Robo-Berater boomen offenbar. Weltweit hat sich das von den digitalen Vermögensverwaltern betreute Vermögen in den vergangenen zwei Jahren mehr als vervierfacht auf rund 980 Milliarden US-Dollar (898 Mrd. Euro), wie das englische Nachrichtenportal "Learn Bonds" unter Berufung auf eigene Recherchen meldet. Vor allem die US-Anbieter wachsen.

Auch in Deutschland existiert eine große Zahl digitaler Vermögensverwalter, die bei Anlegern Geld einsammeln möchten. Einer davon ist Solidvest, der Online-Vermögensverwalter der DJE Kapital, der im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern auf Investments in Einzeltitel setzt statt auf börsengehandelte Indexfonds (ETFs). FONDS professionell ONLINE sprach mit Sebastian Hasenack, Leiter Vertrieb bei Solidvest, über dessen Absatzkanäle und die Zukunft des Marktes.


Herr Hasenack, einige Online-Vermögensverwalter am deutschen Markt haben bereits die Schwelle von einer Milliarde Euro an verwaltetem Kundenvermögen überschritten. Welche Summe betreut Solidvest?

Sebastian Hasenack: Es tut mir leid, aber wir nennen hier keine Zahlen.

Nun gut…

Hasenack: Ich kann aber verraten, dass wir, im Gegensatz zu anderen Online-Vermögensverwaltungen, mit Solidvest unweit der Gewinnzone sind – und vor allem weiter wachsen, was auch Priorität vor der Erzielung von Gewinnen hat.

Sie wollen aber doch Geld verdienen?

Hasenack: Schon, aber um Geld zu verdienen, muss man auch etwas investieren und gewisse Dinge ausprobieren. Genau das macht DJE mit Solidvest. Wir sind ein "Corporate-Start-up", ein "Digital Lab". So testen wir auch neue Wege der Kundenansprache, um letztlich neue Vertriebskanäle zu etablieren. Das läuft gut – die Resonanz wächst stetig.

Wer sind Ihre Kunden?

Hasenack: Die sogenannten Gap-Kunden. Also häufig diejenigen, deren Vermögen zu groß für eine Bank, aber auch zu klein für einen klassischen Vermögensverwalter ist.

Sie erwähnten eben, dass nicht wenige Robos noch nicht einmal in die Nähe der Gewinnzone gekommen sind. Was sind die Gründe?

Hasenack: Richtig, einige Mittbewerber werden mit der aktuellen Ausrichtung nicht lange bestehen bleiben können, vereinzelt haben bereits Anbieter den Markt verlassen. Speziell Start-ups, die keine Bank, keinen Vermögensverwalter oder Softwareanbieter im Hintergrund haben, haben keinen leichten Stand, da aufgrund einer fehlenden Bekanntheit oft horrende Werbekosten gestemmt werden müssen, um Kunden digital zu gewinnen. Das Problem besteht darin, dass die Kundengewinnungskosten erst einmal wieder verdient werden müssen. So müssen die zu erwartenden Einnahmen für eine bestimmte Zeit vorfinanziert werden – was speziell für Start-ups mit oftmals sehr niedrigen Preismodellen ein massives Problem darstellt.

Haben Sie hier genaue Zahlen?

Hasenack: Grundsätzlich gesprochen: Entscheidend ist die Summe, die ein Kunde investiert, und die Zeit, die er bei einem Vermögensverwalter bleibt. Je kleiner die Summe und je schneller er weg ist, desto weniger verdient man an einem Kunden. Wir haben bei Solidvest die grobe Kalkulation, dass wir Kunden, die im Schnitt 60.000 Euro anlegen, rund 14 Monate vorfinanzieren müssen.

Sie setzen also auch auf die Online-Akquise?

Hasenack: Klar, hauptsächlich! Aber man braucht auch andere Vertriebswege, um Erfolg zu haben. Wir kooperieren zum Beispiel so mit Banken, dass entweder deren Berater zusammen mit dem Kunden eine Vermögensverwaltung bei uns abschließen oder der direkte Zugang zu Solidvest gezielt ins Online-Angebot der Bank eingebunden ist. Außerdem arbeiten wir mit gewerblichen Finanzanlagenvermittlern zusammen, die als Tippgeber fungieren.

Interessant. Wie viele Vermittler haben sich Ihnen hierfür angeschlossen?

Hasenack: Mehr als 170. Tendenz steigend. Zuletzt haben wir deutlich steigenden Zulauf gehabt.

Wenn das Internet Ihr Vertriebsweg Nummer eins ist: Sind die Angebote von kleineren und mittleren Vermögensverwaltern, die ihre Robos mithilfe von "Baukästen" selbst erstellen können, eine ernst zu nehmende Konkurrenz für Sie?

Hasenack: Nicht wirklich. Diese "Baukästen" funktionieren nicht auf Dauer, da die Vermögensverwalter den Online-Akquise-Prozess noch unterschätzen. Zunächst muss man einen potenziellen Kunden überhaupt auf die Seite beziehungsweise zum Angebot lotsen, was, wie vorhin erwähnt, nur mit vergleichsweise teurer Werbung möglich ist. Danach muss man unter anderem mit News, Webinaren und Demo-Depots konkreten Nutzwert bieten. Es dauert prinzipiell bis zu vier Wochen, bis ein Abschluss im Netz erfolgt. Die digitalen Abschlussstrecken, die viele kleineren Anbieter nutzen können, bieten nicht alle dazu nötigen Funktionen. Wenn sich also nur fünf Kunden im Jahr zufällig auf die Internetseite des Finanzdienstleisters verirren, muss man sich fragen: Lohnt sich das?

Noch einmal zurück zum Ausblick für die Branche…

Hasenack: Gern. Ich gehe mittel- bis langfristig davon aus, dass die großen Robos bestehen bleiben und circa 90 Prozent des Marktes unter sich aufteilen werden – ähnlich wie es auch in der klassischen Vermögensverwaltung zu beobachten ist. Die übrigen Gesellschaften verschwinden entweder vollständig oder werden ihr Geschäftsmodell drastisch anpassen. Kleine Anbieter können beispielsweise als Technologiedienstleister für Dritte auftreten. Ich halte diese Konsolidierung und Neuausrichtung für absolut normal.

Und Solidvest gehört zu ersten Gruppe?

Hasenack: Ja, wir sind sehr zuversichtlich, dass sich unser Ansatz langfristig behaupten kann. Gemeinsam mit unseren Kollegen der DJE Kapital werden wir für Kunden unser digitales Angebot stetig weiter ausbauen. 

Wir danken für das Gespräch. (jb)