Der Fondsindustrie geht es derzeit nicht schlecht: Die meisten Anbieter dürfen sich über hohe Mittelzuflüsse freuen – den steigenden Kursen und der Suche nach Zinsalternativen sei Dank. Ausruhen sollte sie sich auf diesem Umstand jedoch nicht. Die Asset-Manager täten gut daran, den Kunden viel mehr als bislang in den Mittelpunkt ihrer Vertriebsüberlegungen zu stellen, meint Anke Limbach vom Frankfurter Beratungsunternehmen Concedro. In einem Gastbeitrag für FONDS professionell ONLINE nennt sie einige erste Schritte, die Investmentmanager gehen könnten. (jb)


"Wenn ich mein Kunde wäre, wie würde ich mein Unternehmen erleben?" Diese Frage stellen Anbieter in der Investmentbranche viel zu selten. Und übersehen dabei, dass nach dem Zeitalter der Information schon längst das Zeitalter des Kunden begonnen hat. Reife Märkte, Vergleichbarkeit der Produkte, Verdrängungswettbewerb und nicht zuletzt die steigende Transparenz über das Internet sind die Treiber dieser Entwicklung. Hinzu kommt das weiterhin angeschlagene Vertrauen in die Akteure der Finanzbranche. Dauerhaftes Wachsen in diesem Umfeld kann nur über eine authentische Ausrichtung am Kunden gelingen.

Es geht dabei um eine Strategie, die sich die Erfahrungen der Kunden zu Nutze macht. Es gilt zu verstehen, wie Kunden das Unternehmen erleben, was ihnen gefällt, aber auch was ihnen nicht gefällt – und es ernst zu nehmen. Jede Berührung der Kunden mit dem Anbieter ist daher wichtig – sei es über Werbeanzeigen, soziale Medien, Prozesse wie Depoteinrichtung, virtuell oder mit realen Menschen. Denn es sind diese Erfahrungen, die ihre Kaufbereitschaft und letztendlich ihre Loyalität zum Anbieter beeinflussen. Die Erfahrungen der Kunden haben damit einen direkten Einfluss auf den Unternehmenserfolg – sie systematisch zu erfassen und zu verbessern bietet ungenutzte Chancen.

Erfolgsversprechender Perspektivenwechsel
Trotz viel zitierter Lippenbekenntnisse wie "Der Kunde steht im Mittelpunkt" dominiert in der Finanzbranche nach wie vor der Blick nach innen auf die eigene Organisation. Aus dieser Warte heraus werden Informationen erfasst, Kommunikationskonzepte entworfen, Kunden klassifiziert, Alleinstellungsmerkmale formuliert und letztendlich auch Produkte vertrieben.

Unverzichtbar für die glaubhafte Umsetzung einer kundenorientierten Strategie ist ein Wechsel der Perspektive. Diese Änderung der Blickrichtung ist unerlässlich für jeden, der seine Wachstumsziele dauerhaft erreichen will. Unternehmen sind dabei gefordert, sich selbst mit den Augen der Kunden zu betrachten und sich mit ihnen auf eine Reise durch das eigene Leistungsangebot zu begeben. Diese Strategie hat einen Namen: Customer Experience Management, kurz CEM genannt.

Kundenorientierung, die sich auszahlt
Ein guter Start für diese Reise ist zum Beispiel eine direkte Befragung der Kunden über die "Net Promoter Score"-Methodik. Eine NPS-Erhebung kann unkompliziert durchgeführt werden und liefert dem Unternehmen neue Kennzahlen, die unmissverständlich zeigen, welche Kunden seine Befürworter sind, welche eindeutig nicht, und warum. Daraus lassen sich schnell die wichtigsten Kriterien für positive oder negative Erfahrungen ableiten. Ergebnisse aus anderen Branchen zeigen, dass aus dieser Startposition heraus konkrete Maßnahmen entwickelt werden können, die zu zweistelligen Wachstumsschüben führen.

Im Zeitalter des Kunden braucht es konsequent positive Erfahrungen, um Vertrauen zu schaffen, um Kunden zu begeistern und zu Botschaftern des eigenen Unternehmens zu machen. Und sich einzigartig im Wettbewerb zu differenzieren. Wie ist es also, Kunde Ihres Hauses zu sein? Wie sehen die alltäglichen Erfahrungen Ihrer Kunden mit Ihrem Unternehmen aus? Wie wirken sich diese auf die Bereitschaft der Kunden aus, mehr Umsatz mit Ihnen zu machen, Sie sogar weiter zu empfehlen – oder sich lieber von Ihnen zu verabschieden?