Investmentlegende Ehrhardt: "Viele US-Aktien drehen schon nach unten"
Am ersten Tag des FONDS professionell KONGRESSES stand Jens Ehrhardt noch mit bekannten Kollegen auf der Bühne. Am zweiten Tag gehörte sie ihm alleine: Bei seinem Kapitalmarktausblick zeigte er sich skeptisch in Bezug auf Aktieninvestments.
Zunächst die gute Nachricht: Jens Ehrhardt denkt nicht ans Aufhören. "Warren Buffett ist zwölf Jahre älter als ich und ist immer noch aktiv", kommentierte der Gründer und Vorstandschef der DJE Kapital seine eigene Planung für die kommenden Jahre zu Beginn seines Vortrages auf dem FONDS professionell KONGRESS 2023 im Mannheimer Congress Center. Man kann also davon ausgehen, dass Ehrhardt auch Ende Januar 2024, beim nächsten FONDS professionell KONGRESS, wieder auf der Bühne stehen und die Lage an den Finanzmärkten analysieren wird.
Die nicht so guten Nachrichten beziehen sich auf die aktuelle Situation für Aktieninvestments. Zu Beginn des Vortrages schaute Ehrhardt aber auf die Rentenseite. Er glaubt, dass die Zinsen ihren Höchststand schon erreicht haben, zumindest in den USA, wo die Inflation offenbar gebremst wurde. In Europa könnte es unter Umständen noch etwas weiter nach oben gehen, die Europäische Zentralbank (EZB) müsse schließlich die Inflation in den Griff bekommen. "2022 war infolge des steilen Zinsanstiegs das schlechteste Jahr für Renteninvestments seit 1789", merkte Ehrhardt noch an. Für Anleihen sieht er durchaus vereinzelt Chancen, etwa bei Unternehmensanleihen.
Ab Mai wird es kritisch
Für Aktien ist er pessimistischer – zumindest ab Mai, da könnte es runtergehen. Im Moment sei die Lage noch okay. Für seine Einschätzung führte er eine Reihe von Gründen an. Da ist die Geldmenge: Wenn sie sinkt, rutschen die Aktienkurse. "Die Liquidität hat großen Einfluss auf die Aktienmärkte, wie ich damals als erster in meiner Doktorarbeit nachweisen konnte", so Ehrhardt. Das sei genau im Moment der Fall. In den USA ist die Geldmenge sogar geschrumpft und nicht nur langsamer gewachsen. In Europa war der Liquiditätszuwachs zuletzt zumindest wesentlich geringer.
Die Zentralbanken beider Weltregionen haben zwar im Zuge der jüngsten Bankpleiten wieder Liquidität zurück ins System gegeben, aber gerade Banken in den USA sieht er als Problem: Die vielen kleineren Regionalbanken haben viele Immobilienkredite in den Büchern stehen. Wenn nun auch die Immobilienpreise in den USA fallen, wächst die Gefahr von Kreditausfällen – was sich natürlich negativ auf die Börsen auswirken wird.
Aktienmärkte reagieren mit Verzögerungen auf Notenbankentscheide
Ferner sei ein Zinsanstieg immer schlecht für die Börsen gewesen. "Es gab zudem immer eine gewisse zeitliche Verzögerung zwischen der geänderten Zinspolitik der Notenbanken und einer positiven Reaktion der Börsen darauf", führte der DJE-Chef weiter aus. So seien die Börsen erst 2003 sowie erst 2009 wieder angesprungen.
Zudem weist der Starmanager darauf hin, dass viele Aktien in den USA bereits jetzt nicht gut performen, wovon man aber zumindest bei einem Blick auf viele Indizes, die die Aktien nach deren Marktkapitalisierung gewichten, im Moment nichts sehe. Denn einige Aktien mit hoher Marktkapitalisierung laufen noch gut und sorgen so für eine gute Indexperformance. "Schaut man dagegen auf einen gleichgewichteten Index, so sieht man sofort, dass die Kurse vieler Aktien bereits jetzt nach unten drehen." (jb)