"Eine echte Herausforderung für Berater"
Martin Pitzer, Deutschlandchef von Morgan Stanley Investment Management, im Interview mit FONDS professionell ONLINE über die Tücken des ELTIF-Booms und die Frage, warum er sein Vertriebsteam ganz anders organisiert hat als die meisten Wettbewerber.
Morgan Stanley Investment Management verwaltet weltweit stolze 1,7 Billionen US-Dollar. Das 1975 gegründete Unternehmen beschäftigt aktuell rund 4.750 Mitarbeiter und unterhält 56 Niederlassungen in 24 Ländern. Verantwortlich für das Frankfurter Büro ist Martin Pitzer. FONDS professionell ONLINE sprach mit ihm über die Aufstellung des Asset Managers in Deutschland, die Pläne des Anbieters für einen ELTIF und die Bedeutung verschiedener Kundengruppen für den US-Vermögensverwalter.
Herr Pitzer, Sie arbeiten seit mittlerweile 15 Jahren für Morgan Stanley Investment Management in Deutschland, seit gut zehn Jahren leiten Sie die Niederlassung in Frankfurt. Wie hat sich das Geschäft seither entwickelt?
Martin Pitzer: Sehr dynamisch. Als ich zu Morgan Stanley kam, arbeiteten im Frankfurter Sales-Team der Asset-Management-Sparte gerade mal zwei Kollegen. Heute sind wir im Vertrieb zu zehnt. Hinzu kommen drei Investmentteams.
Für welche Anlageklassen oder Investmentstrategien?
Pitzer: Die Kollegen managen Private-Markets-Mandate für institutionelle Investoren, konkret in den Bereichen Immobilien, Infrastruktur und Private Credit, also Darlehen von Nichtbanken.
Bei diesen Stichworten kommt einem aktuell automatisch der ELTIF in den Sinn. Denken Sie darüber nach, dieses relativ neue Vehikel zu nutzen, um auch Privatanleger anzusprechen?
Pitzer: Ein Produkt haben wir zwar noch nicht am Markt, aber wir planen in diese Richtung. ELTIFs sind ein sehr interessantes Vehikel, wenn es darum geht, Private-Markets-Anlagen gewissermaßen zu demokratisieren.
Können Sie schon sagen, welche Anlageklasse Sie im Auge haben?
Pitzer: Wir denken über einen Private-Credit-Fonds für den Wealth-Channel nach. Diese Kundengruppe möchte sich in aller Regel nicht für zehn Jahre oder länger festlegen, sondern ihr ist eine gewisse Liquidität wichtig. Im Private-Credit-Segment lässt sich das gut darstellen, anders als etwa mit Infrastrukturinvestments.
Die meisten ELTIFs sehen aber doch gewisse Rückgabemöglichkeiten vor, auch im Infrastruktur- oder Private-Equity-Bereich.
Pitzer: Ja, aber das bekannte Grundproblem bleibt bestehen: Wenn illiquide Assets in offene Fonds verpackt werden, besteht immer das Risiko, dass der Produktanbieter nicht alle Rückgabewünsche der Anleger erfüllen kann, selbst wenn diese im Voraus angekündigt werden müssen. Alternativ müsste der Manager eine sehr hohe Cash-Quote vorhalten, was die Performance der zugrundeliegenden Strategie verwässern würde. Das ist eine echte Herausforderung für den Vertrieb: Der Berater muss genau verstehen, was der Kunde möchte und welches Produkt wirklich zu ihm passt. Ich hoffe sehr, dass dieser Punkt angesichts des aktuellen ELTIF-Booms nicht vergessen wird. Geschlossene ELTIFs könnten eine Option sein, um solchen Privatinvestoren, für die regelmäßige Liquidität weniger wichtig ist, ein möglichst unverwässertes Portfolio illiquider Assets wie Private Equity oder Infrastruktur anzubieten.
Warum ist das Private-Credit-Segment mit Blick auf die Liquidität unkritischer zu sehen als etwa Infrastruktur, Private Equity oder Immobilien?
Pitzer: In dieser Anlageklasse generieren Sie stetige, relativ hohe Cashflows. Sie haben also immer etwas Cash im Portfolio, ohne die Anlagestrategie verwässern zu müssen. Hinzu kommt, dass die Laufzeit solcher Kredite selten über drei Jahren liegt. Auch das sorgt regelmäßig für Rückflüsse.
Welchen Einfluss haben Zinsänderungen am Markt auf diese Papiere? Sinkt ihr Wert, wenn die Zentralbank den Leitzins erhöht?
Pitzer: Die meisten Loans sind "Floating Rate"-Papiere, die Zinszahlungen ändern sich also mit dem Zinsniveau am Markt. Die Volatilität dieser Anlageklasse ist daher gering. Das alles in Verbindung mit vergleichsweise hohen Zinsen macht Private-Credit-Investments auch für Privatanleger interessant.
Zurück zum Vertrieb, den Sie in Deutschland verantworten: Wie haben Sie Ihr Team organisiert, zum Beispiel nach Produktgruppen oder Regionen?
Pitzer: Wir sind da anders aufgestellt als die meisten Wettbewerber. Bei uns gibt es keine Aufteilung nach Sparten oder Kunden, sondern wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz. Sprich: Alle Teammitglieder müssen mit unterschiedlichsten Kundengruppen zu verschiedenen Produkten kommunizieren können.
Das heißt als Mitarbeiter in Ihrem Team muss ich zum Beispiel heute mit einem Dachfondsmanager über einen Aktienfonds reden können und morgen mit einer Pensionskasse über ein Immobilienmandat – das funktioniert?
Pitzer: Ja, aber nur, weil wir sehr integriert arbeiten. Für die Kultur innerhalb des Teams ist das übrigens sehr hilfreich: Es gibt kein Denken in Silos oder Territorien. Wenn das Telefon des Kollegen klingelt, der gerade nicht am Platz ist, muss jeder aushelfen können. Das schweißt zusammen…
… und stellt hohe Ansprüche an die Mitarbeiter.
Pitzer: Das stimmt. Darum stellen wir am liebsten Nachwuchskräfte ein, die direkt von der Uni kommen und die wir dann sukzessive selbst an die verschiedenen Themen heranführen. Wer schon jahrelang nur eine bestimmte Kundengruppe betreut hat, dürfte sich mit unserem Modell eher schwertun.
Welche Rolle spielt denn das Wholesale- im Vergleich zum institutionellen Geschäft?
Pitzer: Etwa zwei Drittel des von unserem Team betreuten Vermögens entfällt auf klassische institutionelle Investoren wie Versicherer oder Pensionskassen, das andere Drittel auf Intermediäre wie Dachfonds, Banken, den freien Vertrieb oder das Fondspolicengeschäft.
Im Wholesale-Geschäft dürften Aktienfonds wie der Morgan Stanley Global Opportunity, der Global Brands oder der US Growth Fund eine relativ dominante Rolle spielen, oder?
Pitzer: Ja, mit den genannten Produkten werden wir sicherlich häufig in Verbindung gebracht. Im Retail-Bereich werden wir eher als Aktienhaus wahrgenommen, dabei haben wir auch viele gute Anleihenfonds. Das ist ein Grund, warum ich im Wholesale-Bereich insbesondere auf der Rentenseite noch große Wachstumschancen sehe.
Vielen Dank für das Gespräch. (bm)