Magellan-Pleite: Management sieht Hauptschuld bei anderen
Ein Brief von Magellan schockiert Anleger und Finanzberater erneut. Das Unternehmen stellt den Containermarkt so dar, als sei er völlig kollabiert. Damit will Magellan offenbar die eigene Pleite rechtfertigen, ohne eigene Versäumnisse einzugestehen.
Der insolvente Containermanager Magellan versucht, das Scheitern des Unternehmens fast ausschließlich mit der allgemeinen Marktlage zu rechtfertigen. Schuld an der Insolvenz seien ein "eng verbundener chinesischer Containerhersteller aufgrund eigener Liquiditätsprobleme" und "Forderungen gegenüber verschiedenen Reedereien, die bis zum Fälligkeitstermin nicht ausgeglichen waren", heißt es im Wortlaut eines Anleger-Schreibens.
Dass sich Magellan mit eigenen Aktivitäten und Entscheidungen – beispielsweise bei den Bestellungen, den Vermietungen oder der generellen Flottenpolitik –verhoben haben könnte, spielt in dem Schreiben keine Rolle. Das ist insofern verwunderlich, weil Geschäftsführer Carsten Jans in dem zweiseitigen Brief vorträgt, dass der Markt katastrophal schlecht sei. Gleichwohl findet sich niemand, der die Schilderungen des Hamburger Unternehmens bestätigt.
"Nur noch 0,10 US-Dollar Miete"
Magellan berichtet von stark gefallenen Preisen für Neucontainer. Deshalb würden die Reedereien Druck auf die Containervermieter ausüben und die Mieten "insbesondere mit Beginn der zweiten Jahreshälfte" drücken. "Aus Branchenkreisen ist aktuell zu hören, dass für Gebrauchtcontainer teilweise nur noch 0,10 US-Dollar pro 20-Fuß-Container und Tag gezahlt werden", erklärt Magellan. Neue Container brächten nur 0,20 bis 0,25 US-Dollar ein.
Außerdem seien die Preise für Gebrauchtcontainer unter Druck. Das erklärt Magellan so: "Es gibt einfach zu viele Gebrauchtcontainer auf dem Markt! Eine Folge der Rücklieferungspolitik der Linienreedereien!" Das Unternehmen deutet eine massive Zunahme untervermieteter Container an, weil Reedereien "signifikant" viele Boxen zurückgäben. Konkrete Zahlen zur Auslastung der eigenen und verwalteten Flotte und zur Auslastung der weltweiten Containerflotte nennt Magellan aber nicht.
Belegfreie Behauptungen
Generell sind die Angaben in dem Rundschreiben sehr vage. Wie alt und in welchem Zustand sind die "Gebrauchtcontainer", die nur noch für 0,10 US-Dollar vermietet wurden oder in Hamburg für "durchschnittlich 600 Euro" verkauft werden? Wie viele Boxen sind davon betroffen? Und wie lauten die Reparatur- und Rückgabebedingungen bei den günstigen Vermietungen, die Magellan meint?
Unpräzise dargestellte Einzelwerte führen den Leser in die Irre und sorgen für Verunsicherung. Bei den Preisen für Neucontainer erwähnt Magellan nicht, dass sich auch der 2015 dramatisch gefallene Stahlpreis auf die Herstellungskosten ausgewirkt hat. Die Zurückhaltung bei Neubestellungen sorgt nicht nur dafür, dass die Hersteller derzeit kein Geld verdienen, sondern auch, dass die globale Containerflotte nicht wächst. Das aber sollte die Auslastung der Boxen und in weiterer Folge die Mieten erhöhen.
Mietangaben nicht isoliert betrachten
Magellan spricht von "Gebrauchtcontainern", ohne den Begriff näher zu definieren. Ein 12 Jahre alter 20-Fuß-Container war laut dem Branchendienst "Drewry" im ersten Halbjahr rund 790 US-Dollar wert. Dieser Wert bezieht sich allerdings auf einen unvermieteten Container ohne Berücksichtigung von allfälligen Reparaturkosten. Ein jüngerer Container ist – abhängig von Alter, Zustand und Vermietung – mitunter mehr wert.
Angaben zu den Leasingraten müssen ebenfalls differenziert betrachtet werden. Laut "Drewry" lag die Miete für einen neuen 20-Fuß-Standardcontainer, der erstmals für fünf Jahre vermietet wird, im zweiten Quartal bei durchschnittlich 0,32 US-Dollar. Das ist jedoch nur ein indikativer Wert, denn die tatsächliche Miete ist unter anderem von der Bonität des Mieters und von den Reparatur- und Rückgabebedingungen abhängig.
Übrigens erzielten fünf Jahre alte Container, die für weitere drei Jahre vermietet werden, laut "Drewry" zuletzt höhere Leasingwagen als neue Container. Und Container mit einem älteren noch laufenden Mietvertrag verdienen wesentlich mehr als 0,32 US-Dollar pro Tag.
Ist nur die Marktkrise Schuld an der Insolvenz?
Der Magellan-Bericht bringt den Vertrieb der Container-Investments in Erklärungsnot, zumal der Containermanager seine Insolvenz ausschließlich auf den schlechten Markt schiebt. Selbstkritische Töne fehlen in dem Rundschreiben, das die Anleger gemeinsam mit dem aktuellen Brief des vorläufigen Invsolvenzverwalters bekommen haben, komplett.
Nun suchen die Vermittler Rat bei anderen Investmentanbietern. "Wir hatten von Vertriebspartnern schon eine Reihe von Anfragen", bestätigt Buss Capital-Geschäftsführer Dirk Baldeweg auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE. Er schließt nicht aus, dass es im Leasingmarkt vereinzelt Vermietungen zu den von Magellan genannten Preisen gegeben hat.
Grundsätzlich habe sich im Marktumfeld für Standardcontainer im Verlauf des Jahres 2016 aber nicht viel verändert. "Tatsächlich hat sich die Situation im Verlauf des Jahres 2016 dahingehend etwas verbessert, dass sich Preise und Mietraten für neue Standardcontainer stabilisiert haben und auch die Restwerte nach einer weiteren Abwärtsbewegung bis Mitte des Jahres nun anfangen, sich zu stabilisieren", berichtet Baldeweg.
Leasingfirmen sahen zuletzt steigende Nachfrage
Die führenden Leasinggesellschaften Triton/TAL, Textainer und CAI haben vor kurzem ihre Berichte für das zweite Quartal 2016 veröffentlicht. Demnach standen die Preise und Leasingraten wie schon zu Beginn des Jahrs unter Druck. "Allerdings haben die Gesellschaften auch berichtet, dass die Nachfrage nach Mietcontainern im zweiten Quartal wieder gestiegen ist. Deshalb hat sich laut der Quartalsberichte auch die Auslastung der Containerflotten verbessert", erklärt Antje Montag, Vorstand der Vertriebsgesellschaft CH2, auf Nachfrage von FONDS professionell ONLINE.
Der Branchendinest "Drewry" und die börsennotierten Leasinggesellschaften berichten unisono, dass im ersten Halbjahr 2016 deutlich weniger neue Container bestellt worden sind als in einem normalen Jahr üblich. Wenn man davon ausgeht, dass gleichzeitig mindestens so viele alte Container ausgemustert werden wie sonst auch, dürfte die weltweite Containerflotte in diesem Jahr kaum wachsen. Das würde bedeuten, dass die großen Marktteilnehmer auf die Entwicklungen in der Containerindustrie reagiert haben und gegensteuern. "Zusammenfassend kann man sagen, dass keinesfalls von einer dramatischen Verschlechterung des Containerleasingmarkts gegenüber Ende letzten Jahres die Rede sein kann", betont Baldeweg. (ae)