Vom Berater zum Finanzcoach: Vier Erfahrungsberichte
Mitunter ist ein Kunde in Gelddingen mental blockiert. Mit einer klassischen Anlageberatung oder Finanzplanung ist ihm dann kaum geholfen – wohl aber mit einem Finanzcoaching. FONDS professionell hat sich bei Experten umgehört, was diese Dienstleistung ausmacht.
Wie lässt sich das Erbe fair aufteilen? Welche Bedeutung hat Geld in der Beziehung? Warum fällt es manchen Menschen so schwer, die eigentlich längst gefällte Anlageentscheidung tatsächlich umzusetzen? Viele Berater treffen bei ihren Kunden auf Fragen, die wenig mit einer klassischen Anlageberatung oder Finanzplanung zu tun haben. In solchen Fällen kann ein Finanzcoaching helfen.
"Der Coach arbeitet an Fragen, auf die Google keine Antwort weiß", sagt Monika Müller, Gründerin von FCM Finanz Coaching in Wiesbaden. "Darum gibt es auch keine digitalen Tools und Apps, die den Coach ersetzen könnten." Müller bezeichnet Coaching als "wirklich persönliche Dienstleistung". Das wiederum macht die Aufgabe für Berater interessant: Offensichtlich ist Finanzcoaching ein Arbeitsgebiet, auf dem die Digitalisierung so schnell keine Jobs zerstören kann.
In der Bilderstrecke oben berichten Berater, wie sie zum Finanzcoaching kamen und was diese Dienstleistung ihrer Meinung nach ausmacht – einfach weiterklicken!
Müller versucht, den Unterschied zwischen Finanzberatung und -coaching anhand eines Vergleichs zu veranschaulichen: "Sowohl Berater als auch Coachs arbeiten mit Fragen, die Zielsetzung ist jedoch eine andere: Der Berater möchte in erster Linie Informationen sammeln, um geeignete Empfehlungen zu geben. Der Coach dagegen stellt Fragen, um Denkprozesse bei seinem Klienten, dem Coachee, anzustoßen – sie werden auch 'wirkungsvolle' Fragen genannt." Sie sieht Coaching und Beratung als komplementär an. "Die Dienstleistungen ergänzen sich gut, das eine kann das andere aber nicht ersetzen", sagt sie.
"Jeder kann sich Coach nennen"
Es gibt mehrere Wege, sich zum Finanzcoach weiterzubilden. Manche Berater absolvieren eine klassische Coaching-Ausbildung, andere durchlaufen Müllers Seminarprogramm zum "FCM Finanz Coach", das 200 Stunden beansprucht und den Stempel der International Coach Federation (ICF) trägt, dem weltweit größten Coaching-Berufsverband.
Einige Marktteilnehmer sparen sich einen solchen Aufwand allerdings und bezeichnen sich trotzdem als Finanzcoach. "Coaching ist leider kein geschützter Begriff. Jeder kann sich so nennen", sagt Hans-Joachim Barth aus Ulm, der seit 1997 selbständig tätig in der ganzheitlichen Finanz- und Vermögensplanung tätig ist. "Für Kunden ist es darum wichtig, darauf zu achten, dass gewisse Standards eingehalten werden. Wenn ein Vermittler nur 'Finanzcoach' auf seine alte Dienstleistung schreibt, ist dem Kunden damit wenig geholfen." (bm)
Einen ausführlichen Artikel über Finanzcoaching lesen Sie in FONDS professionell 2/2019 ab Seite 268. Angemeldete FONDS professionell KLUB-Mitglieder können den Beitrag auch hier im E-Magazin abrufen.
Kommentare
Berater, Vermittler oder Finanzcoach
AntwortenSolange der Begriff Finanzcoach als Weg zur einfacheren Vermittlung dient, ist die Verwendung des Begriffs FC scheinheilig und unangemessen. Wenn ein potentieller Anleger "gecoacht" werden muss, so bezieht sich das vorhandene Defizit nicht nur auf finanzielle Aspekte, sondern ist auch in anderen Lebensbereichen einer solchen Situation zu finden. Deshalb ist Coaching ein eigener Vorgang und hat mit Finanzberatung oder Finanzvermittlung nichts zu tun. Ein Coach, welcher sein Handwerk nur in Verbindung mit Finanzen anwenden kann ist nicht hilfreich. Die betroffen Person benötigte sonst ggfs. auch noch ein Frisurcoach, Medizincoach, Sportcoach, Stilcoach, Mobilcoach, Umweltcoach etc. Entweder ist jemand in der Lage zusammen mit seinem Klienten Blockaden grundsätzlich zu lösen oder nicht. Der Begriff FC, ist geeignet die eigentliche Verkaufsabsicht des Anbieters zu verschleiern.
bernhard.stern@sternass.de am 25.06.19 um 21:27AW: Berater, Vermittler oder Finanzcoach
AntwortenGerne nehme ich die Antwort zum Anlass, einige Gedanken zu vertiefen. Ja, wie auch im Artikel beschrieben: Coaching ist ein ungeregelter Markt. Missbrauch, Coaching das keines ist, oder Coaching, das den Namen aufgrund von schlechter Qualität nicht verdient, sind möglich und finden leider auch statt. Das bedauere ich. Und ich bin in einem Berufsverband engagiert, der einen Beitrag leistet, diese Entwicklung zu begrenzen. Gerade dieser wirklich gut recherchierte Artikel dient dazu, das Augenmerk auch auf diese Phänomene zu legen. Gleichzeitig zeigen der Artikel und die Praxis: Finanzcoaching ein Coaching, bei dem weit mehr als nur Anlagefragen gestellt werden. Deshalb ist Finanzcoaching eine Dienstleistung, die eine wichtige Ergänzung zur Anlageberatung darstellt. Finanzcoach ist ein (Kunst)Begriff, der dem Interessent zeigen soll, in welchem Bereich der Coach einen Schwerpunkt seiner Dienstleistung sieht. Die Grundaussage ist: Coaching bei Entscheidungen, bei denen Geld und Risiko eine zentrale Rolle spielen. Da ich persönlich seit 20 Jahren Portfoliomanager, Finanzberater, wie auch Unternehmer und Privatkunden als Finanzcoach, ohne Beraterin zu sein begleite, kann ich aus meiner Erfahrung heraus sagen, dass sich die vorhandenen „Defizite“ bei keinem Menschen nur auf finanzielle Aspekte beziehen. Bei menschlichen Entscheidungen über Geld und Risiko, und den damit verbundenen Blockaden, spielen fast immer auch Gefühle eine Rolle. Die Gehirnforschung hat uns gezeigt: Es gibt keine Entscheidung ohne Gefühle. Sie bilden zusammen mit dem Verstand und der Intuition unser „Navigationssystem“. Und das kommt manchmal aufgrund von „schlechten“ Erfahrungen beim Anlegen, vorhandener Unsicherheit aufgrund von mangelndem Wissen, oder anderer Faktoren ins Stocken. Jeder gute Finanzcoach sollte diese Unterschiede erkennen, und ggf. auch andere Maßnahmen (wie zum Beispiel geeignete finanzielle Bildung oder Beratung) empfehlen. Manchmal kann sogar eine psychotherapeutische Maßnahme notwendig sein. So wie jeder Finanzberater, der mental-emotionale Blockaden bei seinem Kunden vermutet, die Möglichkeit hat seinem Kunden ein Finanzcoaching zu empfehlen. Wer in beiden Bereichen (z. B. als Finanzplaner und Finanzcoach) fundiert ausgebildet ist, der kann – wenn er dies dem Kunden transparent macht – auch beides auf hohem Niveau anbieten. Meine Meinung ist eindeutig: Jeder Coach (in welchem Bereich auch immer), sollte eine fundierte und bestenfalls akkreditierte (und damit Qualitätskontrollierte) Ausbildung vorweisen können. Wer noch in Ausbildung ist, der sollte dies seinen Kunden transparent machen. Wer ausgebildet ist, der sollte sich kontinierlich weiter bilden. Das ist noch keine Garantie, aber eine gute und notwendige Grundlage für die bestmögliche Unterstützung des Kunden.
monika.mueller@fcm-coaching.de am 26.06.19 um 20:19