsengpässen umgehen und Rückgaben an die Anleger in deren Interesse besser steuern", teilte ein BVI-Sprecher auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE mit. "In Deutschland gibt es bereits Halte- und Kündigungsfristen für offene Immobilienfonds. Die Einführung weiterer geeigneter Instrumente für offene Publikumsfonds wie 'Gates' und 'Swing pricing' wäre wünschenswert. Wichtig ist aber, dass der Asset Manager über den Einsatz dieser Werkzeuge selbst entscheiden und die Anleger entsprechend informieren kann."
Stresstests für Fonds
Der ESRB empfiehlt weiter, Liquiditätsstresstests auf Fondsebene für AIF und OGAW zu entwickeln. Diese sollen auf den Vorgaben der AIFM-Richtlinie basieren. Damit soll gewährleistet werden, dass die Fonds jederzeit auch die nötigen Mittel vorhalten, um Anleger auszahlen zu können – nicht nur in Krisensituationen. In weniger liquiden Märkten wie bei Anleihen könnten größere Anteilscheinrückgaben die Portfolios unter Druck setzen, sodass sie Positionen zu nicht marktgerechten Preise veräußern müssen und damit eine Kettenreaktion auslösen. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat bereits Leitlinien für das Liquiditätsmanagement von Fonds aufgestellt.
Weitere Empfehlungen der ESBR sind einheitliche Reportings für OGAWs und AIFs. Für letzteren sollen zudem speziell die systemischen Risiken von AIFs unter die Lupe genommen werden. (jb)
Kommentare
EU prüft Verkaufsverbot für Fondsanteile
AntwortenNun ist mehr denn je für Fondskunden angesagt, die Liquidität in die eigene Hand zu nehmen und diese nicht aus selbiger zu geben. Wieder beabsichtigte EU-Eingriffe in die Märkte - und zwar gravierende. Wie soll eine Fondsgesellschaft Liquidität bei fallenden Märkten beschaffen, wenn nicht durch Verkäufe von Assets. Es liegt in der Natur der Sache, dass dann die Kurse fallen. Die Kurse fallen aber nicht nur durch die Verkäufe von Investment-Anteilen sondern besonders durch die Verkaufsorder der Aktiendepotbesitzer. Wie werden diese reglementiert? Im CRASH werden die Fondsanteilseigner zusehen müssen, wie die Kurse fallen und können nichts tun, während die Bankdepotkunden verkaufen können, wenn auch zugegeben zu niedrigeren Kursen. Wenn das so weiter geht, schafft sich die Fondsbranche langsam aber sicher ab.
info@eisel-gmbh.de am 12.03.18 um 12:59