Dieter Rauch, Geschäftsführer des Verbunds Deutscher Honorarberater (VDH), übt Kritik an der kürzlich veröffentlichten Studie "Wert unabhängiger Versicherungsberatung" der Fachhochschule Dortmund (FONDS professionell ONLINE berichtete ausführlich). In dieser Veröffentlichung kommen die beiden FH-Professoren Matthias Beenken und Lukas Linnenbrink zum Schluss, dass die Mehrheit der Verbraucher sich beim Abschluss einer Lebenspolice für einen Bruttotarif mit Provisionsanteil entscheiden. Nettotarife ohne Zuwendungen, die wegen der fehlenden Provisionen höhere Renditechancen haben, für deren Vermittlung Berater aber ein Extra-Honorar verlangen, sind deutlich weniger gefragt.

Rauch führt in einem Kommentar auf der Seite des VDH aus, dass der Titel der Studie eine Analyse echter Honorarberatung suggeriere. Tatsächlich habe sie jedoch lediglich "Varianten des Produktvertriebs" analysiert. Dies sei ein "irreführender Ansatz" mit weitreichender Wirkung. Die Studie vergleiche nämlich zwei Vergütungsmodelle, die in der aktuellen Praxis der Versicherungsvermittlung weit verbreitet seien: Einen klassischen Bruttotarif mit eingepreister Provision und einen Nettotarif mit separat ausgewiesenem Vermittlungshonorar. Beide Varianten setzen einen Produktabschluss voraus. Das sogenannte Honorar ist dem VDH-Chef zufolge nichts anderes als eine alternative Form der Vertriebsvergütung. "Echte Honorarberatung im Sinne der Paragrafen 34d Absatz 2 oder 34h Gewerbeordnung, also Beratung ohne Verkaufsabsicht, findet nicht statt. Diese entscheidende Trennung wird im Studiendesign vollkommen ignoriert", so der VDH-Chef.

Kein Herausstellen des Nutzens von Beratung
Damit verfehle die Untersuchung das eigentliche Ziel, kritisiert Rauch: die unabhängige Beratung im Sinne des Verbraucherschutzes verständlich zu machen und ihren Mehrwert herauszustellen. "Verbraucher profitieren beispielsweise von einer ganzheitlichen Analyse ihrer Finanzsituation, klaren Handlungsempfehlungen ohne Verkaufsdruck und transparenten Kostenstrukturen. All das bleibt in der vorliegenden Studie außen vor", schreibt Rauch.

Weiter kritisiert er, dass die Studie eher einem Verkaufsexperiment als der Analyse einer Beratung gleiche. Die Studienteilnehmer würden in eine Entscheidungssituation geführt, in der der Abschluss eines Produkts bereits vorgegeben ist – ein Setting, das dem Charakter einer unabhängigen Beratung nicht gerecht werde. "Die Studie zeigt: Auch bei Nettotarifen bleiben die systemischen Probleme bestehen. Vermittlungshonorare ersetzen lediglich die Provision, nicht aber den Interessenkonflikt. Dieser ist zentral – denn nur wenn die Vergütung des Beraters unabhängig vom Verkauf eines Produkts erfolgt, ist eine objektive Beratung möglich", betont Rauch. (jb)