Unbesetzte Jobs – die neue Normalität in deutschen Banken
Laut einer aktuellen Studie werden bei Banken in Deutschland unbesetzte Stellen zu einem Normalzustand. In vielen Bereichen fehlen Fachkräfte, gleichzeitig gehen zahlreiche Mitarbeiter in Rente.
Bei einer Befragung von 154 Managern bei Banken und Sparkassen in Deutschland gaben 62 Prozent an, dass sie davon ausgehen, dass 2030 mindestens zehn Prozent der Stellen im Unternehmen unbesetzt sein werden. Einige rechneten sogar mit mehr als 20 Prozent. Zu den Teilnehmern gehörten etwa Vorstände und Personalchefs. Durchgeführt wurde die Studie, die der Nachrichtenagentur "Bloomberg" vorab vorliegt, von Protiviti, der Beratungstochter des Personaldienstleisters Robert Half. Schon heute sucht die Branche händeringend nach Mitarbeitern.
"Die anhaltende Vakanz von Stellen wird zunehmend zur neuen Normalität in der deutschen Finanzbranche", erklärte Julia Kirner, Managing Director bei Protiviti, in einem Interview mit "Bloomberg News". "Der Besetzungsprozess gestaltet sich zunehmend langwieriger, wobei offene Positionen oftmals über mehrere Monate hinweg unbesetzt bleiben."
"Global beispiellos"
Grund für die freien Stellen sind in vielen Fällen der Fachkräftemangel und der demografische Wandel. Doch auch die rasante technologische Entwicklung spiele eine Rolle, sagte Boris Walther, Deutschland-Chef von Protiviti. Sie sorge dafür, dass die Ausbildungsprozesse und die Personalverfügbarkeiten der steigenden Nachfrage hinterherhinken. "Diese zeitliche Inkongruenz ist global beispiellos und eine ganz neue Herausforderung", sagte er.
Der Studie zufolge sehen viele Banken mit Blick auf die digitale Transformation inzwischen die Gefahr, dass sie ihre Ziele verfehlen, falls die dafür benötigten Fachkräfte fehlen. Nachdem Personal in der Vergangenheit vor allem als ein Kostenfaktor gesehen worden sei, wächst laut Walther in der Branche nun die Erkenntnis, dass "qualifizierte Fachkräfte eine entscheidende Rolle für den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg" haben.
Eine Umfrage von "Bloomberg News" hatte vor Kurzem gezeigt, dass bei einigen deutschen Banken in den kommenden zehn Jahren bis zu 30 Prozent der Mitarbeiter in Rente gehen, darunter LBBW und Helaba. Diese Ränge müssen wieder aufgefüllt werden, während gleichzeitig zusätzliche Mitarbeiter für Bereiche wie künstliche Intelligenz oder Compliance gebraucht werden.
Allein im vierten Quartal 2024 hatten Banken und Fintechs in Deutschland 39.000 Jobs öffentlich ausgeschrieben – fast ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum, zeigen Zahlen des Berliner Marktbeobachters Index Gruppe.
Wegen langwieriger Abläufe "wandern Bewerber häufig frühzeitig ab"
Dass Stellen für relativ lange Zeit unbesetzt bleiben, liegt laut Kirner auch an den Entscheidungsprozessen innerhalb vieler Finanzdienstleister. "Aufgrund langwieriger Abläufe und einer hohen Anzahl an Auswahlrunden verzögert sich die Einstellung", sagte sie. "Infolgedessen wandern Bewerber häufig frühzeitig ab, da ihnen parallel alternative Beschäftigungsangebote vorliegen."
Ihrer Meinung nach dürften zwischen Bewerbung und Einigung maximal zehn Werktage liegen. Zudem sollten sich Unternehmen aus der Finanzbranche damit arrangieren, "dass Bewerber nicht immer ein 100-prozentiger Match sind". (mb/Bloomberg)