Die Insolvenz von drei Gesellschaften der P&R Gruppe sorgt weiterhin für große Unruhe und heftige Diskussionen im Vertrieb und bei Anlegern. Viele Berater und Vermittler befürchten heftige Attacken und Klagen von Investorenvertretern. FONDS professionell ONLINE sprach mit Rechtsanwalt Alexander Pfisterer-Junkert, Partner in der Kanzlei BKL Fischer Kühne + Partner, über heikle Fragen im Fall P&R. Er rät zu Besonnenheit und räumt mit oberflächlichen Behauptungen auf, die sich im Internet viral verbreiten.


Herr Pfisterer-Junkert, inwieweit mussten die Berater beziehungsweise Vermittler die P&R-Produkte, die von der Insolvenz betroffen sind – also nicht nach Vermögensanlagengesetz aufgelegt wurden – eigenhändig auf Qualität und Plausibilität prüfen?
 
Alexander Pfisterer-Junkert: Die Pflicht zur Prüfung einer Kapitalanlage besteht schon seit Jahrzehnten und steht nicht in Zusammenhang mit dem Vermögensanlagengesetz. Der Bundesgerichtshof hat dem Finanzvertrieb seit jeher die Pflicht auferlegt, Anlageprodukte zumindest auf Plausibilität zu prüfen.
 
Wie schätzen Sie die Qualität und Plausibilität ein?
 
Pfisterer-Junkert: Das "Produkt P&R" hat keine besondere Komplexität und ist auch für wenig erfahrene Kapitalanleger gut verständlich. Wer mit offenen Augen durchs Leben geht muss wissen, dass der wirtschaftliche Erfolg maßgeblich von Faktoren wie der weltwirtschaftlichen Entwicklung, der Bonität und Vertragstreue der eingebundenen Vertragspartner und der Managementleistung des Anbieters abhängt. Der im Vergleich zu sonst erhältlichen Containern höhere Preis ließ sich dadurch rechtfertigen, dass man hier ein "System" gekauft hat, das eine erhebliche Managementleistung beinhaltet. Schließlich musste sich ja auch jemand darum kümmern, dass die Container vermietet sind und damit Geld verdienen.
 
Kann die Haftung des Anbieters auf den Vertrieb übergreifen?
 
Pfisterer-Junkert: Nein, grundsätzlich haftet der Vertrieb nur für eigene Fehler. Eine direkte Übertragung der Haftung des Anbieters gibt es nicht. Mittelbar kann der Vertrieb aber in die Haftung kommen, wenn beispielsweise die Verkaufsunterlagen fehlerhaft waren und der Vertrieb im Rahmen seiner Prüfungspflicht einen solchen Fehler hätte erkennen können und gegenüber dem Kunden darauf hätte hinweisen müssen.
 
Unter welchen Umständen war eine Beratung respektive Vermittlung laut herrschender Rechtsprechung fehlerhaft? Anders gefragt: Wer muss den Fehler nachweisen?
 
Pfisterer-Junkert: Die Einzelfälle einer Beweislastumkehr einmal außen vor gelassen, liegt die Darlegungs- und Beweislast für Beratungsfehler bei den Kunden. Fehlerhaft könnte eine Beratung dann sein, wenn keine Aufklärung über die produktimmanenten Risiken erfolgte oder das Produkt nicht in die Anlagestrategie des Kunden passte. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass im erstgenannten Fall die Klagen häufig im Rahmen der Kausalität scheitern. Schließlich muss nicht über etwas aufgeklärt werden, was der Kunde aufgrund früherer Investments ohnehin weiß. Für diesen Umstand ist allerdings dann der beklagte Vertrieb beweisbelastet.

Wie hätten Berater oder Vermittler mit kritischen Presseberichten über P&R und Container-Direktinvestments gegenüber Kunden umgehen müssen?
 
Pfisterer-Junkert: Grundsätzlich hat der BGH als Pflichtlektüre im Finanzgewerbe die FAZ, das Handelsblatt und die Börsenzeitung bestimmt. Die sollte man lesen. Darüber hinaus muss man – zumindest als Vermittler – nicht jedem Bericht eines Brancheninformationsdienstes nachgehen, soweit es sich nur um eine vereinzelte Meinung handelt. Bei Beratern und auch bei Banken sind die Prüfungs- und damit auch die Presseauswertungspflichten höher. Das muss man im Einzelfall bewerten.

Wie sollen sich die Berater gegenüber Anlegern verhalten?
 
Pfisterer-Junkert: Die vielfach – auch anwaltlich – geäußerte Empfehlung, nun nicht mehr mit dem Kunden zu kommunizieren, ist realitätsfremd. Gerade in Krisensituationen wie im P&R-Fall muss die Kommunikation mit dem Kunden eher erhöht werden. Dennoch gibt es zwei Grundsätze, die Vertriebe beachten sollten. Erstens: Bitte nicht in Spekulationen üben, sondern sich bei Aussagen rund um die weitere Entwicklung bei P&R auf die Angaben des Insolvenzverwalters stützen. Zweitens: Die Berater dürfen sich nichts in den Mund legen lassen und sollten sich zur damaligen Vermittlungssituation bedeckt halten. Es besteht die Gefahr, dass manche Berater aus "Mitgefühl" mit langjährigen, guten Kunden etwas bestätigen, was damals nicht so war.
 
Dem Vernehmen nach sind zahlreiche Vertriebspartner von P&R nicht ausreichend versichert. Wie sehen Sie die Situation?
 
Pfisterer-Junkert: Das ist Spekulation. Gleichwohl bietet der Umstand, dass die P&R-Angebote zunächst nicht dem Vermögensanlagengesetz und damit nicht zwingend dem Umfang der Pflichtversicherung unterlagen, Raum für solche Überlegungen. Praktisch muss man sich das im Einzelfall ansehen. Es kann vorkommen, dass keine gültige Versicherung besteht und die Bonität des Beraters im Prozessfall nicht gewährleistet ist.
 
Wie sollen Anleger auf Werbeschreiben von Interessengemeinschaften oder sogenannten Anlegeranwälten reagieren?
 
Pfisterer-Junkert: Es ist verständlich, dass viele verunsicherte Anleger wissen wollen, wie es weiter geht. Deswegen zu einer Interessensgemeinschaft, von denen es ja unzählige gibt, zu rennen, macht aber nicht unbedingt Sinn. Die "richtige“ Gemeinschaft zu finden, ist schwer. Anleger sollten sich die Frage stellen, was die Interessensgemeinschaft tatsächlich für einen jeden tun kann. Wer glaubt, einen Anspruch zu haben, kann auch direkt zum Anwalt gehen.
 
Es ist vielfach zu hören, dass Anwälte für die Zuführung von Mandanten – sowohl auf Finanzdienstleister- als auch auf Anlegerseite – eine Provision bezahlen. Ist das erlaubt?
 
Pfisterer-Junkert: Ein klares Nein. Das ist schlicht unzulässig nach § 49b Abs. 3 BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung). Da gibt es keinen Spielraum.
 
Im Fall Magellan wurden Anleger nur dürftig informiert und letztlich im Regen stehen gelassen. Sie haben beispielsweise keine Informationen über die Kosten für Gutachten und Insolvenzverwaltung und keine detaillierten Angaben über den Verkauf ihrer Container erhalten. Wie lässt sich verhindern, dass die Anleger dem Insolvenzverwalter oder dem Gläubigerausschuss hilflos ausgeliefert sind?
 
Pfisterer-Junkert: Auf die Besetzung des Gläubigerausschusses haben Anleger unmittelbaren Einfluss. Im Rahmen der Gläubigerversammlung können sie Mitglieder wählen. Dort kann man auch anderen Vertretern als denen aus der Magellan-Pleite bekannten seine Stimme geben, wenn man in die zur Disposition stehenden Mitglieder kein Vertrauen hat. (ae)