Infinus-Anleger geschockt: Insolvenzverwalter fordert Millionen zurück
Ihr Investment hatten Anleger der kollabierten Infinus-Gruppe schon verloren gegeben. Doch nun folgt der nächste Schlag: Der Insolvenzverwalter fordert Inhaber von Genussrechten auf, Zinsen in Millionenhöhe zurückzuzahlen. FONDS professionell ONLINE erläutert die Details.
Lange Zeit war es ruhig um Infinus, das Dresdner Finanzkonglomerat, das im November 2013 kollabierte und die Ersparnisse Tausender Anleger mit sich riss. Der Strafprozess gegen die Infinus-Macher vor dem Landgericht Dresden zieht sich hin, und auch von den Insolvenzverwaltern war seit einiger Zeit eher wenig zu hören.
Doch das hat sich nun schlagartig geändert. Denn Bruno Kübler, Insolvenzverwalter der Future Business KG a.A. (Fubus), die im Zentrum des Firmenkonglomerats stand, hat sich Anfang August mit einem Brief an Hunderte Anleger mit Fubus-Genussrechten gewandt, der diese hart getroffen haben dürfte: Kübler fordert sie auf, die Gewinnausschüttungen für die Jahre 2009 bis 2012 zurückzuzahlen.
2.845 Anleger sollen 11,9 Millionen Euro zurückzahlen
"Der Insolvenzverwalter begründet den Rückzahlungsanspruch damit, dass es sich bei den Zinszahlungen um sogenannte Scheingewinnausschüttungen auf Genussrechte handelte, die nach einschlägigen Tatbeständen der Insolvenzordnung zurückverlangt werden können", sagt Ulf Solheid. Der Rechtsanwalt aus Reichenbach im Vogtland vertritt mehrere Infinus-Geschädigte.
Betroffen sind 2.845 Genussrechtsgläubiger, teilt Küblers Kanzlei auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE mit. Das Forderungsvolumen beträgt exakt 11.875.273,57 Euro – pro betroffenem Anleger verlangt Kübler rein rechnerisch also immerhin fast 4.200 Euro zurück.
In Wirklichkeit standen hohe Verluste – Zinsen hätte es gar nicht geben dürfen
Insgesamt hatten etwa 40.000 Anleger rund eine Milliarde Euro in Papiere der weit verzweigten Infinus-Gruppe investiert. Allein Fubus, das größte Emissionshaus, hatte bei gut 28.000 Anlegern bis zur Razzia im November 2013 fast 763 Millionen Euro eingesammelt. Der Großteil davon floss in Orderschuldverschreibungen, deren Zinsen nicht davon abhingen, ob der Emittent Gewinn erwirtschaftete oder nicht. Bei den Genussrechten dagegen sollte es nur in guten Jahren Zinsen geben.
Den ursprünglichen Fubus-Zahlen zufolge war das Unternehmen auch hochprofitabel. Die Wirtschaftsprüfer von PWC, die die Jahresabschlüsse der Jahre 2009 bis 2012 in Küblers Auftrag neu erstellten, kamen allerdings zu einem anderen Ergebnis: Demnach stand im Jahr 2009 unter dem Strich ein Jahresfehlbetrag von 82,3 Millionen Euro, in den Jahren darauf betrug das Minus 78,8 Millionen respektive 89,2 Millionen (2011) sowie 108,8 Millionen Euro (2012). "Die neuen Jahresabschlüsse belegen allesamt erhebliche Verluste", sagt Küblers Sprecher. "Gewinnabhängige Renditen hätten daher nicht ausgezahlt werden dürfen."
"Insolvenzverwalter muss Anfechtungsansprüche prüfen"
Die Finanzgruppe hatte ihre Bücher offensichtlich mit abenteuerlichen Bilanzpraktiken frisiert. FONDS professionell hatte im September 2013 als erstes Medium kritisch über das Konglomerat berichtet – wenige Wochen später ließ die Staatsanwaltschaft die Infinus-Gruppe hochgehen.
Auf Basis der nun korrigierten Jahresabschlüsse sei Kübler sogar verpflichtet, das Geld bei den Genussrechtsinhabern einzufordern, so der Sprecher des Insolvenzverwalters: "Es gehört zur originären Pflicht des Insolvenzverwalters, Anfechtungsansprüche zu prüfen und auch geltend zu machen. Wenn er dies unterlässt, macht er sich gegenüber den übrigen Insolvenzgläubigern regresspflichtig."
Die "Einrede der Entreicherung" kann Anleger retten
Hilflos ausgeliefert sind die Anleger dieser Forderung allerdings nicht. Sie haben die Möglichkeit der "Einrede der Entreicherung" – darauf weist Kübler selbst in seinem Schreiben hin.
Mit "Entreicherung" ist – vereinfacht ausgedrückt – gemeint, dass Anleger das Geld bereits ausgegeben haben, es sich also nicht mehr im Vermögen befindet und daher auch nicht herausgegeben werden kann. Eine solche Argumentation muss allerdings juristisch wasserdicht geführt werden – einen weiteren Schauplatz in dem gesamten Infinus-Komplex, auf dem sich die Anwälte austoben können.
Auch der Fiskus soll bluten
Noch ist zudem nicht rechtskräftig geklärt, ob die Fubus-Bilanzen der besagten Jahre in ihrer ursprünglichen Fassung fehlerhaft waren. Mit den Jahresabschlüssen der Jahre 2009 bis 2011 beschäftigt sich die Berufungsinstanz am Oberlandesgericht Dresden. "Der Rechtsstreit um den Jahresabschluss 2012 wird noch erstinstanzlich geführt", so der Sprecher des Insolvenzverwalters. "Auf den Ausgang dieser Prozesse kommt es indes für die Geltendmachung der Anfechtungsansprüche gegenüber den Anlegern nicht an."
Die Genussrechtsanleger sind übrigens nicht die einzigen, von denen der Insolvenzverwalter wegen der neuen Jahresabschlüsse mehrere Millionen Euro zurückverlangt. Bluten soll auch der Fiskus: Kübler fordert die Gewerbesteuer für die Jahre 2009 bis 2012 zurück, die das Unternehmen seiner Meinung nach gar nicht hätte zahlen müssen, da es eigentlich ja hohe Verluste erwirtschaftete. Der Infinus-Skandal kommt womöglich also auch die Stadt Dresden noch teuer zu stehen.
Anleger haben noch keinen Cent gesehen
Insgesamt kommt das Fubus-Insolvenzverfahren zwar voran, aber sicherlich nicht in dem Tempo, das Anleger sich erhofft hatten. Bisher konnte Kübler rund 170 Millionen Euro zur Masse ziehen, das sind 20 Millionen Euro mehr als vor einem Jahr. Der Insolvenzverwalter rechnet wie schon bei Eröffnung des Verfahrens im April 2014 mit einer Quote von bis 20 Prozent. Die Fubus-Anleger dürfen also darauf hoffen, ein Fünftel ihres Investments zurückzuerhalten – irgendwann.
Gesehen haben die Anleger davon allerdings noch keinen Cent. Eigentlich hatte Kübler vor, schon 2015 einen Teil der Quote auszuzahlen. Doch das geht nicht, weil ein Gläubiger gegen die Bestellung eines der zahlreichen gemeinsamen Vertreter geklagt hatte – um die gemeinsamen Vertreter bei Fubus war schon vor einigen Jahren ein bizarrer Streit entbrannt (FONDS professionell ONLINE berichtete).
Bis dieses Urteil gefällt ist, sind alle Zahlungen blockiert. Das Problem: Der gemeinsame Vertreter ist für die Verteilung des Geldes zuständig – aber natürlich nur, wenn er tatsächlich zurecht auf diesem Posten sitzt. Kübler weiß also schlicht noch nicht, wem er das Geld auszahlen soll, damit es letztlich beim Anleger ankommt. (bm)