Jetzt amtlich: Zinstief vernichtet Vermögen
Die anhaltende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat nun auch spürbar negative Folgen für das Vermögen der Bundesbürger. Zum ersten Mal seit sechs Jahren mussten Sparer und Anleger im ersten Quartal 2018 eine negative Gesamtrendite hinnehmen.
Mini-Zinsen hin oder her: Deutsche Sparer konnten ihr Vermögen lange Zeit dennoch stetig mehren. Der Grund dafür waren steigende Aktienkurse und eine sehr moderate Inflation. Doch was viele Bundesbürger insgeheiem schon befürchtet hatten, ist nun offiziell: Die Zinsfalle hat zugeschnappt, der reale Wert des Spar- und Anlagevermögens der Deutschen ist zum ersten Mal seit sechs Jahren gesunken. Dies schreibt die Bundesbank in ihrem Bericht für den Monat August. Die Gesamtrendite, die ein durchschnittlicher Privathaushalt mit seinem Geldanlagen erzielt, belief sich dem Bericht zufolge im ersten Quartal 2018 auf minus 0,8 Prozent.
Bei ihren Berechnungen berücksichtigen die Experten der Bundesbank Bargeldbestände, Ansprüche gegenüber Versicherungen sowie Anlagen in Aktien und Fonds. Dass Zinsanlagen wie Sparbücher, Tages- oder Festgeldkonten kaum noch Rendite abwerfen und real sogar ins Minus rutschen, ist dabei nichts Neues. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt bekanntlich schon seit März 2016 bei null Prozent. Bislang allerdings sorgten auskömmliche Erträge aus Wertpapiergeschäften jedoch dafür, dass Anleger insgesamt trotzdem einen realen Vermögenszuwachs verzeichnen konnten.
Börsenturbulenzen und steigende Inflation
Zu Jahresbeginn ging es an den Börsen jedoch hoch her, Aktien und Aktienfonds schnitten deutlich schlechter ab als zuvor. Zudem zog die Inflation zuletzt – wie von der Notenbank erhofft – an. Lag die Teuerungsrate 2017 noch bei 1,8 Prozent, so belief sie sich im Juli dieses Jahres auf zwei Prozent. Die Kombination beider Faktoren hat dazu geführt, dass deutsche Anleger in den ersten die Monaten des Jahres im Schnitt einen Wertverlust hinnehmen mussten.
"Den Unmut der Sparer über die Niedrigzinsen kann ich gut verstehen", sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Sie bauten ihre Altersvorsorge aber über mehrere Jahrzehnte auf. Das relativiere die aktuelle Zinssituation etwas, erklärte Weidmann. Negative Realzinsen habe es außerdem auch in der Vergangenheit schon gegeben.
Nicht zum ersten Mal
In der Tat war eine negative reale Rendite in einem Quartal zuletzt vor sechs Jahren zu verzeichnen, als die Inflation anzog. 2008 war die Realrendite aufgrund des Ausbruchs der Finanzkrise sogar über das gesamte Jahr hin im roten Bereich. Ebenso sah es 2001 aus, als die Internetblase platzte und die Terrornaschläge in New York verübt wurden. In beiden Jahren mussten sich Anleger damit abfinden, dass ihr Vermögen um zwei Prozent abschmolz.
Weidmann, der im Rat der EZB über die Geldpolitik im Euroraum mitentscheidet, sagte im Interview mit der FAS: "Die Zinsen (werden) im Zuge der geldpolitischen Normalisierung auch wieder steigen." Allerdings wird es bis dahin wohl noch eine Weile dauern. Die europäische Notenbank will ihr Anleihen-Kaufprogramm zwar dieses Jahr beenden. Eine Zinserhöhung hat die EZB allerdings frühestens für den Herbst 2019 angedeutet. (am)