Auf EZB-Chefin Lagarde wartet schon der nächste Top-Job
Der überraschende Rückzug des Weltwirtschaftsforum-Vorsitzenden Klaus Schwab erschwert die Übergabe an Nachfolge-Favoritin Christine Lagarde. Ihre Verfügbarkeit ist fraglich – und das WEF steht nun vor einer schwierigen Neuausrichtung.
Das plötzliche Ausscheiden von Klaus Schwab aus dem Weltwirtschaftsforum (WEF) hat die intern geplante Nachfolge-Regelung erheblich erschwert. Das berichten Personen mit Kenntnis der Gespräche. Schwab, der das WEF vor über 50 Jahren gründete, wollte ursprünglich bis Anfang 2027 im Amt bleiben – in diesem Jahr endet auch die Amtszeit von Christine Lagarde als EZB-Präsidentin, die als Wunschkandidatin für seine Nachfolge galt.
Vergangenen Monat trat Schwab jedoch vorzeitig zurück – unter dem Druck von Vorwürfen finanzieller Unregelmäßigkeiten und internen Spannungen mit dem Stiftungsrat. Schwab weist alle Anschuldigungen zurück.
Lagarde bleibt Wunschkandidatin – steht aber nicht sofort zur Verfügung
Trotz der neuen Lage gilt Christine Lagarde innerhalb des Stiftungsrats weiterhin als Favoritin für die künftige Leitung des WEF. Laut Insidern wurden nach Schwabs Rückzug bereits interne Gespräche über eine mögliche Nachfolge geführt. Allerdings hat Lagarde ihre Absicht bekräftigt, ihre EZB-Amtszeit bis 2027 vollständig zu erfüllen.
Da Lagarde also mittelfristig nicht zur Verfügung steht, fehlt dem Forum aktuell eine klare Nachfolge-Regelung. Die Suche nach einer geeigneten Führungspersönlichkeit gestaltet sich auch deshalb schwierig, weil mehrere strukturelle und finanzielle Herausforderungen bewältigt werden müssen.
Neue Führung muss das WEF reformieren – und stabilisieren
Die künftige Spitze des WEF steht vor zentralen Aufgaben: Neben einer strukturellen Aufarbeitung von Vorwürfen wie Sexismus und Mobbing muss das Forum auch sicherstellen, dass die Mitgliedsbeiträge globaler Unternehmen, die jährlich mehrere hundert Millionen Dollar einbringen, stabil bleiben.
Zudem gilt es, die Relevanz des jährlichen Treffens im Januar in Davos zu sichern – ein Event, das weiterhin als einer der wichtigsten Treffpunkte der globalen Wirtschaftselite gelten soll.
Lagarde als Reformfigur mit internationaler Strahlkraft
Lagarde bringt laut Beobachtern die notwendige internationale Erfahrung und Reputation mit, um das Forum neu auszurichten. Ihre Karriere begann sie als Anwältin, später war sie Frankreichs erste Finanzministerin sowie geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds. Seit 2019 steht sie an der Spitze der Europäischen Zentralbank. Ihre achtjährige Amtszeit endet 2027 – eine Verlängerung ist laut Statut nicht möglich.
Gerüchte um Nachfolge-Kandidaten
Aktuell führt der ehemalige Nestlé-Chairman Peter Brabeck-Letmathe den Stiftungsrat kommissarisch. Weitere Mitglieder sind unter anderem Blackrock-Chef Larry Fink, IWF-Chefin Kristalina Georgieva, Ex-US-Vizepräsident Al Gore sowie Lagarde selbst.
Wie es aus mit der Angelegenheit vertrauten Kreisen heißt, will der Stiftungsrat zeitnah über die Nachfolge entscheiden.
Ein Name, der ebenfalls kursiert, ist Philipp Hildebrand, ehemaliger Präsident der Schweizerischen Nationalbank und heute bei Blackrock tätig. Seine mögliche Berufung in den Stiftungsrat wird laut Insidern auch mit dem Wunsch verbunden, den Einfluss der Schweiz auf das WEF zu sichern – ein Anliegen, das auch in der Schweizer Regierung an Bedeutung gewonnen hat.
Weder das WEF, die EZB noch die beteiligten Personen oder Institutionen gaben auf Anfrage eine Stellungnahme ab. (mb/Bloomberg)