Eklat bei ETF-Anbieter: Anteilseigner watschen Vorstand ab
"Wertvernichtung", "Unfähigkeit" sowie eine "ineffiziente Managementkultur": Zwei Anteilseigner erheben schwere Vorwürfe gegen die Führung des ETF-Anbieters Wisdom Tree. Sie nominieren drei neue Mitglieder für den Verwaltungsrat – und fordern die Ablösung von Firmenchef Jonathan Steinberg.
Bei Wisdom Tree, dem Anbieter börsengehandelter Indexfonds (ETFs), ist es zu einem handfesten Eklat zwischen zwei Anteilseignern und dem Vorstand des Unternehmens gekommen. In einem offenen Brief fordern die Großaktionäre ETFS Capital und Lion Point Capital den Rücktritt des Wisdom-Tree-Gründers und Vorstandschefs Jonathan Steinberg. Die beiden Anteilseigner nominieren zudem drei eigene Kandidaten für den Verwaltungsrat.
Der Gesellschaft ETF Securities hatte 2018 ihr Europa-Geschäft, insbesondere mit Rohstoffen (ETCs) und anderen börsengehandelten Produkten (ETPs), an den US-Anbieter Wisdom Tree in einem mehr als 500 Millionen US-Dollar schweren Deal verkauft. Im Gegenzug erhielt ETFS einen Anteil an Wisdom Tree in Höhe von 18,6 Prozent. Der Hedgefonds Lion Point hält 3,1 Prozent. Zusammen sind die Gesellschaften die größten Anteilseigner von Wisdom Tree.
"Glaubwürdigkeit verspielt"
Doch nun kam es zum Zerwürfnis zwischen ETFS-Gründer Graham Tuckwell und Wisdom Tree. ETFS und Lion Point werfen der Wisdom-Tree-Führung eine "offensichtlich ineffektive Managementkultur" vor. Zudem konstatieren sie "die Vernichtung von investiertem Kapital, die Unfähigkeit, die Kostenstruktur an Branchenstandards anzupassen, und das Versäumnis, das verwaltete Vermögen im Einklang mit seinen Wettbewerbern zu steigern". Wisdom Tree habe "seine Glaubwürdigkeit verspielt".
Dies zeige sich auch in einer Verschlechterung der Bilanzkennzahlen seit der Übernahme des Europageschäfts von ETFS sowie eine schwache Aktienkursentwicklung. Die Bewertung hinke um 60 Prozent hinter dem Dow-Jones-Asset-Managers-Index zurück. Die Wisdom-Tree-Aktionäre hätten insgesamt einen Wertverlust in Höhe von 400 Millionen US-Dollar erlitten, rechnen ETFS und Lion Point vor. Zudem halten sie dem Haus eine "exzessive Vergütung" vor.
"Wichtige Kompetenz, die fehlt"
Obendrein bemängeln die beiden aufsässigen Anteilseigner, dass im Verwaltungsrat kaum Köpfe mit einschlägiger ETF-Erfahrung sitzen. "Eine äußerst wichtige Kompetenz, die dem derzeitigen Gremium schmerzlich fehlt", heißt es in dem Schreiben. Insbesondere verfüge kein Mitglied über Erfahrung im europäischen ETF-Markt. Die beiden Anteilseigner nominieren daher für die nächste Hauptversammlung drei Kandidaten, und zwar Deborah Fuhr, die Gründerin und Leitern des ETF-Datenhauses ETFGI, Lynn Blake, ehemalige Investmentchefin von State Street Global Advisors, sowie Tuckwell selbst. Doch damit nicht genug: "Wir sind der festen Überzeugung, dass Wisdom Tree dringend einen neuen Vorstandschef benötigt", fordern ETFS und Lion Point.
Wisdom Tree bestätigte in einer Mitteilung lediglich, dass die drei Kandidaten für die Wahl auf der Hauptversammlung nominiert worden seien. Auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE wollte Wisdom Tree die in dem Brief erhobenen Vorwürfe nicht kommentieren. ETFS und Lion Point wiederum betonten, sie hätten mehrfach ihre Bedenken und Forderungen gegenüber der Führung von Wisdom Tree geäußert. Da jedoch keine Einigung abzusehen sei, habe man keine andere Möglichkeit gesehen, als eine breitere Öffentlichkeit über die "Fehltritte" der Wisdom-Tree-Führung zu informieren. (ert)