Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat wie jedes Jahr auch für 2022 das Gros der unter Bundesaufsicht stehenden 133 Pensionskassen einem kurzfristigen Stresstest unterzogen. 15 Kassen waren von der Pflicht befreit. Solche Befreiungen spricht die Bafin in aller Regel nur bei Pensionskassen aus, bei denen die Risikotragfähigkeit aufgrund risikoarmer Kapitalanlagen ohnehin gegeben ist. Im Rahmen des aktuellen Stresstests wurden sechs der 15 Kassen befreit, weil sie aufgelöst werden, etwa nach Bestandsübertragungen, teilte ein Sprecher mit. Aktuell geht die Generali Deutschland Pensionskasse in den Run-off.   

Ergebnis: Von 118 teilnehmenden Pensionskassen unter Bafin-Aufsicht weisen 15 Kassen nach derzeitigem Stand ein negatives Ergebnis im Stresstest auf (Vorjahr: acht Kassen). "Ursächlich hierfür sind insbesondere die im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangenen Bewertungsreserven bzw. entstandenen stillen Lasten", erklärte ein Bafin-Sprecher auf Nachfrage von FONDS professionell ONLINE.

Keine Kasse steht kurz vor dem Kollaps
Hintergrund: Die Behörde vermeidet bewusst die Aussage, dass eine Pensionskasse den Stresstest nicht bestanden hat oder durchgefallen ist. Stattdessen spricht sie von einem negativen Ergebnis. "Damit möchten wir falsche Rückschlüsse aus den Ergebnissen des Stresstests – etwa, dass eine Kasse kurz vor dem Kollaps steht – bereits im Keim ersticken", so der Sprecher. Zudem haben die gestiegenen Zinsen einen günstigen Effekt auf die Neu- und Wiederanlage, was sich mittel- bis langfristig positiv auf die Fähigkeit der Kassen auswirken sollte, den Rechnungszins zu erwirtschaften.

Ein Grund für die zurückhaltende Wertung: Der Stresstest simuliert mit Hilfe von vier Stressszenarien nur eine kurzfristige, adverse Kapitalmarktveränderung und betrachtet deren bilanzielle und wirtschaftliche Auswirkungen für die Kassen. Er misst, ob eine Kasse nach einem Stress voraussichtlich noch die Eigenmittelvorschriften zum nächsten Bilanzstichtag erfüllen kann. Der Stresstest umfasst ein Marktänderungsrisiko für Aktien, festverzinsliche Wertpapiere (des Umlaufvermögens) und Immobilien sowie ein Bonitätsrisiko für den Fixed-Income-Bereich. Im isolierten Aktienszenario wurde ein Kursrückgang von 30 Prozent simuliert.

Kurzfristig ausreichende Risikotragfähigkeit, langfristig leichte Besserung
Die Ergebnisse des Stresstests zeigten, dass der weit überwiegende Teil der Pensionskassen unter Bundesaufsicht auch in Stresssituationen eine ausreichende kurzfristige Risikotragfähigkeit aufweist. Bei allen Kassen mit negativem Ergebnis sind laut dem Sprecher "kurzfristig Aufsichtskontakte vorgesehen, um die Gründe für das negative Ergebnis zu ermitteln und gegebenenfalls Maßnahmen zu erörtern".

Mittel- und langfristig ist die Prognoserechnung wichtiger, die die Behörde Pensionskassen und auch Pensionsfonds zuletzt zum 30. September 2022 abverlangt hatte. Zu Ergebnissen macht die Bafin noch weniger Angaben als zum Stresstest. "Die Lage hat sich sowohl bei den Pensionskassen als auch bei den Pensionsfonds leicht verbessert", so der Sprecher auf Nachfrage. Bei Pensionskassen werden in der Prognoserechnung neben laufendem Geschäftsjahr (Jahr 1) auch die folgenden 4 beziehungsweise 14 Jahre abgefragt. Bei manchen Kassen wird zudem deren Prognose für die Jahre 6 bis 15 angefordert, sofern sie unter intensivierter Aufsicht stehen, unter die Pflicht zur Bildung einer Zinszusatzreserve fallen oder Ende 2021 noch mit einem höheren Rechnungszins als 2,5 Prozent gearbeitet hatten.

Verschwiegenheitspflicht contra Transparenz
Wie stets ist die Anstalt zurückhaltend mit Einzelheiten und nennt auch nicht die Namen von Unternehmen. Hintergrund ist die Pflicht zur Verschwiegenheit (nach Paragraf 309 VAG; externer Link), die es der Behörde verbietet, Namen von Versicherern und Pensionskassen zu nennen. Dies betreffe auch die Veröffentlichung von Informationen, bei welchen Unternehmen Missstände, Schwächen oder Mängel festgestellt worden sind.

Immerhin wurde am Rande der Jahrespressekonferenz bekannt, dass aktuell gut 20 Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht stehen – ein Drittel weniger als noch im Oktober 2022. Bei den Lebensversicherern ist neuerdings kein einziges Unternehmen mehr unter dieser intensivierten Aufsicht. Grund: Erstmals seit dem Start von Solvency II im Jahr 2016 gab es Mitte 2022 bei allen Lebensversicherern eine hinreichende Solvenzkapitalbedeckung auch ohne Übergangsmaßnahmen, schreibt die Behörde im aktuellen Bafin-Journal (externer Link). Zu Jahresanfang war noch die Rede von 15 Lebensversicherern gewesen und 2021 war die Lage noch angespannter. (dpo)